Der Vorläufer der heutigen Kolpingsfamilie Herzogenaurach nahm bereits 1870 auch protestantische Handwerker auf, was für die damalige Zeit geradezu revolutionär war. Das und vieles mehr ist in einer Ausstellung zu Adolph Kolpings 200. Geburtstag im Stadtmuseum zu erfahren.
Adolph Kolping, katholischer Priester und Sozialreformer, wurde im Jahr 1813 in Kerpen geboren. Weltweit beziehen sich Kolpingsfamilien auf ihn. Aus Anlass seiner Geburt vor 200 Jahren wurde eine Wanderaustellung im Erzbistum Bamberg konzipiert, die nun für rund vier Wochen im Stadtmuseum Herzogenaurach zu sehen ist.
Allerdings haben die Mitglieder der Kolpingsfamilie Herzogenaurach die Schautafeln mit Bildmaterial und Gegenständen aus der Geschichte der Kolpingsfamilie Herzogenaurach ergänzt. Bereits 1870 wurde der Gesellenverein in Herzogenaurach gegründet, somit kann die Kolpingsfamilie, wie sie sich später zur besonderen Würdigung ihres Gründers benannte, auf 144 Jahre Vereinsleben zurückblicken.
125 Mitglieder, 2800 Einwohner Dass der Gesellenverein eine wichtige Rolle in Herzogenaurach spielte, zeigt das Vereinsbild aus dem Jahre 1910, das sich im Stadtmuseum von
Herzogenaurach befindet. Die Fotos von 125 Mitgliedern und Kaplan Karl Römer sind darauf zu finden. Bei rund 2800 Einwohnern in Herzogenaurach stellen 125 Mitglieder eine beachtliche Leistung dar, die von der Bedeutung und Akzeptanz des Gesellenvereins in der Stadt zeugen.
Aus den Statuten ist auch die Zielsetzung des neugegründeten Vereins zu erkennen. Grundlage des Vereinslebens war die Anregung und Förderung des sittlichen und religiösen Lebens, durch die Bildung der Handwerksgesellen wollte man einen "tüchtigen und ehrenwerthen" Meisterstand heranbilden. Der Verein sah sich in erster Linie für die ledigen Gesellen zuständig, Handwerksmeister wurden nur als Ehrenmitglieder aufgenommen. Die Aufnahme verheirateter Gesellen wurde als Ausnahme genehmigt. Für die damalige Zeit geradezu revolutionär verhielt sich der Verein trotz seiner konfessionellen Ausrichtung.
Die Satzung erlaubte es, auch protestantische Handwerksgesellen in die Gemeinschaft aufzunehmen, ein frühzeitiger Ökumenegedanke in Herzogenaurach.
Erstmals am 19. März 1891 wurde am Patronatsfest des Heiligen Josef ein Festzug mit Musik vom Vereinslokal zur Kirche und nach dem Gottesdienst auf dem selben Wege wieder zum Vereinslokal zurück abgehalten. Dieser Termin wurde in den folgenden Jahren wahrgenommen und und ist bis auf den heutigen Tag fester Bestandteil der Präsentation des Vereins in der Öffentlichkeit. Eine neu angeschaffte Fahne konnte bei einer Festveranstaltung am 26. und 27. Juli 1924 geweiht werden. Diese Fahne findet auch heute noch an Fronleichnam, am Totensonntag und bei sämtlichen offiziellen Anlässen Verwendung.
Verpflegung für Durchreisende Eine der wichtigsten Aufgaben der örtlichen Gesellenvereine war die Betreuung der durchreisenden
Mitglieder, so auch in Herzogenaurach. Ab 1922 bestand die Möglichkeit, die reisenden Gesellen im christlichen Vereinshaus logieren zu lassen. Für die Verpflegung der wandernden Gesellen sorgten abwechselnd Bäckermeister Bucher, Schmiedemeister Johann Welker, die Brauereien Hubmann und Fröhlich, der Stadtmüller Thaler und verschiedene Landwirte. In einem Jahr passierten durchschnittlich 40 bis 50 katholische Gesellen Herzogenaurach und erhielten auf Anfrage Abendessen, Nachtquartier und Frühkaffee, an Sonntagen außerdem ein Mittagessen.
Frei für Frauen ab 1972 Nach den beiden Weltkriegen knüpfte Stadtpfarrer Ritter bereits am 10. Juni 1945 in der Marienkapelle mit 30 Kolpingsöhnen an die Vereinsarbeit vor dem Dritten Reich an.
Auch die Theatergruppe trat wieder in Aktion, bei der 600-Jahr-Feier der Stadt 1949 bereicherte sie das Festprogramm um das historische Schauspiel "Der Zunftmeister von Nürnberg". Eine kontinuierliche Vereinsarbeit ließ die Mitgliederzahl steigen, ab 1972 konnten auch Frauen der Kolpingsfamilie beitreten. 1976 wurde die Grenze von 200 überschritten, zur Zeit gehören 262 Mitglieder der Kolpingsfamilie Herzogenaurach an.
Es gibt Frauenkolping, eine eigene Jugendgruppe und eine Fußballabteilung, die immer wieder Pokale erringen konnte. Einen festen Programmpunkt stellt der Dienstagstermin mit Vorträgen, Exkursionen, Fahrradtouren und vielem mehr dar. Weitere Aktivitäten im Jahr sind Altpapiersammlung, Familiensonntag, Josefifeier und Kolpinggedenktag.
Wichtig ist auch die Einbindung in die kirchlichen Aktivitäten vor Ort, gleich ob es sich um Fronleichnam oder das Pfarrfest handelt.
Aber auch an überörtlichen Veranstaltungen besteht reges Interesse. Einen Höhepunkt stellte auch für die Herzogenauracher die Seligsprechung Adolph Kolpings in Rom im Oktober 1991 dar. Damit erfuhr das Werk des Gesellenvaters eine angemessene Würdigung.
Grundlegend ist das soziale Engagement der Kolpingverbände. Über den Diözesanverband bzw. die Zentrale in Köln wird besonders in Südamerika die handwerkliche Ausbildung junger Menschen ermöglicht. Darüber hinaus unterstützt die hiesige Kolpingsfamilie finanziell Projekte in der Stadt Kaya in Burkina Faso. Dieser Kontakt ist aus der Städtepartnerschaft Herzogenaurachs mit Kaya entstanden.
Durch Erlöse aus der Altkleidersammlung und weiteren Aktivitäten gehen Spenden an soziale Einrichtungen in der Region und in Notgebiete weltweit.
Aus Anlass des 125-jährigen Bestehens der Kolpingsfamilie Herzogenaurach wurde am 1. Juli 1995 das Kolpingdenkmal zwischen dem kleinen und dem großen Spital eingeweiht.
Adolph Kolping: