Ulla Scheuring näht Quilts - und verschenkt sie dann. In jedem ihrer Werke stecken besondere Geschichten. Die Langensendelbacherin näht seit ihrem zwölften Lebensjahr.
In jedem Quilt steckt eine Geschichte. Eine persönliche, angefertigt aus vielen Erinnerungsstücken. Eine, die nur der Schenkende und der Beschenkte kennt oder eine offensichtliche Geschichte, die man auf den ersten Blick erkennt, wie bei den Bibelquilts, die Ulla Scheuring aus Langensendelbach derzeit näht. In Bildern zeigt sie die Geschichte von Jesu Geburt in Betlehem, den Besuch der Heiligen Drei Könige oder den Leidensweg Christi.
Die Geschichten, die diese Quilts erzählen, sind dabei so facettenreich wie die Geschichte der Quilts selbst. "Es gibt eine australische, eine amerikanische oder eine kanadische Geschichte dazu. Bekannt geworden sind die Quilts wohl durch die Amish. Sie verwendeten meist einfarbige Stoffe für klare grafische Muster", erklärt Scheuring, die ihre Quilts meist mit der Hand näht.
Das taten die Seeleute auf den Schiffen auch, wenn sie ihre Quilts herstellten.
Denn eine der amerikanischen Quiltgeschichten geht auf die Seefahrer zurück. "Ein Quilt ist eine Steppdecke", meint Scheuring. So arbeiteten die Seeleute die Stoffreste zu Mustern und in drei Lagen zu Steppdecken, mit Wolle oder anderen Stoffen dazwischen als wärmende Füllung.
Persönliche Geschichte verewigt Die Oberseite der Quilts besteht aus verschiedenen Blöcken, das sind aus unterschiedlichen Stoffen in verschiedenen Mustern erstellte Quadrate oder Rechtecke. "Jeder aus der Familie hat beispielsweise Kinderkleider der Braut vernäht", erklärt Scheuring die Entstehung eines Hochzeitsquilts, der durch die Stoffe aus Kindheit und Jugend der Braut die persönliche Geschichte verewigt.
Viele Gedanken, Wünsche und Erinnerungen hat Ulla Scheuring in den knapp 50 Quilts, die sie in den vergangenen zehn Jahren anfertigte, verarbeitet. Sie selbst besitzt nur zwei.
"Einen im Wohnzimmer und einen auf dem Bett", sagt Scheuring, die für sich eher die klaren, traditionellen Quilts bevorzugt. Die meisten anderen Quilts hat sie verschenkt. So nähte sie Quilts als Hilfsprojekte für Kinderhospize in Norddeutschland, aber auch in Wiesbaden oder für ein Kinderhospiz in Münster.
"Gerade Kindern im Krankenhaus möchte ich Farbakzente geben und Trost spenden", nennt sie ihre Motivation für diese Spendenquilts, ihre ehrenamtliche Arbeit, den sozialen Einrichtungen zu geben.
Zusammen mit ihrer Freundin Maria aus Nürnberg stellte sie mit der Maschine einen Wandquilt für das Hospiz in Mögeldorf her.
"Es ist ein lustiger Quilt, der durch den Stoff lebt", beschreibt Scheuring, die bei der Diakonie in Nürnberg arbeitet und daher auch einen beruflichen Bezug zur Kirche hat.
Sammlung an Stoffresten Die 58-jährige schneidet verschiedene Stoffe zu Rauten, Dreiecke oder andere Formen und setzt diese zu Mustern zusammen, um beispielsweise einen Stern oder Herzen abzubilden. Inzwischen hat sie selbst eine beachtliche Sammlung an Stoffresten. "Leider gibt es auf unserer örtlichen Ebene wenig Geschäfte, wo man einen Stoff bekommt", bedauert Scheuring.
Denn nicht jeder Stoff eignet sich zum Quilt. Die Stoffe sind deshalb nicht gerade billig, liegen preislich zwischen 14 und 18 Euro pro Meter. Die hochwertigen Baumwollstoffe, die sie oft im Internet bestellt haben amerikanische Maße. Vor allem in Australien und England gibt es eine größere Auswahl der speziellen Patchworkstoffe.
"Der Stoff muss hochwertig und knitterfrei sein, sonst hat man keine Freude an den Stoffen", sagt Scheuring und vergleicht es mit einer Leinenbluse nach mehrmaligen Waschvorgängen.
"Ein Herrenhemd ist ein guter Stoff", nennt sie noch als Beispiel, denn dieser Stoff ist dicht gewebt. Ein Muss, wenn das Vlies, die wärmende Mittelschicht des Quilts, nicht durchgesehen werden soll. Die Rückseite kann aus einem alten Betttuch, einem Polarflies oder eben auch aus Resten der Vorderseite bestehen.
Diese drei Lagen steckt sie erst mit Sicherheitsnadeln zusammen, bevor sie den Quilt näht und steppt und umrandet. Meist mit der Hand. "Es ist nicht so einfach, einen großen Quilt durch die Nähmaschine zu ziehen. Dazu braucht man eine spezielle Nähmaschine", erklärt Scheuring. Diese hatte sie nicht, als sie sich das Quilten autodidaktisch aneignete. Die Langensendelbacherin näht seit mindestens ihrem zwölften Lebensjahr.
Eigene Muster Spaß hatte sie an Handarbeiten und Werken schon immer. Sie nähte, strickte und stickte, fertigte auch Laubsägearbeiten an und ein Schachspiel. Als sie sich einen Quilt nähen wollte, erlernte sie auch das. Die Muster entwirft sie selbst oder sie orientiert sich an Vorlagen anderer Quiltkünstlerinnen. Wie für die Bibelquilts, da sie die Texte und Auszüge in der Bibel gerne liest.
Ihr persönlich gefallen die applizierten Quilts am besten. Ein Block mit Blüten-Applikationen oder einer mit Herzen. Davon näht sie inzwischen den zweiten, behält aber beide nicht für sich. Bei allen anderen entscheidet der Zweck das Muster - ob er für Kinder oder für Erwachsene ist. Wenn Ulla Scheuring keine Quilts näht, dann eben andere Sachen: "Taschen, Schlampermäppchen oder Tatüta", die Taschentüchertasche für ihre sieben Enkel.