Hobbywinzer dürfen sich keine falschen Sentimentalitäten leisten. Auf der Versuchsanstalt in Hiltpoltstein impft ihnen Tobias Vogel ein, dass überflüssige Triebe schlicht und ergreifend abgezwickt gehören.
Auf die richtige Erziehung kommt es auch bei den Weinreben an. Und auf den Schnitt. Verschiedene Sorten ranken sich an einer Natursteinmauer und an den Wänden eines Gerätehauses an der Obstanbau-Versuchsstation in Hiltpoltstein entlang.
Von den schon kräftigen Sonnenstrahlen am Morgen in den Mittelpunkt gerückt, bildet das zu erziehende Objekt an den Hängen des Badersberg und des Kalbskopf zugleich eine idyllische Kulisse. Mit Heckenscheren bewaffnet, finden sich drei interessierte Herren aus dem Landkreis ein, um sich Tipps, für die eigenen Weinreben im heimischen Garten zu holen.
Tobias Vogel, der frühere Kreisfachberater, forciert das Thema "Tafeltrauben" ohnehin schon lange und hat ein Faible für die Weinstöcke, die früher insbesondere an jedem Pfarr- und Schulhaus emporwuchsen. Derzeit erlebt der Weinrebenanbau so etwas wie eine Renaissance.
Während Vogel seine Zuhörer mit diesen Erzählungen ein wenig durch die Geschichte führt, zeigt er auf den großen Weinstock zwischen den beiden Toren.
Aber nicht zu kurz "Angela" heißt die Sorte, die zuerst erzogen werden muss, aber hier witterungsbedingt nicht zum Anbau geeignet ist. "Sie reift hier nicht", meint Vogel, während er einen Seitentrieb in der Hand hält, um den wichtigen Zapfenschnitt zu demonstrieren.
Er schneidet einen einjährigen Trieb auf zwei Augen zurück. "Trauben bilden sich nur aus den zweijährigen Trieben", betont Vogel. Für Laien heißt das, dass Trauben nicht aus dem alten Holz, sondern am Trieb des gekürzten Triebes wachsen.
Vogel geht beherzt an den Schnitt. Er demonstriert damit, dass es eines geübten Blickes und eines harten Herzens bedarf, um die überflüssigen Triebe abzuzwicken.
Auf den Einwand, dass nun nichts mehr dran sei, lächelt Vogel und fordert den Kritiker auf, sich den Weinstock im Sommer nochmals anzuschauen.
Sicher, wenn alle Triebe geschnitten würden, müsste man zwei Jahre warten, um Beeren daran zu finden. Aber alles wird ja auch gar nicht gekürzt.
Der wichtige Schnitt findet auch schon im Sommer statt. Nach der letzten Traube wird auf zwei bis drei Blätter, manchmal auch mehr, zurückgeschnitten. Nur nicht zu kurz. "Das Blatt ist die Lebensader der Pflanze", merkt Vogel an und fordert einen der Teilnehmer auf, die Leiter hinaufzusteigen, um "Angela" richtig zu kürzen.
Dabei gibt er immer wieder Tipps und Erklärungen zum Zapfenschnitt und zur Wachsrichtung.
Immun gegen Frost Überhaupt kommt es darauf an, wie die Rebe wachsen soll. In die Breite, um an einer Mauer entlangzuklettern.
Oder an einer Hauswand nach oben entlang, in die Waagerechte gehend nur unterhalb der Fenster.
Senkrechter oder waagrechter Kordon heißt das in der Fachsprache, wenn die Richtung der zu wachsenden Stammäste festgelegt wird. "Verschiedene Sorten brauchen verschiedene Schnitte. Man muss arten- und sortenspezifisch schneiden", sagt der Hiltpoltsteiner Obstfachmann.
Verschiedene Sorten wachsen in der Hiltpoltsteiner Versuchsanlage, darunter auch Muscat Bleu, Glenora oder die Mitschurinski. Diese ist auch für ungünstigere Lagen geeignet. Denn sie ist beinahe immun gegen Winterfrost. Das passt für Hiltpoltstein wie die Faust aufs Auge, wird der Ort im Volksmund doch auch "das kleine Sibirien" genannt.
Die älteste Mitschurinski- Rebe steht übrigens in Kappel, einem Ort der Marktgemeinde. Das alles erzählt Vogel, als er die Fragen nach geeigneten Traubensorten für den heimischen Garten beantwortet. Besonders begehrt sind dabei naturgemäß jene, die einen Weinansatz ermöglichen.
Der Beerenwein ist offenbar auch wieder in Mode gekommen. Wie man den herstellt, wird in Hiltpoltstein dann im Herbst ausführlich demonstriert werden.