Eggolsheimer hilft auf den Philippinen: Corona-Krise löst in Manila Hungersnöte aus

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Markus Zwosta (rechts) hilft Slumbewohnern in Manila. Trotz "mulmigem Gefühl" und Sorgen um seine Familie in Neuses will der Franke gerade in der schweren Krisenzeit bei den Armen bleiben. Foto: privat
Markus Zwosta (rechts) hilft Slumbewohnern in Manila. Trotz "mulmigem Gefühl" und Sorgen um seine Familie in Neuses will der Franke gerade in der schweren Krisenzeit bei den Armen bleiben. Foto: privat
Per Videotelefonie berichten Verena und Markus Zwosta dem Fränkischen Tag Forchheim von der humanitären Not in der philippinischen Hauptstadt, die der Corona-"Lockdown" ausgelöst hat. Screenshot: Ronald Heck
Per Videotelefonie berichten  Verena und Markus Zwosta dem Fränkischen Tag Forchheim von der humanitären Not in der philippinischen Hauptstadt, die der Corona-"Lockdown" ausgelöst hat. Screenshot: Ronald Heck
 
Die Zwostas haben Reis für die Nachbarschaft besorgt und aufgeteilt. Foto: privat
Die Zwostas haben Reis für die Nachbarschaft besorgt und aufgeteilt. Foto: privat
 
Da viele Kinder keine Schule besuchen haben die Sozialarbeiter Schulpatenschaften auf die Beine gestellt. Foto: privat
Da viele Kinder keine Schule besuchen haben die Sozialarbeiter Schulpatenschaften auf die Beine gestellt. Foto: privat
 
Der Eggolsheimer und seine Frau leben die meiste Zeit mitten in dem Elendsviertel von Quezon City (Teil der Region Metro Manila), der bevölkerungsreichsten Stadt der Philippinen. Foto: privat
Der Eggolsheimer und seine Frau leben die meiste Zeit mitten in dem Elendsviertel von Quezon City (Teil der Region Metro Manila), der bevölkerungsreichsten Stadt der Philippinen. Foto: privat
 

Wie die Ärmsten unter der Pandemie leiden, erleben Markus Zwosta aus Neuses und seine Frau hautnah: Aus einem philippinischen Slum senden die Helfer angesichts der weltweiten Krise eine Botschaft in die fränkische Heimat.

Die Corona-Krise hat das Leben in Deutschland verändert. Welche verheerenden Auswirkungen die Pandemie für die "Ärmsten der Armen" auf der Welt hat, erfährt Markus Zwosta aus Neuses derzeit täglich. Seit über einem Jahr sind der Franke und seine Frau Verena als Sozialarbeiter in einem Slum der philippinischen Hauptstadt Manila im Einsatz.

Seit 15. März ist die Megastadt des südostasiatischen Inselstaates wegen der Ausbreitung des Coronavirus abgeriegelt. Die Folge: Viele Slumbewohner leiden Hunger. Die Zwostas organisierten deshalb Reis für Menschen, die wegen der Ausgangssperre seit Tagen nichts gegessen hatten. Markus und Verena Zwosta, die in Bamberg geheiratet haben, leben mitten in einem Slum Manilas, um den Menschen dort zu helfen. Das Paar berichtet dem FT per Videotelefonie aus ihrem 15-Quadratmeter-Zimmer.

Zur Angst kommt die Hungersnot

Angesicht der humanitären Not, die das Virus und die verhängte Ausgangssperre in Manila auslöst, betont der Eggolsheimer: "Die Corona-Krise löst hier nicht nur Angst vor der Krankheit sondern tatsächlich Hunger aus. Das ist wirklich krass." Wer im Slum verdonnert wird, daheim zu bleiben, habe schlicht keine Möglichkeit mehr, sich Essen zu kaufen. "Wenn keine Hilfe kommt, dann hungern die Menschen hier. Und das ist schlimm mit anzuschauen", sagt der 33-Jährige. "Das sind alles unsere Nachbarn und Freunde. Das nimmt einen sehr mit", fügt seine Frau hinzu: "Wenn man das hier sieht, dann erscheint die Sorge, kein Klopapier mehr zu haben, wohl weniger schlimm."

Nahrung für die Nachbarn

Um den Slumbewohnern zu helfen, haben die Zwostas Reis zum Essen für 115 Familien organisiert und ausgegeben. Für umgerechnet knapp 550 Euro (30 000 philippinische Peso) können sich so über 500 Menschen für drei bis vier Tage ernähren. Für ihre Nachbarschaft konnten die Zwostas Reis für einen Monat besorgen. Aber in anderen philippinischen Armenvierteln gebe es noch tausende Familien, bei denen unklar sei, wie sie etwas zu essen bekommen.

Zwischen China, wo das Coronavirus erstmals auftrat, und den Philippinen herrschen intensive wirtschaftliche Beziehungen. In den philippinischen Slums leben viele arme Menschen auf engstem Raum: Haben die beiden Deutschen keine Angst vor dem Virus? Um sich selbst machen sich Markus und Verena Zwosta weniger Sorgen, da sie eine deutsche Krankenversicherung haben. Wohlhabendere Menschen könnten sich auf den Philippinen im Gegensatz zu Armen eine gute Krankenversorgung leisten.

Nur drei Kliniken für Corona-Fälle

In der 13-Millionen-Einwohner-Metropole Manila gebe es aktuell nur drei Krankenhäuser, in denen Corona-Patienten behandelt werden. Auf den Philippinen leben über 106 Millionen Menschen. Das Land habe bislang nur rund 4000 Corona-Tests durchgeführt, berichtet Markus Zwosta. Politiker und Prominente seien bevorzugt getestet worden. Offiziell gebe es circa 500 bestätigte Fälle, aber die Dunkelziffer sei viel höher.

Das Angebot der deutschen Botschaft, sie zurück nach Deutschland zu fliegen, haben die beiden abgelehnt. Sie wollen weiter helfen. "Wenn wir vor dem Virus Angst haben würden, müsste man überall Angst haben, auch in Deutschland", meint Verena Zwosta.

Sorgen um die Familie

Aber um ihre 85-jährige Großmutter und die Eltern in Deutschland mache sie sich durchaus Sorgen. Seit der Corona-Krise kontaktieren die Zwostas noch regelmäßiger ihre Familien. Auch Markus Zwosta telefoniert und schreibt fast täglich mit seinen Eltern und seiner Schwester, die in Neuses leben. "Ein bisschen mulmiges Gefühl habe ich schon", sagt er.

Verena Zwosta wünscht sich, dass sich die Leute in Deutschland nicht nur über Klopapier Sorgen machen, sondern dass "der Blick sich weitet" und die Menschen verstehen, was die Corona-Krise für die "Ärmsten der Armen" bedeutet. Nicht nur auf den Philippinen, sondern beispielsweise auch in Indien und Afrika, sagt die 35-Jährige. "Die Krise ist etwas, das uns weltweit verbindet. Und ich fände es schön, wenn es auch eine weltweite Solidarität gibt."

Die Sozialarbeiter leben bewusst im Slum, um Sprache und Kultur zu lernen und so auf die Nöte und Probleme reagieren zu können. Fünf Tage in der Woche wohnen sie im Armenviertel. Die Wochenenden verbringen sie meist außerhalb von Manila in einem Zentrum ihrer Helferorganisation. Das ist nun nicht mehr möglich: Seit Sonntag, 15. März, ist der "Lockdown" Realität: Die Ausgangssperre in Manila soll bis 14. April andauern. "Wir wussten nicht, ob sie uns wieder in die Stadt lassen, deshalb sind wir geblieben. Wir wollen während der Krise bei unseren Nachbarn bleiben", betont der Eggolsheimer.

Diese Hilfe leisten die Zwostas auf den Philippinen

Sozialarbeit Markus und Verena Zwosta arbeiten in einem Elendsviertel von Quezon City (bevölkerungsreichste Stadt der Philippinen, teil der Region Metro Manila). In ihrem Slum herrscht Armut. Weil viele Kinder keine Schule besuchen, haben die beiden Deutschen eine Schulpatenschaft auf die Beine gestellt. Eine weitere Initiative: Arme Frauen stellen aus Plastikmüll Taschen her, die in Deutschland und auf den Philippinen verkauft werden. "Unser Ziel ist es, etwas zu finden, damit sich die Armen selbst helfen können", erklärt Verena Zwosta.

Unterstützung Wer die Arbeit des Eggolsheimers und seiner Frau unterstützen möchte, kann sich per Mail an verena.zwosta@servantsasia.org wenden. Sie arbeiten bei "Servants to Asia's Urban Poor" - eine christliche Helfer-Organisation, die in Slums in Asien im Einsatz ist. Die Organisation stellt Spendenquittungen aus.