An der Berufsschule in Höchstadt gibt es vier Flüchtlingsklassen, in Herzogenaurach weitere drei. 13 müssten noch gebildet werden, aber Räume fehlen.
Gudrun Gumbrecht sieht sich und ihre Kollegen vor einer Mammutaufgabe. "Wir müssen eine komplette Schule aus dem Boden stampfen", sagt die stellvertretende Leiterin des Berufsschulzentrums Herzogenaurach-Höchstadt. Aktuell gilt es, 400 im Landkreis untergebrachte Flüchtlinge im Alter zwischen 15 und 21 Jahren zu beschulen.
Wie das abläuft, erlebt man in der Höchstadter Berufsschule. Zu den zwei Flüchtlingsklassen, die im vergangenen Jahr starteten, kommen jetzt zum zweiten Halbjahr zwei weitere Klassen mit jungen Asylbewerbern hinzu.
Vor einer dieser neuen Klassen steht der junge Lehrer Stephan Maurer. Seine Ausführungen in Deutsch übersetzt Rafiq Aldoais ins Amharische, die am weitesten verbreitete Sprache in Äthiopien. Die meisten der rund 20 jungen Männer in dem Klassenzimmer kommen aus diesem afrikanischen Land. Der einzige Syrer unter ihnen versteht Deutsch schon relativ gut.
Rafiq Aldoais ist ebenso Lehrer an der Berufsschule wie Kollege Maurer, spricht neben Amharisch auch noch Arabisch. Er hilft dabei, die Flüchtlinge mit dem deutschen Schulsystem vertraut zu machen.
Das funktioniert recht gut, stellt die stellvertretende Schulleiterin Gumbrecht immer wieder fest. Vielleicht mag das auch daran liegen, "dass die Flüchtlinge nicht erwartet haben, hier so positiv aufgenommen zu werden". Die Schulen in Höchstadt und Herzogenaurach haben eigentlich den Auftrag, alle derzeit im Landkreis registrierten 400 Flüchtlinge zwischen 15 und 21 in das Berufsschulsystem zu integrieren. "Sie sollen wie deutsche Schüler behandelt werden", sagt Gumbrecht.
Lange Warteliste
In der Praxis ist das aber gar nicht so einfach. Bei maximal 20 Schülern in einer Flüchtlingsklasse ergäbe das derzeit 20 Klassen, die der Landkreis Erlangen-Höchstadt einrichten müsste.
Mit jetzt vier in Höchstadt und drei in Herzogenaurach laufen aber erst sieben. Die Warteliste mit lernwilligen jungen Flüchtlingen ist lang. Wann es für sie weitere Klassen geben wird, ist offen. Hauptproblem sind die fehlenden Räume. Um trotzdem zusätzliche Klassen bilden zu können, wurde deren Unterricht komplett in den Nachmittag geschoben. Dabei taucht aber das Problem auf, dass die Busverbindungen darauf nicht abgestimmt sind. So werden in Höchstadt beispielsweise auch viele Flüchtlinge aus den Unterkünften in Baiersdorf und Herzogenaurach unterrichtet.
"Wir brauchen einen Ort, wo wir alle beschulen können", sagt Gumbrecht. Sachaufwandsträger ist der Landkreis. Auf den macht die Regierung Druck. So lautet die Vorgabe, bis Februar 2017 alle 15- bis 21-jährigen Flüchtlinge im Berufsschulsystem unterzubringen.
Soweit die Theorie.
In der Praxis muss die Schule erst einmal ihre potenziellen Schüler ausfindig machen und dazu bewegen, in den Unterricht zu kommen. Dabei ist die aktuelle Zahl 400 nur ein Zwischenstand. Die Zahlen werden auch im Kreis Erlangen-Höchstadt weiter steigen. Ziel ist es seitens der Regierung, die Integration der jungen Menschen zu fördern, indem ihnen möglichst schnell die deutsche Sprache beigebracht wird.
Gebetsteppiche nicht erlaubt
An der Berufsschule in Höchstadt lernen die neuen ausländischen Schüler aber nicht nur Deutsch. Das dominiert zwar mit zehn Wochenstunden, auf dem Stundenplan stehen aber auch Mathe, EDV, Sport und die Vorbereitung auf Arbeit und Beruf. Geplant sind Betriebsbesichtigungen und fachlicher Unterricht.
In Höchstadt in den Bereichen Gastro, Ernährung und Pflege, in Herzogenaurach eher Metallverarbeitung und Einzelhandel.
An Lehrern für die Flüchtlingsklassen mangelt es laut Gudrun Gumbrecht nicht. Die Regierung habe Planstellen geschaffen, die mit Freiwilligen auch besetzt werden können. Bereits pensionierte Lehrer werden ebenfalls wieder reaktiviert. Einer von ihnen ist der 66-jährige Höchstadter Ulrich Hankel. Er unterrichtet Mathe und Sport und ist nach seinem ersten Tag in einer Flüchtlingsklasse begeistert: "Die sind nett und willig."
Allerdings muss er einigen seiner neuen Schützlinge auch klar machen, dass sie nicht einfach ihre Gebetsteppiche mitbringen und nutzen dürfen, wann ihnen das ihre Religion vorgibt. Im Schulbetrieb könne das einzelnen Schülern nicht gestattet werden, sagt Gudrun Gumbrecht.
Einfach wird die Aufgabe nicht, die da auf die Berufsschulen zukommt. In einer Klasse sitzen Schüler aus verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Alters. Gumbrecht: "Ein Teil hat schon elf Schuljahre hinter sich und spricht gut Englisch, andere haben erst drei Jahre eine Schule besucht."