Ein 56-Jähriger aus dem Kreis Forchheim ist verurteilt, weil er seine Partnerin gewürgt und mit einem Aschenbecher beworfen hat. Die Frau hat ihm verziehen.
Prozessbeteiligte und Zuhörer hatten erst fünf Minuten Platz genommen, da war die Verhandlung am Amtsgericht Bamberg auch schon unterbrochen. Auf Initiative der Richterin Marion Aman zogen sich Gericht, Staatsanwalt und Verteidiger zu einem Rechtsgespräch zurück, das den Rahmen für den weiteren Prozessverlauf vorgeben sollte.
Das Ergebnis: Eine Übereinkunft aller Parteien, den 56-jährigen Angeklagten aus dem Kreis
Forchheim lediglich auf Bewährung zu verurteilen. Der Strafrahmen solle sich dabei zwischen 20 Monaten und zwei Jahren bewegen.
Umfassendes Geständnis
Grundlage dieser Übereinkunft war ein umfassendes Geständnis des alkoholkranken Angeklagten, der fünf Monate lang in Bamberg in Untersuchungshaft saß und die Verhandlung in Fußfesseln verfolgen musste. Er gab ohne Umschweife zu, seine Lebensgefährtin am Abend des 24. August 2016 beleidigt, gewürgt und mit einem Aschenbecher beworfen zu haben.
Was geschehen war: Nachdem der Mann je eine Flasche Wein und Schnaps getrunken hatte, schüttete seine Partnerin weitere Alkoholika weg, um ihn vom Trinken abzuhalten. Daraufhin kam es zum Streit, in dem er seine Partnerin mit Schimpfworten wie "Hure" oder "alte Sau" beleidigte.
Als die Frau daraufhin die Polizei verständigen und ihn aus ihrer Wohnung werfen wollte, eskalierte die Situation. Es kam erst zu einer Rangelei, ehe der Mann der Frau aus etwa vier Metern Entfernung einen schweren Aschenbecher gegen den Kopf warf. Damit nicht genug: Im weiteren Verlauf forderte er Geld und verlieh diesem Ansinnen Ausdruck, indem er seine Lebensgefährtin würgte.
Erst als die Geschädigte sagte, sie müsse zu ihrem Auto gehen, um Geld zu holen, ließ der Mann von seinem Opfer ab.
Wie Rechtsmediziner Peter Betz aus Erlangen ausführte, erlitt die Geschädigte Schürfungen am Kehlkopf, eine Schwellung an der rechten Schädelseite und Verletzungen an den Fingernägeln. Der Experte betonte, dass man beim Würgen keine Kontrolle darüber habe, welche Folgen die Tat beim Opfer auslöst.
"Sie haben Glück, dass Sie heute vor dem Schöffen- und nicht wegen eines Tötungsdelikts vor dem Schwurgericht sitzen", verdeutlichte Marion Aman, die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts, die Tragweite des Angriffs, der für die Beziehung der beiden Tatbeteiligten aber nicht das Ende bedeuten soll.
Verlobung kein Prozessthema
"Die beiden sind mittlerweile verlobt", sagte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Christoph Rudolph. "Und die Geschädigte wird von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen."
Eine Aussage von ihr war letztlich unerheblich, da nach dem umfassenden Geständnis des Angeklagten alle geladenen Zeugen kurzerhand entlassen wurden. Verwunderung löste das Eheversprechen trotzdem aus. Schließlich saß der Angeklagte seit der Tat in U-Haft. "Durch ihr Geständnis haben Sie auch der Geschädigten einige Nachfragen bezüglich der Verlobung erspart", kommentierte Richterin Marion Aman.
Der Angeklagte ging darauf nicht ein, verhielt sich ansonsten aber sehr einsichtig und reumütig. Nach seinem Geständnis stand ohnehin im Verlauf der rund zweistündigen Verhandlung nicht die Frage seiner Schuld, sondern seiner Schuldfähigkeit im Mittelpunkt.
Verteidiger Christian Rudolph betonte, dass sein Mandant aufgrund des Alkohols in der Einschätzung seiner Taten eingeschränkt gewesen sei. Zudem habe der 56-Jährige in seinem Leben bereits einige Schicksalsschläge verkraften müssen. Der Verlust von sozialer Sicherheit, den der Rausschmiss aus der Wohnung bedeutet hätte, sei für ihn deshalb eine Extremsituation gewesen.
Der Sachverständige Walter Bogner, der sich mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt unterhalten hatte, informierte über dessen Gesundheitszustand. So sei der 56-Jährige in den vergangenen Jahren häufig schwer krank gewesen. Hinzu kommt eine lange Suchtmittel-Geschichte. "Er hat schon mehrere Entgiftungen und zwei Entziehungskuren hinter sich", sagte der Experte, der eindeutig eine Abhängigkeit diagnostizierte und eine erneute Therapie dringend empfahl. "Er ist kein Pegeltrinker, trinkt nach Abstinenzphasen aber an bestimmten Tagen viel."
Komplett schuldunfähig sei der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht gewesen. Zwar habe man im Klinikum Ebermannstadt noch zwei Stunden nach den Vorfällen eine Blutalkoholkonzentration von 1,47 Promille festgestellt. Dennoch habe sich der Mann mit den Polizisten relativ klar unterhalten. "Seine Steuerung war eingeschränkt, aber nicht vollkommen weg."
Eine Einschätzung, die Staatsanwalt Stephan Jäger aufnahm. "Seine Kritikfähigkeit war verwischt, aber die Taten sind nicht kleinzureden", sagte er und forderte zwei Jahre auf Bewährung. Besonderen Wert legte Jäger darauf, dass eine Alkoholtherapie unmittelbar beginnen müsse. "Bis die stationäre Therapie genehmigt ist, müssen Sie sich ambulant Hilfe holen."
"Es tut mir leid. Ich will alles dafür tun, mein Leben in den Griff zu bekommen", lautete das Schlusswort des Angeklagten, der wieder in seinem gelernten Beruf als Friseur arbeiten möchte. "Im Gefängnis habe ich einigen die Haare geschnitten", sagte der Mann, dessen Verteidiger eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten forderte.
Das Schöffengericht folgte letztlich dem Antrag des Staatsanwalts und verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung (Bewährungszeit vier Jahre). Der Angeklagte muss zudem 180 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Außerdem gilt für ihn ein Alkoholverbot und ist die Teilnahme an einer Suchttherapie verpflichtend. "Wir wollen, dass Sie auf dem Weg zurück in ein normales Leben begleitet werden", sagte Marion Aman.