Die zwei Kurzzeitverträge für die Tennisspieler waren schnell verschickt. "Mein Kumpel war dann nicht mehr ganz so begeistert, aber ich sagte zu ihm, jetzt müssen wir es schon durchziehen", so Krawietz. Ihren ersten Arbeitstag traten beide gemeinsam in der gleichen Filiale an - morgens um halb sechs.
Aller Anfang war schwer. "Es hat schon gedauert, bis ich wusste, wohin die Lebensmittel müssen. Der Filialleiter hat uns ausgelacht, dass wir für eine Palette einräumen eine ganze Stunde gebraucht haben", erzählt Krawietz grinsend. "Die Arbeit ist zwar an sich nicht wirklich anstrengend, aber es ist hart, weil es immer dasselbe ist. Eine Kollegin dort arbeitet beispielsweise seit 17 Jahren in der Filiale, davor habe ich viel Respekt."
Ein Tag Security-Mitarbeiter
Eine besondere Erfahrung war für den Coburger, an einem Arbeitstag den Security-Dienst vor dem Eingang zu übernehmen und die Einkaufswagen mit Desinfektionsmittel zu besprühen. Noch voller Euphorie trat Krawietz seine Fünf-Stunden-Schicht um 15 Uhr an. "Um 15.30 Uhr habe ich zum ersten Mal auf die Uhr geschaut, es war schon extrem langweilig." Verständnis für die derzeitige "Einkaufswagenpflicht" brachten Security-Mitarbeiter Krawietz nicht alle Kunden entgegen. "Ich wurde schon das eine oder andere Mal in einem blöden Ton angemacht. Da denkt man sich schon, warum seid ihr wegen einer Sache, die vielleicht lästig, aber auch kein Riesenaufwand ist, so unfreundlich?"
Krawietz bewies aber stets Contenance und freute sich im Gegenzug über viele positive Reaktionen. Der eine oder andere Sportfan erkannte den French-Open-Sieger, der wie alle anderen Mitarbeiter mit einer Schutzmaske arbeiten muss, sogar - frei nach der Pro7-Show, "The Masked Athlete". "Zwei-, dreimal schauten mich Leute an und sagten, ich kenne sie doch. Die waren dann total begeistert und wir haben gemeinsam gelacht", sagt Krawietz. So gut dem Coburger und den Kunden solche Begegnungen auch gefallen haben, neigt sich die Zeit des Profisportlers im Supermarkt langsam dem Ende entgegen. "Noch zehn Stunden habe ich zu absolvieren."
Danach will sich Krawietz wieder verstärkt anderen Dingen widmen - am liebsten natürlich dem Tennisspielen. Seine Prognose für das ATP-Tennisjahr, das aktuell bis zum 12. Juli pausiert, fällt aber eher düster aus. "Mit internationalen Turnieren rechne ich in diesem Jahr nicht mehr unbedingt."
Hoffnung auf Wettkampfpraxis gibt es für die deutschen Tennisprofis aber trotzdem. Der Deutsche Tennisbund (DTB) plant ab 8. Juni eine nationale Turnierserie mit 32 Herren und 24 Damen. Mit dabei sollen unter anderem Philipp Kohlschreiber und Jan-Lennard Struff sein. Auch Krawietz hat eine Einladung vom DTB erhalten. Die Partien werden natürlich ohne Zuschauer ausgetragen, möglicherweise aber im Fernsehen oder Internet übertragen. Und dann kann auch der Coburger endlich wieder dem nachgehen, was er am liebsten macht. "Nach meinen Erfahrungen im Discounter schätze ich meinen Beruf umso mehr", so Krawietz.
Profis allein zu Hause (7): Heute Kevin Krawietz
In den drei Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz sind die Tennisanlagen bereits seit einer Woche wieder im Betrieb. In Bayern werden sich die Hobbyspieler aber noch etwas gedulden müssen. Kevin Krawietz, der mit seiner Verlobten Judit in München lebt, darf wie einige andere deutschen Tennisprofis dank einer Ausnahmegenehmigung seit zwei Wochen wieder im DTB-Stützpunkt, der Tennis Base in Oberhaching, trainieren. Trotzdem verbringt der 28-Jährige, der im Ahorner Gemeindeteil Witzmannsberg aufgewachsen ist, aktuell weitaus mehr Zeit zu Hause als üblich. Sieben Fragen an Kevin Krawietz in Zeiten von Corona.
Meine Lieblingssportübung in den eigenen vier Wänden ist:
Ich mache jeden Tag mein festes Fitnessprogramm: Stabiübungen, die die Basics wie Bauch, Rücken, Oberkörper umfassen - alles was dazugehört. Außerhalb der Wohnung gehe ich viel laufen und fahre seit neuestem auch Inline-Skates.
Ohne mein Handy würde ich: Mehr lesen. Nehme ich mir jetzt auch vor, ab und zu Mal ein Buch in die Hand zu nehmen. Die Zeit dafür ist ja perfekt.
Mit dieser Person habe ich zuletzt telefoniert/gechattet:
Das waren meine Kumpels. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe für Fifa-Turniere. Da sind wir mittlerweile 20 Leute.
Ich vermisse gerade am meisten, dass:
Dass ich Freunde und meine Familie nicht treffen kann. Und einfach gemütlich im Restaurant frühstücken oder gemeinsam Grillen an den sonnigen Tagen.
Das darf in meinem Kühlschrank nicht fehlen:
Milch für Kaffee und ein paar Eier dürfen nicht fehlen.
Diesen Film/Serie sollte jeder gesehen haben:
Ich bin ein Fan von "Haus des Geldes", das ist eine überragende Serie. Ansonsten fallen mir als gute Serien noch "The Blacklist", "The Spy" und "True Detective" ein.
Jeden Tag ist für mich ein Muss:
Guten Kaffee zu trinken, gut zu frühstücken und Sport zu machen.