Betrüger steigen Senioren aufs Dach

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Hier sind seriöse Dachdecker am Werk. Wenn man nicht aufpasst, kann man aber schnell an den Falschen geraten. Foto: Barbara Herbst
Hier sind seriöse Dachdecker am Werk. Wenn man nicht aufpasst, kann man aber schnell an den Falschen geraten. Foto: Barbara Herbst

Drückerkolonnen bieten arglosen Bürgern unnötige Handwerksarbeiten zu völlig überteuerten Preisen an. Ein Sprecher der Dachdecker-Innung warnt davor, dass die entsprechenden Firmen aus Forchheim und Bamberg nach Erlangen-Höchstadt weiterziehen.

Drückerkolonnen aus dem Handwerksbereich sind in den vergangenen Wochen durch die Landkreise Forchheim und Bamberg gezogen. Hinterlassen haben sie etliche Opfer, meist gutgläubige Rentner, die um einen Teil ihrer Ersparnisse geprellt wurden. Doch dann gingen die Betrogenen und die betroffenen Innungen an die Öffentlichkeit. "Sie werden Forchheim meiden und woanders hinziehen", warnt Harald Friedrich, Pressesprecher der Dachdecker-Landesinnung.
Die gute Nachricht: Aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt sind bisher noch keine Fälle bekannt. Aber die Firmen werden sicherlich wieder auftauchen. "Eine absolute Ruhe hat man nie", weiß Friedrich aus Erfahrung. Grundsätzlich sind Haustürgeschäfte nicht verboten, und die Drückerkolonnen gibt es nicht erst seit gestern.


Risse in der Fassade

Im Prinzip sind diese Firmen aus den Asphaltkolonnen entstanden.
Den Anfang im Dachbereich gab es in Baden-Württemberg, inzwischen ist die lukrative Masche weit verbreitet. Malerkolonnen klingeln an der Haustür, weil sie Risse in der Fassade gesehen haben. Scheinbar klären sie über eine Gefahr auf: Nässe könne eindringen, die Wände und das Haus kaputt gehen. Oder sie kommen vorbei, weil sie gerade in der Nähe sind, und haben ein ganz tolles Angebot. Da in der Nähe schon Interessenten sind, könne man sich den Preis für die Anfahrt des Gerüstes sparen und so weiter.
Ein anderer Drücker erkennt einen kleinen Schaden auf dem Dach. Der ist dann natürlich in der letzten Ziegelreihe. Schlussendlich ist das Dach ab und muss komplett erneuert werden. Wer möchte schon gerne ein ungedecktes Haus? Aus den günstigen 1500 Euro werden dann schnell 10 000 bis 15 000 Euro. Kaum ein Hausbesitzer weiß, dass die aktuellen Energiesparverordnungen eingehalten werden müssen, wenn mehr als zehn Prozent der Dachfläche erneuert werden. Mit dem Vermerk "Kunde verzichtet oder Kunde wünscht sofortige Ausführung" verwirkt der Kunde nicht nur sein Widerrufsrecht. Die Drückerkolonnen wollen das schnelle Geld, nicht aufwendige Arbeiten verrichten.
"Das sind geschulte Verkäufer. Es ist keine Schande, reinzufallen", sagt Friedrich, rät aber, gleich mit den Kindern oder anderen Personen darüber zu reden. "Der Rekordvertrag, der an der Haustüre abgeschlossen wurde, belief sich über 55 000 Euro. Er ist mit der Dame gleich zur Bank gefahren", erzählt der Pressesprecher der Landesinnung. Die Drücker wollen sie immer Barzahlung, und es sei nicht einmal die Mehrwertsteuer ausgewiesen.
Gerade im Großraum Nürnberg gibt es laut Friedrich eine Firma, die so geschickt auftritt, Aufträge vermittelt, dass am Ende niemand mehr durchblickt, wer Handwerker und wer Vermittler ist. Mit zwei ganz dreisten Methoden arbeiten die Firmen derzeit. Zum einen geben sie gefälschte Visitenkarten von Innungsbetrieben aus. Ruft man dann bei Fragen oder einem Schaden an, sind die Innungsbetriebe wie vor den Kopf gestoßen, denn sie haben die Arbeiten sicherlich nicht ausgeführt.
Die andere Masche der Drückerkolonnen steht dem nicht nach. "Die Adressen der Opfer werden verkauft. Nach einem halben Jahr ruft der nächste Betrieb an und erzählt, er habe gehört, man sei reingefallen. Nun werden sie kommen, um die Arbeiten richtig zu machen", erklärt Friedrich.


Keine Vergleichsmöglichkeit

Verstärkt sind die Drückerkolonnen im Frühjahr und im Herbst unterwegs, verkaufen unnötige Reparaturen, gerade nach Unwettern. Ihre Preise gestalten die Betrüger so, dass sie gerade noch unterhalb der Grenze zum strafbaren Wucher bleiben. Doch die überteuerten Arbeiten werden inzwischen oft von den Versicherungen geprüft und nur ein Teil bezahlt.
Meist arbeiten die Drücker mit Blanko-Formularen und locken mit auf den ersten Blick günstigen Pauschalangeboten. Der Kunde hat keine Möglichkeit, zu vergleichen, und weiß nicht, wer der Inhaber des Betriebes ist. "Wenn jemand an der Haustüre klingelt und sagt, er habe ein tolles Auto oder ein gutes Gebiss zu verkaufen, würde sich niemand darauf einlassen", ist Friedrich überzeugt und rät, bei allzu massivem Werben die Polizei zu rufen.