Am Dienstagmorgen protestierten vor dem Landratsamt in Bamberg rund 100 Bürger mit selbst beklebten Pappkartons und handbeschriebenen Laken. Wenig später atmeten einige von ihnen auf.
Wenn Windräder zu Ungeheuern werden und Pinzberg am Rad dreht, dann wehren sich die Bürger mit Entschlossenheit. Am Dienstagmorgen versuchten rund 100 Windkraft-Gegner vor der Sitzung des Regionalen Planungsverbandes, die Politiker mit Plakaten und Trillerpfeifer von ihrer Position zu überzeugen.
Es ist ein unerbittlicher Kampf, der rund um die Energiewende entfacht ist: Windkraft - ja oder nein? Beide Seiten argumentieren für ihre Sache mit dem Naturschutz. Im Landkreis Forchheim haben gestern die Gegner der "Windkraft-Ungeheuer" gewonnen: Die Vorrangflächen 197 und 200 um die Gemeinden Effeltrich, Pinzberg und Poxdorf wurden vom Planungsverband Oberfranken-West aus dem Regionalplan herausgenommen.
"Die Entscheidung war am Ende sehr knapp, aber es hat doch noch gereicht", sagt Carola Pracht-Schäfer von der Bürgerinitiative "Gegenwind". Aus ihrer Sicht ist "Forchheim der einzig vernünftige Landkreis" in der Region, weil hier nun keine neuen Windräder geplant sind. "Dafür haben wir auch ein dreiviertel Jahr gekämpft."
Mit 10:8 und 11:7 Stimmen, wie Geschäftsführer Klaus Motschenbacher auf Anfrage mitteilt, werden die Vorrangflächen Pinzberg Süd-West und Ost (etwa 70 Hektar) aus der Planung genommen. "Keine Windräder vor dem Walberla", stand auf einem Protestplakat geschrieben, und auch der Forchheimer Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU/WUO) verwies in der Sitzung auf die lokalen Besonderheiten im Landkreis.
Um 8 Uhr hatten sich die ersten Bürger vor dem Landratsamt in Bamberg versammelt - darunter auch einige aus dem Landkreis Forchheim.
"Ich fand es wirklich ganz erstaunlich, wie viele Menschen sich an einem Dienstagmorgen die Zeit, ja sogar einen Urlaubstag, genommen haben", sagt Pracht-Schäfer. Es ist nicht die erste Demonstration der Bürgerinitiative, aber es ist eine Demonstration ohne Gegner vor Ort: "Es hieß eigentlich, dass die Befürworter auch kommen wollen, aber ich habe lediglich Christoph Wurmthaler vom Bund Naturschutz in der Sitzung gesehen."
Nicht nur dagegen, auch dafür Carola Pracht-Schäfer hat über 20 Jahre grün gewählt, und auch sie will die Energiewende, aber für sie ist es keine Lösung "wenn wir immer mehr Energie verbrauchen und produzieren. Wir müssen anfangen zu sparen." Wenn sie sich an die 80er Jahre erinnert, fallen ihr große Unterschiede in der Arbeit der Naturschützer auf.
"Die Tiere, Natur und Menschen haben heute keinen Anwalt mehr", betont die Poxdorferin.
Es geht in dieser Debatte um weitaus mehr, als um den Bau von Windrädern. Hermann Gottschalk von der Bürgerinitiative "Gegenwind" spricht sich nicht nur gegen die konkreten Windvorrangflächen zwischen Effeltrich, Pinzberg und Poxdorf aus, sondern sorge sich generell um die Versorgungssicherheit Bayerns und Deutschlands bei einem weiteren Ausbau von Windkraftanlagen.
Die Fronten in der Windkraftdebatte sind "so stark verhärtet, dass man sich nicht einmal mehr stichhaltig unterhalten kann", sagt Pracht-Schäfer über die Stimmung zwischen den zwei Lagern, die im Landkreis Forchheim vom Bund Naturschutz und der Bürgerinitiative "Gegenwind" verkörpert werden. Jeder Politiker wurde am Dienstagmorgen mit Sprechchören "Ja zu 10h" auf dem Weg ins Landratsamt begleitet.
Obwohl viele rot durchgestrichene Windräder auf den Plakaten ins Auge fielen, wurde auch deutlich, für was die Leute einstehen: "Unberührte Natur nicht für Windräder opfern!", stand auf einer Collage. "Ich bin für die Energiewende", sagt Pracht-Schäfer, "dann muss ich aber auch wissen, was das bedeutet." Es ist ein Etappensieg für die Gegner in Effeltrich, Pinzberg und Poxdorf. Die selber gebastelten Plakate räumt Carola Pracht-Schäfer deshalb aber noch nicht für immer weg: "Man muss weiter kämpfen."
Sie will verhindern, dass andere Naturschutzgebiete "aufgeweicht werden". Deshalb blickt sie mit Sorge zum Beispiel nach Heiligenstadt, wo noch ein Vorranggebiet für Windkraft besteht.