Operieren die Forchheimer Ärzte mehr als nötig?

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Der Franz Roßmeißl Franz Roßmeißl sucht nach Gründen für die steigenden Zahl an Operationen. Foto: privat
Der Franz Roßmeißl Franz Roßmeißl sucht nach Gründen für die steigenden Zahl an Operationen. Foto: privat

Die Zahl der Operationen steigt. Forchheimer Mediziner suchen jetzt nach Gründen für diese Entwicklung.

In der Regel suchen die Leute den Arzt dann auf, wenn sie Schmerzen haben und wegen einer Erkrankung im Alltag erheblich eingeschränkt sind. Kann der behandelnde Arzt mit konservativen Behandlungsmethoden keine Linderung oder Heilung herbeiführen, lautet die Alternative Operation. Vielen Patienten ist diese Diagnose zu schnell. Sie wittern dahinter den Profit des Mediziners.

"Wir glauben, dass wir ausgesprochen verantwortungsvoll mit den Indikationen umgehen und auch gut beraten", erklärt dazu der Forchheimer Orthopäde Franz Roßmeißl. Dennoch herrscht bei den Patienten Verunsicherung, ob die vorgeschlagene Operation nicht vermeidbar sei. "Viele lehnen den Eingriff erstmal ab, schieben das Unumgängliche auf und ertragen lieber Schmerzen", stellt Roßmeißl fest.

Mit diesen Beobachtungen steht der Mediziner am Forchheimer Klinikum nicht allein da.
Auch andere Kollegen hören diese Argumentation immer häufiger. Grund für die Ärzte und das Klinikum, hier Aufklärungsarbeit zu leisten.

Diskussion erwünscht

Nach dem offiziellen Teil der Jahreshauptversammlung heute Abend am 19 Uhr beschäftigen sich der Orthopäde Franz Roßmeißl und der Bamberger Neurochirurg Norbert Sperke mit der Frage, ob am Forchheimer Klinikum zu viel operiert wird.

"Wir hoffen, dass eine Diskussion entsteht", sagt Roßmeißl. Denn zum Skalpell greifen die Mediziner nicht, wenn alleine das Röntgenbild ein eindeutig kaputtes Gelenk zeigt. "Es gehört auch das Empfinden des Patienten dazu. Wenn er täglich noch einige Stunden spazieren gehen kann, ist eine Operation nicht notwendig. Genauso wenig, wenn ein Schmerzpatient mit einer Schmerztablette - alle drei Tage eingenommen - auskommt", fügt der Mediziner Beispiele an.

"Nimmt man die Röntgenbildern als Entscheidungsgrundlage, könnten wir Ärzte wohl drei Mal so häufig operieren, als wir das tun", findet der Orthopäde. Aber es gebe auch die umgekehrte Situation. Laut Röntgenbild müssten einige Gelenke nicht durch Prothesen ersetzt werden. "Wenn aber der Patient vor Schmerzen nicht mehr bis zur Haustüre laufen kann, muss ein Arzt handeln", findet Roßmeißl.

Ein Minus von 15 Prozent

Laut einer Statistik müssten für Forchheim mit Einzugsgebiet etwa 800 bis 900 Prothesen eingesetzt werden. Tatsächlich fänden in Forchheim aber nur 250 bis 300 Operationen dieser Art jährlich statt. Von überflüssigen Operationen könne bei einem Drittel der deutschlandweit üblichen Operationen nicht die Rede sein.

Durch die Verunsicherung der Patienten sei die Zahl der Operationen etwa um 15 Prozent zurückgegangen. Ein bundesweiter Trend, da auch die Firmen, die Prothesen herstellen, Einbußen zwischen zehn und 15 Prozent zu verzeichnen hätten. Mit der Demografie sei dies allein nicht erklärbar.

Aber die demografische Entwicklung sieht der Forchheimer Facharzt als einen Grund, dass die Zahl der Operationen bis 2011 stetig gestiegen ist. "Warum sollten wir 80-Jährige, die aufgrund von Verschleißerscheinungen nicht mehr gut laufen können, ansonsten aber fit sind, nicht operieren?", fragt Roßmeißl.

Sei das Risiko wegen anderer Erkrankungen zu hoch, verzichte er auf einen Eingriff. "Dann müssen wir versuchen, mit Schmerz- und Physiotherapie oder Aufbaupräparaten eine Linderung herbeizuführen."

Die deutschlandweit hohe Zahl an Operationen sieht der Mediziner in der Politik begründet. Während in England Patienten über 75 kein künstliches Gelenk mehr eingesetzt werde, habe in Deutschland jeder Anspruch auf diese Leistung, unabhängig von seinem Alter.

Nicht zu vergessen sei auch der Lebensstil der Menschen, der die Gelenke schneller ruiniere: "Durch exzessiven Sport in jungen Jahren ruinierten die Menschen ihre Knie. Gewichtsprobleme wirkten sich zudem negativ auf die Gelenke aus.

Nicht zuletzt haben die guten Ergebnisse der Operationen bei der Bevölkerung auch dazu geführt, dass sich Betroffene bereitwilliger operieren ließen. Deutschlandweit.