Die Wildkatze schleicht wieder durch die Wälder des Coburger Landes. Wildkameras haben den nächtlichen Schleicher geknipst.
Nicht jeder sieht die Rückkehr von Wölfen in unseren Wäldern ohne Furcht. Wir haben ja alle gehört, was Isegrim mit Rotkäppchens Großmutter oder den armen Geißlein angestellt hat. So etwas belastet das Image. Ein Problem, mit dem sich ein anderes Raubtier nicht herumschlagen muss, das sich heimlich still und leise wieder seinen angestammten Lebensraum zurück erobert. Die Wildkatze schleicht wieder zu Hunderten durch Bayerns Dickicht. Dass sie auch das Coburger Land erobert hat, kann Albert Schrenker, der Leiter des Forstbetriebs Coburg der Bayerischen Staatsforsten, sogar beweisen.
"Auf Fotos einer Wildkamera ist eine Katze sehr gut zu erkennen", sagt er. Wichtiger aber sind Haare der heimlichen Schleicher. Denn sie liefern einen sicheren genetischen Beweis, dass es sich nicht um eine streunende Hauskatze handelt. Wildbiologen und Förster greifen zur "biologischen Falle", um an diese begehrten Beweismittel zu gelangen. "Baldrian können Katzen nur schwer widerstehen", weiß Albert Schrenker. An Stellen, wo es sich für eine Wildkatze gut leben lässt, werden daher Baumstämme oder Stöcke mit dem für Katzen so wunderbar duftenden Stoff präpariert. Die Tiere reiben sich daran und hinterlassen so ein paar Haare, die im Labor untersucht werden können.
"Wir können die Proben an die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LFW, die Red.) schicken, um auszuschließen, dass es sich nicht um eine Hauskatze handelt", erklärt Albert Schrenker. Die beiden Tiere sind nämlich gar nicht so nahe Verwandte, wie es den Anschein haben mag. Die Wildkatze ist ein europäischer Ureinwohner. Unsere Stubentiger hingegen stammen aus dem vorderen Orient - sie haben gewissermaßen Migrationshintergrund. Die Proben mit genetischem Material können auch klären, ob es verschiedene Tiere waren oder immer das gleiche Exemplar, das unfreiwillig an einem Gentest teilgenommen hat.
Wer nun hofft, bei einem Waldspaziergang einmal eine Wildkatze zu beobachten, der muss wohl enttäuscht werden. Auch wenn für Bayern inzwischen von mehr als 600 Tieren ausgegangen wird, ist das noch keine große Besiedelungsdichte. Außerdem ist die Wildkatze sehr scheu und nachtaktiv. Den Tag verschläft sie in einem sicheren Versteck. Erst wenn es dunkel wird, geht es auf Mäusejagd.
Mäuse bevorzugt
Tatsächlich sind es die kleinen Nager, die den Speiseplan der Wildkatze vor allem beherrschen. Sie ist früher verfolgt und praktisch ausgerottet worden, weil sie als Jagdschädling gesehen wurde, der dem Niederwild arg zusetzt. In der Ausgabe 1890 von Brehms Tierleben heißt es über die Wildkatze noch: "Sie ist ein echter Wüterich." Für Bayern geht die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft historisch von einer völligen Ausrottung aus, wie Michael Friedrich in einer Mitteilung der LWF zum Thema schreibt.
Dass sie heute wieder durch Bayerns Wälder schleichen kann, verdankt sie dem Bund Naturschutz. Dieser begann 1984, Wildkatzen in geeignet erscheinenden Lebensräumen wieder anzusiedeln. Geeignet, das erklärt Albert Schrenker, sind größere zusammenhängende Waldgebiete mit alten Bäumen und einem gewissen Totholzanteil. Die Katze möchte viel Deckung, um im Verborgenen bleiben zu können. Sie sucht die Ruhe und reagiert vor allem empfindlich auf Störungen während der Aufzuchtzeit der Jungen. Dass viele dieser geeigneten Lebensräume in den Revieren der Staatsforsten liegen, ist für Albert Schrenker ein Beleg dafür, "dass wir so schlecht nicht wirtschaften können."
Gute Zusammenarbeit
In Sachen Wildkatze arbeiten Bayerns Forstbetriebe und der Bund Naturschutz eng zusammen. So wurde ein bayernweites Monitoring mit insgesamt 2200 Lockstöcken möglich. Dadurch wurde die Wildkatze von Nordbayern bis zur Donau, im Bayerischen Wald und in Schwaben nachgewiesen. Bei der Vorstellung der Ergebnisse stellte Forstminister Helmut Brunner erfreut fest: "Wir haben nach dieser breit angelegten Untersuchung jetzt den eindeutigen Beleg dafür, dass die Wildkatze in Bayern wieder auf dem Vormarsch ist. Ein "Aktionsplan Wildkatze" wurde aufgestellt. Neben den Bayerischen Staatsforsten und dem Bund Naturschutz sind daran auch der Waldbesitzer- und der Bauernverband, der Landesbund für Vogelschutz und der Jagdverband beteiligt.
Frank Reißenweber, der als Biologe beim Landratsamt Coburg für den Arten- und Biotopschutz zuständig ist, kennt das Monitoring und seine bisherigen Ergebnisse. "Im Coburger Land konnten an sieben Stellen Wildkatzen sicher nachgewiesen werden. Mindestens bei einem Vorkommen gibt es einen Beleg für Nachwuchs", sagt er. Es darf also gehofft werden, dass die Schnurrer wieder in unserer Region eine Zukunft haben.