Auch Präventionsarbeit ist wichtig
Wie die konkrete Unterstützung dann aussieht, ist von Fall zu Fall verschieden. Oft kann es auch schon eine Hilfe sein, wenn der Weiße Ring sich bereit erklärt, mögliche Anwaltskosten zu übernehmen. Christine Busl versucht das an einem - zwar erfundenen, aber doch sehr realitätsnahen - Beispiel zu erklären: Eine 19-jährige Frau leidet unter einem sexuellen Übergriff, der sich an ihrem Arbeitsplatz ereignet hat. Sie ist sich unsicher, ob sie den Täter, der zugleich ihr Vorgesetzter ist, anzeigen soll oder nicht. Sie weiß weder, ob sie sich einen Anwalt leisten kann, noch, ob sie einen Rechtsstreit überhaupt gewinnen kann. Beim Weißen Ring herrscht zunächst einmal die Grundregel, dass es niemals am Geld scheitern darf, einen Täter zu bestrafen und damit auch dessen Opfer zu helfen.
Ebenso wichtig ist die Aufklärung: Mit welchen psychischen Belastungen muss das Opfer rechnen, wenn es zu einem Rechtsstreit kommt? Aber inwieweit kann der Rechtsstreit auch eine Hilfe sei, um das erlebte Trauma zu verarbeiten. Zugleich steht der Weiße Ring den Opfern auch immer noch bei, wenn es etwa zu einer Gerichtsverhandlung kommt.
Kurzum: Der Weiße Ring ist eine segensreiche Einrichtung - das hatten auch mehrere Redner betont, als Christine Busl offiziell in ihr Amt als Außenstellenleiterin eingeführt wurde. "Sie leisten eine wichtige Aufgabe", lobte Coburgs Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD). "Gut, dass wir viele starke Partner wie den Weißen Ring haben", stellte Polizeidirektor Ralf Neumüller fest. Alt-OB Norbert Tessmer (SPD) ging auf die Opferarbeit ein: "Man kann das Geschehene nicht ungeschehen machen, aber dessen Auswirkungen durch menschlichen Beistand sowie durch materielle und immaterielle Hilfe zu lindern versuchen." Norbert Tessmer war selber zehn Jahre lang Leiter der Außenstelle des Weißen Rings.
Doch die vergangenen zwei Jahre war die Stelle unbesetzt, weshalb die Betreuung kommissarisch von Helmut Will übernommen wurde, der die Außenstelle Haßberge leitet. Das klappte zwar gut, was die Betreuung von Opfer betrifft - doch mit dem neuen Team um Christine Busl kann auch die Präventionsarbeit endlich wieder intensiviert werden, die dem Weißen Ring ja ebenfalls sehr am Herzen liegt. So gab es erst jüngst in Bad Rodach einen Vortrag zum Thema "Missbrauch verhindern". Weitere sollen nächstes Jahr folgen. Geplant ist unter anderem auch eine Kooperation mit der Hochschule Coburg.
Diese vielen Pläne können natürlich noch besser umgesetzt werden, wenn die damit verbundene Arbeit auf noch mehr Schultern verteilt wird. Deshalb freut sich Christine Busl jederzeit über Interessenten, die sich ebenfalls ehrenamtlichen beim WR einbringen möchten.
Hintergrund Eduard Zimmermann, bekannt als Erfinder und langjähriger Moderator der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... ungelöst", war 1976 einer der Mitbegründer des Weißen Rings in Deutschland. Ziel des gemeinnützigen Vereins ist es, den Opfern von Kriminalität sowie von jeglicher Form von Gewalt zu helfen sowie auch deren Angehörigen beizustehen. Heute hat der Weiße Ring fast 3000 ehrenamtliche Mitarbeiter sowie rund 44000 Mitglieder. In Coburg Stadt und Land hat er nur 75 Mitglieder.
Kontakt Die Coburger Außenstelle des Weißen Rings ist unter Telefon 0151/55164794 oder auch per Mail an coburg@mail.weisser-ring.de zu erreichen. Viele weitere Infos gibt es auch unter www.weisser-ring.de
Opfer-Telefon Der Weiße Ring hat ein kostenloses Opfer-Telefon eingerichtet, das täglich (auch am Wochenende!) jeweils in der Zeit von 7 bis 22 Uhr unter der Nummer 116 006 erreichbar ist und bei Bedarf sofort und anonym helfen kann.