Eine 53-jährige Coburgerin und ihr Sohn sollen die Freundin ihrer Mutter und Großmutter bestohlen haben. Dabei spielten Handynachrichten eine wichtige Rolle. Am Ende gab es zwei Bewährungsstrafen.
Wer viel über SMS oder E-Mail kommuniziert, der weiß, dass dabei schnell mal etwas missverstanden wird und Nachrichten oft so oder so interpretiert werden können. Im Fall einer 88-jährigen Coburgerin, der nach eigenem Bekunden über acht Jahre hinweg rund 40.000 Euro Bargeld gestohlen wurden, spielte am Coburger Amtsgericht gestern dennoch ein kurzer SMS-Dialog zwischen einer 53-jährigen Coburgerin und ihrem 29-jährigen Sohn eine entscheidende Rolle.
Den beiden Coburgern wurde vorgeworfen, die 88-jährige Frau mehrfach bestohlen zu haben. Als Komplizin verdächtigt wurde auch die Mutter beziehungsweise Großmutter der beiden Angeklagten, die seit über 60 Jahren mit der Klägerin befreundet ist. Diese hatte bei ihren Geldangelegenheiten immer gern auf die Hilfe ihrer langjährigen Freundin zurückgegriffen, übergab ihr auch ab und an größere Bargeldbeträge zur Aufbewahrung. Für die Klägerin stand die Unschuld ihrer Freundin fest: "Sie hat mein Geld stets sorgfältig aufbewahrt und hat nichts mit dem Abhandenkommen zu tun", zitierte der Verteidiger der 83-jährigen Angeklagten, Roland Kestel, gestern noch einmal aus einer früheren Aussage der Klägerin. Nicht zuletzt deshalb stand für Staatsanwalt Christoph Gillot und Richterin Julia Gerhardt außer Frage, dass die 83-Jährige mit den Diebstählen nichts zu tun hatte. Sie wurde freigesprochen.
Die Anklage umfasste zunächst eine ganze Reihe von Fällen, doch, wie die Richterin ausführte, hätten sich im Endeffekt nur noch zwei Taten aufklären lassen. In den übrigen Fällen gebe es nur noch die Schilderungen der Klägerin, und die seien nicht eindeutig genug. Insbesondere seien einzelne Beträge nicht mehr nachzuvollziehen, sagte Gerhardt. Für Staatsanwalt Gillot stand zwar fest, dass die 53-Jährige und ihr Sohn "schon vorher gemeinsam am Werk waren", doch auch er stützte sich am Ende nur noch auf die Vorgänge am 5. und am 15. April des vergangenen Jahres.
Am 5. April, so schilderte Gillot, sei der 29-jährige Angeklagte in die leere Wohnung der Klägerin eingedrungen. Schlüssel zur Wohnungstür und zum Tresor waren bis 8. April bei seiner Großmutter deponiert - "nicht gut versteckt, in einer Serviettenbox im Esszimmer". Aus dem Safe der 88-Jährigen habe der 29-Jährige 500 Euro entwendet, dann die Wohnungstür allerdings nur einmal statt zweimal abgeschlossen. Dies erschien der Klägerin beim Nachhausekommen verdächtig, zudem fehlte Geld aus dem Tresor - die alte Dame alarmierte die Polizei.
Die riet ihr schließlich, eine Überwachungskamera installieren zu lassen und nur vier Tage nach dem Aufbau der Kamera, am 15. April, wurden äußerst verdächtige Vorgänge in der Wohnung der Seniorin aufgezeichnet. Sowohl Gillot wie auch Richterin Gerhardt waren überzeugt, dass Mutter und Sohn an jenem Tag die gemeinsame Kaffeestunde der beiden alten Damen im Garten der 83-Jährigen ausgenutzt hatten, um in der Wohnung der wohlhabenden Freundin ungestört nach Bargeld suchen zu können. Die Mutter saß ebenfalls mit am Kaffeetisch.
Hier kommt nun der SMS-Dialog ins Gespräch. Die Videoaufnahmen zeigen nämlich nicht nur, dass der 29-Jährige - mit Einweghandschuhen ausgestattet - über eine Stunde lang die Wohnung durchsuchte, sondern auch, dass er mit dem Handy telefonierte und darauf tippte. Der Gesprächspartner lasse sich zwar nicht ermitteln, so Gillot, die SMS-Texte dagegen schon. Demnach schrieb der Sohn an seine Mutter: "Nix, dauert aber noch bissl" - sie antwortete: "Beeil dich. Hab die Tür vorne aufgelassen".
Für Staatsanwaltschaft und Gericht ist eindeutig, dass sich der junge Mann damit bei seiner Mutter rückversicherte, dass die Wohnungsinhaberin so schnell nicht zurückkommen würde. "Sie waren über eine Stunde in der Wohnung, trugen Handschuhe und benutzten eine Stehleiter", zählte Gerhardt auf. "Das macht man nicht, wenn man nur mal gucken will. Das macht man, wenn man sich sicher sein kann, dass niemand kommt."
Für die Verteidiger der beiden Angeklagten ist der SMS-Austausch dagegen überhaupt kein Beweis. "Eine nichtssagende SMS, die man in jede Richtung deuten kann", fand etwa Werner Kaiser, der Anwalt der 53-Jährigen. Seine Mandantin will ihren Sohn losgeschickt haben, um einen besonderen Kaffee zu besorgen - seine SMS bedeutete schlicht, dass er den Kaffee noch nicht gefunden hatte.
Sein Mandant habe zufällig an der Garderobe seiner Großmutter im Mantel der Klägerin deren Schlüssel gesehen und beschlossen, sich in deren Wohnung umzusehen, schilderte Verteidiger Andreas Günther. Dass der 29-Jährige dabei 500 Euro aus dem Schlafzimmer der Klägerin gestohlen habe, sei reine Vermutung. Auf dem Video ist dies nicht zu sehen.
Julia Gerhardt verurteilte Mutter und Sohn dennoch zu sechs beziehungsweise acht Monaten Gefängnis auf Bewährung. Werner Kaiser kündigte gegenüber unserer Zeitung an, er werde Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.