Martina Schwarzmann in Erlangen: Spiegelblick in die Alltagsseele

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Schonungslos: Die oberbayerische Kabarettistin Martina Schwarzmann seziert das menschliche Miteinander auf den Punkt. Stephan Großmann
Schonungslos: Die oberbayerische Kabarettistin Martina Schwarzmann seziert das menschliche Miteinander auf den Punkt. Stephan Großmann

Humorige Wucht aus Oberbayern: Martina Schwarzmann war mit ihrem sechsten Bühnenprogramm "Einfach gut" in der Erlanger Heinrich-Lades-Halle zu Gast. Kurzweilig trug sie die Facetten des Zwischenmenschlichen vor und seziert diese auf den Punkt.

Laut ist sie nicht. Das hebt die sympathische Oberbayerin von vielen ihrer Zunft ab. Martina Schwarzmann setzt weniger auf peinliche Pointen oder wilde Gesten und mehr darauf, scharfäugige Beobachtungen ihrer durchs ländliche Familienidyll geprägten Lebenswelt kundzutun. Dazu passt, dass die bald vierfache Mutter hochschwanger auf die Bühne der Erlangen Heinrich-Lades-Halle tritt. Ihrer von hektischer Aufgeregtheit weit entfernten, energischen Bühnenpräsenz tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil: Dem Titel des Programms angemessen ist das "genau richtig".

Im Blickpunkt der 39-Jährigen stehen ihr Mann, die Kinder, die sie aus Achtung deren Privatsphäre nur "minderjährige Mitbewohner" nennt, und all die anderen schillernden Figuren der Dachauer Umlandbevölkerung. Um genauer zu sein, deren Gefühlswelten. Keineswegs fehl am Platze wirkt die Komödiantin, wenn sie Tipps in Beziehungsfragen ("Wer vögeln will, muss freundlich sein.") und Anleitungen im Haushalt gibt ("Geputzt wird nur, wenn blöder Besuch kommt.") oder bei der Erziehung hilft: "Statt die Kleinen zu verwöhnen, sollten Eltern häufiger das Mittel der Peinlichkeit einsetzen". Viele Köpfe im Saal nicken, Ehefrauen stupsen ihre Begleiter kichernd an und sagen: "Wie bei uns".

Gesungene und gesprochene Anekdoten von ihrem Weiberstammtisch, der sich eigentlich "nur aus den Frauen der miteinander befreundeten Männer" zusammensetzt oder Anregungen, wie sich Telefonwerber eloquent und raffiniert abwimmeln lassen, wirken umso mehr wie der Spiegelblick in die Alltagsseele, wenn sich der Zuhörer in die jeweilige Situation gezogen fühlt. Das gelingt ihr. Überhaupt verläuft das mittlerweile sechste Bühnenprogramm der gelernten Köchin in einer konstant komischen Grundstimmung. Nicht jeder Satz buhlt um Gelächter und dennoch - beziehungsweise genau deswegen - bleibt kaum ein Auge trocken.

Extraportion Selbstironie

Umso trockener verteilt sie ihre humorigen Erkenntnisse über das menschliche Miteinander in den Saal. Doch auch sich selbst hat Schwarzmann stets gut im Blick. Eben weil sie "mittelalt, mittelgscheit und mittelschee" sei, würde sie sich endlich wieder ins Freibad trauen: Der Cellulite sei Dank sehe sie "von hinten endlich wieder so alt aus wie von vorne" und biete den Leuten keine Überraschungen mehr. Die Extraportion Selbstironie steht der 39-Jährigen verdammt gut.

Schwarzmanns lupenreinen Dialekt, für den sie 2017 sogar die "Bairische Sprachwurzel" verliehen bekommen hatte, kann der Nicht-Oberbayer bisweilen nicht zur Gänze verstehen. Hin und wieder setzt sie ihre Gitarre ab und muss dem erwartungsvollen Publikum spezielles bayerisches Wortgut näherbringen. Zum Glück, tatsächlich erschließen sich vor allem so manchem anwesenden "Zuagroasten" einige Begrifflichkeiten nur aus dem Kontext heraus. Da dieser jedoch in allerhöchstem Maße vorhanden ist, steht der wortakrobatische Lokalkolorit aus der Münchner Metropolregion dem Kabarettgenuss nicht im Wege.

Dass Zeitkritisches kaum vorkommt, ist ein bisschen schade, aber verzeihbar. Zu kurzweilig trägt Schwarzmann die Facetten des Zwischenmenschlichen vor und seziert diese auf den Punkt.