4. Predigt
Wer bin ich, und wie sehen mich die anderen? Diese Frage habe sich auch Jesus gestellt, und Jesus habe seine Jünger um Antworten des Herzens gebeten, sagt der Pfarrer. So sei es heute noch: Jesus wolle von den Gläubigen keine theologisch ausgefeilten Antworten, sondern Freunde, die auch in schlechten Zeiten zu ihm stehen "und das Kreuz mancher Kirchengebote tragen". Die Predigt erfolgte weitgehend frei, untermalt mit kleinen Gesten. Vom Text und akustisch gut verständlich.
5. Kommunion
Nachdem Pfarrer und liturgische Helfer die Kommunion erhalten haben, teilen Pfarrer und Lektor die Wandelkommunion aus. Diejenigen Gemeindeglieder, die nicht nach vorne kommen können, erhalten die Kommunion am Platz. Nach dem Austeilen der Kommunion reinigt der Pfarrer die Gefäße sorgfältig, die Gemeinde verharrt in Schweigen.
6. Segen
Vor dem Segen dankt der Lektor im Namen des Kirchenvorstands allen Helfern beim Fronleichnamsfest und wirbt für die Gemeindewallfahrt in zwei Wochen. Der Pfarrer greift das auf: Er freue sich, dass die Gemeinde so lebendig ist. In den Segen schließt er die Felder, Gärten und Wälder ein - wir sind auf dem Land. Nach dem Segen folgt ein gemeinsames Schlusslied; Pfarrer und Ministranten stehen dabei mit dem Rücken zur Gemeinde.
7. Ambiente
Eine kleine dörfliche Barockkirche; im Bogen steht das Baujahr: 1774. Links und rechts vom Altarbild je zwei Heilige, weiß gefasst, ganz links windet sich der Kirchenpatron St. Sebastian von Pfeilen durchbohrt. An der rechten Seitenwand, steht eine kleinere Figur des Kirchenpatrons, schlichter und vermutlich älter. Sebastian scheint hier weniger entrückt als verstört angesichts dessen, was ihm angetan wird. Alles wirkt sehr gepflegt und liebevoll instandgehalten.
8. Kirchenbänke
Die traditionellen Bänke sind teilweise sehr schmal, so dass man sehr aufrecht sitzen muss. Immerhin: Sie sind vom Mittelgang und von den Außenseiten her zugänglich. Kaum jemand kniet, vermutlich auch, weil es sehr eng ist oder weil es wegen Krankheiten oder Alter nicht mehr geht.
9. Beleuchtung
Die Kirche steht frei am Rand des Dorfes, vom sehr gepflegten Friedhof umgeben. Licht fällt großzügig in den Innenraum; es gibt Deckenlampen, die eingeschaltet werden, als der Gesang beginnt, aber an einem sonnigen Morgen braucht es die gar nicht.
10. Sinne
Für die rund 30 Gottesdienstbesucher, die am frühen Sonntagmorgen gekommen sind, ist es ein Routinetermin. Es sind hauptsächlich Ältere. Dass ein Fremder dabei ist, wird registriert, aber nicht weiter beachtet. Der Pfarrer zieht den Gottesdienst zügig durch, ohne hektisch zu wirken. Viel Zeit hat er nicht: Um 10.15 Uhr steht die nächste Feier in Kaltenbrunn an. Trotzdem nimmt er sich beim Hinausgehen die Zeit, die beiden Ministranten und den einzigen Jungen unter den Gottesdienstbesuchern mit ein paar Gummibärchen zu beschenken.
Warum ein Gottesdiensttest?
Wir wollen mit unserem Gottesdienst-Test die Kirchen ein wenig mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken. Unter Kirchgängern, Geistlichen und Lesern soll eine Diskussion darüber entstehen, was einen guten Gottesdienst ausmacht. Dieses in der Regel sonntägliche Treffen hat für evangelische wie katholische Christen bis heute eine große Bedeutung als lebender Ausdruck des Christseins. Wir haben uns für eine Bewertung nach objektiven Kriterien theologische Hilfe geholt bei den Professoren Martin Stuflesser (Würzburg), er ist auch Berater der deutschen Bischofskonferenz, und Martin Nicol (Erlangen), der mit seinem Buch "Weg im Geheimnis" ein Plädoyer für den evangelischen Gottesdienst abgibt. Ergänzt werden objektive Kriterien um die subjektiven Eindrücke, die unsere Kollegen gewonnen haben.
Alle Berichte unserer Serie finden Sie auf unserer Übersichtsseite zum Gottesdiensttest. Dort finden Sie auch ausführliche Infos.