Acht Tage sind es noch, dann fällt der Startschuss in Frankfurt. 98 Kilometer stehen noch auf dem Programm - hat unser FT-Reporter Michael Busch falsch gerechnet? Er will erst einmal entspannen.
Eine Woche noch, eine ganze kurze Woche! Ein Wunder muss her! Ich hätte nie gedacht, dass ich so oft an Stefan Waggershausen denke. Aber es gibt glücklicherweise nette Menschen, die einem helfen wollen. Da das Krafttraining im Studio etwas zu spät gestartet wurde, gab es von dort den Tipp: "Aber eine Massage kann Wunder bewirken!"
Im Laufe der Woche lag ich dann bei der Herzogenauracherin Emmi Weiss auf der Bank. Auf dem Bauch, alle vier Gliedmaßen von mich gestreckt und den Händen der massierenden Heilpraktikerin ausgeliefert. "Die knautscht dich sauber zusammen", hatte meine Tochter mir noch naseweis erklärt, "da läufst du den Marathon in drei Stunden vor lauter Angst, dass du nochmal massiert wirst."
Chinesische Weisheiten In diesem Falle glaubte ich der Neunjährigen sogar, da diverse Hollywood-Klassiker genau dieses Bild einer Massage zeichnen. Doch von wegen "brutal". Mit deutlich spürbaren Druck, aber keineswegs unangenehm, werden Rücken, Beine, Arme angegangen. "Es macht doch keinen Sinn, deine eh geschundenen Beine weiter zu traktieren", erklärt mir Weiss. Es ist eher ein "herausstreichen" der Verspannung, der Belastung.
Tuina heißt die chinesische Massageform, die sie dabei anwendet.
Tuina ist eine selbstständige chinesische Massageform und Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Der Begriff setzt sich aus den chinesischen Wörtern tui (‚schieben‘, ‚drücken‘) und na (‚greifen‘, ‚ziehen‘) zusammen. Diese manuellen Techniken werden bei der Behandlung angewandt. Die Tuina-Therapie schließt westliche Behandlungsformen, wie Chiropraktik, Akupressur, verschiedene Massagetechniken und die manuelle Therapie, ein. Das ist die Theorie, die Praxis sieht dann noch ganz anders aus.
Eine prima Ausrede? "Dein linkes Bein ist kürzer als das rechte", reißt Emmi Weiss mich aus meinen Zieleinlaufträumen in der Frankfurter Festhalle heraus. "Verdammt, verbraucht", schießt mir durch den Kopf. "Heißt das, dass ich ungeeignet zum Laufen bin?" Eine Frage zwischen Hoffen und Verzweifeln - welche Ausrede könnte besser sein? "Du, mir fehlen rechts 0,5 Zentimeter - ich kann rein körperlich nur 32 Kilometer laufen - schade, ich hätte es bestimmt geschafft!"
Auf er anderen Seite steht das Wissen um das viele Training. Über 700 Kilometer umsonst trainiert? Schmerz und Qual wegen 0,5 Zentimeter umsonst ertragen? Weiss beruhigt mich: "Das haben viele Menschen.
Oft ist es die Fehlstellung der Hüfte - es gibt aber auch andere Gründe." Aber Laufen kann ich trotzdem.
Erfahrungen sammeln Weiss hat oft Sportler in ihrer Praxis. Die Massage ist ein Ausgleich - körperlich wie mental. "Wenn es in deinem Kopf nicht stimmt, wird es auch mit der sportlichen Leistung schwierig", erklärt sie mir. Daher sei die Massage auch ganzheitlich zu betrachten. Wobei die körperliche Konstitution nicht zu vergessen sei.
"Läufer, die Probleme mit den Füßen oder den Knien haben, suchen oft an der falschen Stelle." Weiss erklärt, dass die Wirbelsäule oft Grund allen Übels ist. "Wer viel vor dem Computer sitzt, der hat nicht mehr die überragende Rückenmuskulatur!" Ich gehe geistig meine Stunden vor dem PC durch, um festzustellen, dass da wohl etwas Wahres dran sein könnte.
Unbeirrt meiner Gedanken massiert Weiss weiter und erklärt mir nebenbei, dass ich mal einen Unfall hatte, der meine Hüfte betroffen hat (ja, das stimmt - aber der war 1987), dass mein Magen-Darm-Trakt ihr so einiges verrät (ich wollte nichts Genaueres wissen) und dass ich ja eher ein schwererer Mensch sei (das wiederum wollte ich definitiv nicht wissen).
Aber im Gegensatz zum Krafttraining nutze bereits die erste Massage etwas. "Um einen dauerhaften Erfolg zu haben, reichen so fünf bis sechs Sitzungen"; legt sie mir ans Herz.
Als ich ihre Wohlfühlräume im Herzogenauracher Steinweg verlasse bin ich mir sicher, dass ich wiederkommen werde. Egal, ob ich den Marathon schaffe oder nicht: Eine 42 -Kilometer-Massage ist immer drin. Nun wird sich ausgeruht.