Ein Journalist wundert sich über die Ehrenbürgerschaft für Pottensteins früheren Bürgermeister Hans Dippold. Der jetzige Gemeindechef sieht keinen Grund, an dem Ehrenrecht zu rütteln.
Pottenstein Auch Hans Dippolds Name steht auf einer der 40 Zentimeter auf 40 Zentimeter großen Tafel, auf der die Namen der Ehrenbürger am Friedhof in Pottenstein stehen. Auch Hans Dippold war Ehrenbürger der Stadt, erhielt 1972 vom Stadtrat einstimmig diese Auszeichnung und wurde nach seinem Tod 1975, wie in der Satzung und Gemeindeordnung bestimmt, mit den anderen Ehrenbürgern begraben. Nun legte die Stadt vor einigen Wochen im Zuge der Errichtung von Urnengräbern die Ehrengräber zusammen. Die Namen der verdienten Ehrenbürger sind an der Stelenanlage in Tafeln verewigt.
Durch Zufall hatte nun der Journalist Peter Engelbrecht, der bereits ein Buch über Pottenstein mit dem Titel "Touristenidylle und KZ-Grauen. Vergangenheitsbewältigung in Pottenstein" geschrieben hat, Dippolds Namen auf der Tafel entdeckt und sich über diese Ehrung gewundert. Der Grund war Dippolds Nazivergangenheit.
Pottensteins Bürgermeister Stefan Frühbeißer möchte aufzeigen, dass es für die Stadt Pottenstein aus rechtlicher Sicht keine Grundlagen gibt, Dippold dieses Persönlichkeitsrecht der Ehrenbürgerschaft abzuerkennen. Und Frühbeißer hat Mitgefühl mit den Angehörigen und Nachkommen des Pottensteiner Ehrenbürgers.
Zwei Betrachtungsweisen
Für Stefan Frühbeißer gibt es zwei Betrachtungen, die rechtliche und die moralische. "Aufgrund der geltenden Bestimmungen der Bayerischen Gemeindeordnung in Verbindung mit dem örtlichen Satzungsrecht ist die Stadt verpflichtet, Ehrenbürgern eine würdige Grabstelle dauerhaft zu unterhalten", nennt Frühbeißer die rechtliche Sicht der Dinge. Diese ist nun mal, dass Hans Dippold, vom damaligen Stadtrat einstimmig das Ehrenbürgerrecht verliehen worden war.
"Solange nichts Gegenteiliges bekannt ist, müssen wir davon ausgehen, dass der Stadtrat im Jahr 1972 die Voraussetzungen gewissenhaft geprüft hat, zumal noch zahlreiche Zeitzeugen, darunter ehemalige Häftlinge des KZ-Außenlagers von Flossenbürg, in Pottenstein lebten", erklärt der Bürgermeister.
Unter den Zeitzeugen ist auch Wilhelm Geusendam, der in seinem Buch "Herausforderungen" in einem ganzen Kapitel als ehemaliger Häftling über das Außenlager Pottenstein berichtet. Ein anderer Zeitzeuge, Vlastamiel Frolik hatte unter Dippold in der Verwaltung gearbeitet. Auch Juden, die ehemalige Häftlinge waren wie David Minkowski, lebten in den Nachkriegsjahren, in den Zeiten des Wiederaufbaus in einer der ersten Siedlungen von Juden und ehemaligen Häftlingen in der Stadt Pottenstein. "Wenn es Vorfälle gegeben hätte, hätten sich diese Zeitzeugen selbst geäußert", sagt Frühbeißer.
Er war noch ein kleines Kind, als Hans Dippold Ehrenbürger wurde.
Als "Mitläufer" eingestuft
Hans Dippold rückte als Zweiter Bürgermeister im Jahr 1936 für den erkrankten Ersten Bürgermeister nach und war bis 28. Februar 1945 Bürgermeister. Dass er von den Nazis eingesetzt wurde, ist so nicht richtig. Er rückte für den erkrankten Bürgermeister nach, war dann Ortsgruppenleiter, aber nicht von den Nazis bestellt. "Durch die Spruchkammer wurde er als ,Mitläufer' eingestuft. Im Juli 1953 wurde er erneut Bürgermeister und noch dreimal wiedergewählt, mit über 90 Prozent, so dass er bis 31. Januar 1972 Bürgermeister war", sagt Frühbeißer.
Da die Ehrenbürgerschaft ein Persönlichkeitsrecht ist, wäre es nur zu Lebzeiten möglich, diese wieder abzuerkennen. Nach der "Kontrollratsdirektive Nr.
38 und aktueller Rechtslage liege nach derzeitigem Kenntnisstand keine Grundlage vor, die verliehene Ehrenbürgerschaft für Hans Dippold in Frage zu stellen oder gar posthum abzuerkennen, informiert Frühbeißer. Alleine die Mitgliedschaft in der NSDAP und das gleichzeitige damalige Amt als Bürgermeister reichen aus rechtsstaatlicher Sicht nicht aus, ihm aus heutiger Sicht das im Jahr 1972 verliehene Ehrenbürgerrecht zu versagen.
Dann gibt es noch die moralische Betrachtung. Doch bei Hans Dippold verhält es sich ähnlich der rechtlichen. Er habe niemanden etwas zu Leide getan. Wenn Gegenteiliges bekannt wäre, könnte man posthum die Ehrenbürgerschaft aberkennen. "Wir maßen es uns aus heutiger moralischer Sicht nicht an, pauschal über Jemanden entgegen den Grundsätzen eines Rechtsstaates weitergehend zu urteilen, solange nicht unwürdiges Fehlverhalten oder Unrecht bekannt ist", sagt Frühbeißer.