In einem Zeugnis steckt viel drin

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Am Freitag bekommen viele Schüler ihre Zwischenzeugnisse. Foto: dpa
Am Freitag bekommen viele Schüler ihre Zwischenzeugnisse. Foto: dpa

Am Freitag gibt es auch für die Schüler im Landkreis Forchheim Zwischenzeugnisse. Sie geben den Eltern weit mehr Informationen in die Hand als nur die bloßen Noten.

Wer kennt zum Beispiel nicht die Witze, in denen Eltern mit einem Trick dazu überlistet werden, ein Zeugnis zu unterschreiben, ohne es zuvor genau angeschaut zu haben? Sie alle sollen Zeugnissen und schlechten Noten die Schärfe und Dramatik nehmen. Es ist doch ein großes Stück Papier und die Noten eine Momentaufnahme, die im kommenden Schuljahr schon ganz anderes aussehen kann.

Aber es hilft alles nichts: Schüler wie Eltern fiebern dem Tag entgegen, an dem es Zeugnisse gibt. Sicherlich auch dem heutigen Freitag, da die Schüler im Kreis Forchheim ihr Halbjahreszeugnis mit nach Hause bringen.

Nichts Vorgestanztes

Gerade in der Grundschule drückt ein Zeugnis allerdings weit mehr aus als nur den jeweiligen Wissensstand des Kindes. Es will dem Kind in seiner Gesamtheit gerecht werden.
Deshalb kostet es die Lehrer auch sehr viel Zeit, Zeugnisse für ihre Grundschüler zu schreiben.

Mit ungefähr einer Stunde Zeit für ein Zeugnis kalkuliert Martina Schneider. Sie möchte sich wiederholende oder gar vorgestanzte Formulierungen in ihren Zeugnissen vermeiden: Sie sollen ja individuell sein. Beobachtungsbögen und die Ergebnisse der Tests sind die Grundlagen für Schneiders Beurteilungen.

Sorfältig formuliert

Martina Schneider ist Rektorin der Gräfenberger Grundschule und unterrichtet selbst eine zweite Klasse. "Das Zeugnis der Grundschule ist ein sehr differenziertes Dokument", sagt Schneider.

Es informiere nicht nur über die einzelnen Fächer, sondern unterteile diese auch in die einzelnen Fachbereiche. So werde in den Hauptfächern in vollständigen Sätzen ausführlich erklärt, wie es um die Fähigkeiten des Kinds im Aufsatzschreiben bestellt ist. Wie es um die Lese- und Textkompetenz steht.

Ein sorgfältig formuliertes Zeugnis informiert zudem auch über die Rechtschreibefähigkeit oder zeigt, was in Mathe schon recht gut klappt und was eher nicht.

Ein Zeugnis soll für Schneider keine Augenwischerei betreiben und auf bestehende Probleme auch nicht verschämt und durch die Blume hinweisen. Klar, eindeutig und sachlich: So soll ein Zeugnis für Schneider sein.
"Das Kind hat Probleme, Wörter richtig aufzuschreiben" - so etwas könne schon im Zeugnis stehen. "Es ist eine sachliche Aussage und es wird deutlich, dass das Kind nicht alle Wörter richtig schreibt", erklärt Schneider.

In der Rubrik "ergänzende Bemerkung" nennen Lehrer Tipps, wie die Eltern ihre Kinder fördern können. Bevor es auf dem Grundschulzeugnis um das Leistungsvermögen in den jeweiligen Fächern geht, wird erst einmal ausführlich das Sozialverhalten thematisiert. Dann geht es um das Verantwortungsgefühl, um Konfliktverhalten oder das Lern- und Arbeitsverhalten wie Konzentration. Es geht auch um die Motivation oder Ausdauer.
"Welche Aufgaben übernimmt das Kind? Wie ist es mit anderen zusammen? Wie spricht es mit anderen? Kann es Konflikte lösen?" Diese und ähnliche Fragen beantwortet das Zeugnis.

Das erklärt Sabine Friedrich, die eine Kombiklasse in Hiltpoltstein unterrichtet. "Das finde ich wichtig, interessant und auch gut zu sehen, wie sich die Note zusammensetzt", sagt Christine Teich. Sie ist Mutter von drei Söhnen, die in eine erste, vierte und sechste Klasse gehen.

Keine Angst, keine Freude

Das Zeugnis verbindet Christine Teich weder mit Angst noch mit besonderer Freude. Es ist für sie schlicht keine große Sache. Die Noten ihrer Kinder kennt sie ohnehin schon von den Tests und Schulaufgaben. Nur ihr jüngster Sohn möchte von ihr wissen, welche Note sein Zeugnistext in etwa bedeuten würde. Dann kann er sich besser mit den Geschwistern vergleichen.

"Für die Kleinen ist das Zeugnis ein Riesenzettel. Ich erkläre ihnen, warum es ein Zeugnis gibt", sagt Sabine Friedrich. Am Zeugnistag sei es in der zweiten Klasse ruhig, wenn die Schüler ihr Zeugnis lesen, sagt Schneider.
Eine Note ist für die Kinder meist greifbarer. Aber auch auf Formulierungen wie "Das hast du super gemacht" oder "Weiter so", legten sie großen Wert, sagt Schneider. Die ausführlicheren Formulierungen sind eher für die Eltern wichtig.

Gemeinsam an einem Strang

Der Text ist einfach oft aussagekräftiger und differenzierter. Wie es um die Leistungen und das Verhalten des Kindes steht, können Kinder auch im Gespräch mit dem Lehrer erfahren. Diese Gespräche finden durchgehend statt: am Telefon, während der Sprechstunden oder der Elternsprechtage. "Wir ziehen gemeinsam mit den Eltern an einem Strang, um das Kind weiterzubringen", betont Schneider.

Lediglich die vierten Klassen gehen am Zeugnistag leer aus. Sie hatten bereits einen Zwischenbericht in der zweiten Januarwoche erhalten und bekommen ihr Zeugnis am 2. Mai. Dieses Zeugnis ist dann allerdings kein Zwischenzeugnis, sondern ein Übertrittszeugnis.