Unter 50 Einheiten geht nichts

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Igensdorf (im Bild) hat von der Telekom die Zusage über den Anschluss von etwa 40 noch ausstehenden Haushalten erhalten. Nun will auch Hiltpoltstein sein Glück versuchen - auch wenn der Konzern derzeit andere Signale aussendet. Foto: Petra Malbrich
Igensdorf (im Bild) hat von der Telekom die Zusage über den Anschluss von etwa 40 noch ausstehenden Haushalten erhalten. Nun will auch Hiltpoltstein sein Glück versuchen - auch wenn der Konzern derzeit andere Signale aussendet.  Foto: Petra Malbrich

Hiltpoltstein wollte die wenigen Lücken im Gemeindegebiet schließen. Doch nun kündigt die Telekom an, weniger als 50 Einheiten nicht mehr zu bedienen.

Einige Lücken hat Gisela Schulze-Bauer im Ort noch gefunden. Auf den Höfebonus des Bayerischen Förderfonds hat die Gemeindechefin gesetzt, um auch in den entlegeneren Ecken ihrer Gemeinde ein schnelles Internet umsetzen zu können.

Nun folgte die Ernüchterung, denn die Schreiben, die sie von dem für Breitbandausbau beauftragten Büro erhielt, decken sich mit der Aussage des Gräfenberger Kämmerers Ernst Steinlein: Die Telekom baut unter 50 Einheiten kein schnelles Internet mehr aus.

Mit dieser Nachricht kam er aus dem Breitbandsymposium aus Eltersdorf bei Erlangen zurück. Dort hat Christian Schmitz, der Leiter des Breitbandzentrums Amberg referiert. "Die Angebotssituation ist derzeit so, dass die Telekom bei weniger als 50 Hausanschlüssen wenig bedient", bestätigt Schmitz, der jedoch hinzufügt, dass sich die Telekom nicht komplett verweigert, sondern nur momentan nicht imstande sei, ein Angebot abzugeben.

Der Grund liegt für ihn auf der Hand, entstehen beim Ausbau von Einzelhöfen und Weilern hohe Kosten. Und das bei derzeit voller Auftragslage im Tiefbau. Schmitz rät dennoch, in die Ausschreibung zu gehen, damit auch andere Anbieter ein Angebot abgeben können.

Gerade das könnte beispielsweise in Hiltpoltstein zum Problem werden, denn es gibt keine anderen Anbieter. "Die Telekom ist Monopolist", sagt Ernst Steinlein, der gerade am Rechnen ist, wo er für Hiltpoltstein und Gräfenberg Einsparungen treffen kann.

"Preise haben sich verdoppelt"

Denn das Dilemma betrifft nicht nur die abgelegenen Stellen in der Gemeinde, sondern auch die Schulen, die aufgrund des Digitalisierungspakts gefördert werden sollen. Da es in Gräfenberg drei Schulen sind, steht der Verwaltung eine Fördersumme in Höhe von 150 000 Euro zur Verfügung. "Die Preise haben sich innerhalb von drei Monaten verdoppelt", schimpft der Kämmerer. Denn die ihm vorliegenden Zahlen beziffern den Ausbau der drei Gräfenberger Schulen mit 230 000 Euro.

"Wo soll ich das Geld einsparen? Die Telekommunikation ist Bundesaufgabe. In der Großstadt ist das einfach. Da gibt es Konkurrenz und es wird ausgebaut. Das Land jedoch wird selbst mit großen Förderprogrammen abgeschnitten", ärgert sich Steinlein.

Auch Oswald Siebenhaars Gemeinde Langensendelbach wird von der derzeitigen Problematik betroffen sein. "Ich kann nur kleine Gebiete ausweisen oder Lücken schließen." Da die Gemeinde zum Ausbau verpflichtet ist, ließ Siebenhaar Leerrohre setzen. "Ob sie gefüllt werden, weiß ich nicht", sagt Siebenhaar.

Auch er hat alle bayerischen Förderprogramme abgegriffen und kann nun immerhin 30 Mbit/s bieten. Seitdem hat sich im Ort die Kritik an der Gemeinde gelegt. Weiße Flecken hat er in seiner Gemeinde nicht mehr und laut Bundesprogramm müsste die Kommune in Eigenleistung ausbauen.

"Die Situation ist nicht gut. Die Gemeinde muss Grundinfrastruktur leisten, obwohl es nicht zur Kernaufgabe gehört", sagt Siebenhaar, der zudem einen sorgenvollen Blick in die Zukunft wagt. Denn das bayerische Programm ist für sieben Jahre ausgelegt. "Was ist nach den sieben Jahren?", stellt Siebenhaar in den Raum.

Bedauern bei der Telekom

Schon jetzt mit dem Förderprogramm müssten die Kommunen Steuergelder in die Hand nehmen, um den Eigenanteil zu finanzieren. Das sei kein unerheblicher Betrag. Zudem nehme das Ausmaße an, dass man sich fragen müsse, ob eine Kommune mit dem Hochwasserschutz, dem Brandschutz und der Kinderbetreuung nicht vorrangigere Aufgaben habe.

Der Telekom ist diese Situation durchaus bewusst. "Wenn wir eine Ausschreibung nicht bedienen können, dann tut uns das leid. Wir bauen gerne aus. Aber wir können bei 40 Prozent Marktanteil nicht 100 Prozent des Ausbaus stemmen", sagt Markus Jodl, Sprecher der Telekom. Diese investiere pro Jahr über fünf Milliarden Euro in Deutschland. "Ein Großteil davon fließt in den Netzausbau. Aber auch so ein Topf ist endlich. Es wird bei uns deshalb eine Bewertung aller Bauvorhaben bundesweit durchgeführt. In der Konsequenz kann das dazu führen, dass einzelne Vorhaben nicht bedient werden können", erklärt der Pressesprecher.

Hiltpoltstein versucht sein Glück

Die Projekte im Höfe-Bonus seien FTTH-Projekte, Fiber to the Home. Extrem teuer und zeitaufwändig bänden sie in hohem Maße Tiefbau- und Planungskapazitäten, die erschöpft sind. Der Fokus der Telekom liege derzeit auf dem FTTC-Ausbau, Fiber to the Curb. "Mit dem gleichen Ressourcen-Einsatz versorgen wir an der einen Stelle eine Handvoll Haushalte und an der anderen Stelle hunderte Haushalte", erklärt Jodl.

In Hiltpoltsein, Langensendelbach und anderen Gemeinden ist man schon über die 30 Mbit/s froh. Igensdorf ist trotzdem in die Ausschreibung gegangen und hat von der Telekom eine Zusage für die noch etwa 40 ausstehenden Einheiten erhalten. Deshalb will Hiltpoltstein sein Glück auch versuchen, wenngleich die Gemeindelücken nur wenige Einheiten ausmachen.

Und selbst wenn es anders kommt: "Eine Absage muss nicht auf Dauer gelten. Wir werden bis 2020 den FTTC-Ausbau weitgehend abschließen. Bis dahin werden wir die Voraussetzungen schaffen, um im großen Maßstab FTTH auszubauen", verspricht der Telekomsprecher.

Die Ausbau-Varianten

FTTH-Projekte FTTH steht für Fiber to the Home: Die Gebäude müssen direkt mit Glasfaser angeschlossen werden. Es ermöglicht Übertragungsraten von 1 Gbit/s.

FTTC-Ausbau Fiber to the Curb: Bei dieser Ausbauvariante wird das Glasfaserkabel bis an die Bordsteinkante gezogen. Das Glasfaserkabel endet im Verteilerkasten am Straßenrand. Vom Verteilerkasten zum Kunden wird das Bestandsnetz genutzt. Hier sind Übertragungsraten von bis zu 250 MBit/s möglich. Der Vorteil: Man bleibt beim Ausbau auf öffentlichem Grund, braucht nicht die Genehmigung von jedem einzelnen Gebäudebesitzer und kanndie bestehende Infrastruktur nutzen.