Es ist noch nicht so lange her, waren die großen Vögel vom Aussterben bedroht, in diesem Jahr sind im Coburger Land 19 Junge zur Welt gekommen. Das liegt daran, dass es heuer auch so viele Mäuse gibt wie schon lange nicht mehr.
Allzu weit muss Frank Reißenweber, der Kreisvorsitzende im Landesbund für Vogelschutz (LBV), gar nicht zurückdenken: "1988 galt der Weißstorch noch als vom Aussterben bedroht." Heute ist das völlig anders: Mit 19 Jungstörchen auf fünf Horsten kann das Coburger Land ein absolutes Allzeit-Hoch verbuchen. "Es ist das beste Jahr aller Zeiten", freut sich Reißenweber.
Viele Mäuse auf der "Speisekarte" Warum heuer so viele junge und kräftige Störche in den Horsten stehen, ist Fachleuten wie Frank Reißenweber oder dem Coburger LBV-Storchen-Beauftragten, Hans-Peter Schönecker, schon lange klar: Es liegt daran, dass es heuer so viele (Feld-)Mäuse gibt. Deshalb müssen die Alt-Störche gar nicht lange auf Futtersuche gehen, um ihren Nachwuchs zu versorgen. "Normal müssen Störche lange in Feuchtwiesen suchen, heuer reicht normales Grünland aus", erklärt Diplom-Biologe Reißenweber. Eine Maus, die finde sich in diesen Tagen quasi überall.
Selbst "Nachzügler" konnten überleben Neben der Mäuse-Schwemme gibt es noch weitere Faktoren, die den Störchen das (Über-)Leben im Coburger Land leichter machen. Einer ist das Wetter: Weil es in den vergangenen Wochen weder besonders kalt noch nass war, konnten selbst kleine "Nachzügler" in den Horsten überleben. Die Letztgeborenen Vögel tun sich normal schwer, im Nahrungs-Gerangel mit ihren Geschwistern zu überleben. In Meschenbach starb ein Vogel, er wäre der Fünfte im Horst gewesen. Aber er starb kaum an Nahrungsmangel, vermutet Schönecker: "Auch bei Störchen gibt es Kinderkrankheiten."
Gut genährt auf die Reise Hilfreich für die Population war die Tatsache, dass immer mehr Störche inzwischen nicht im südlichen Afrika (Mali, Senegal), sondern in Spanien, manche sogar "nur" im Elsass überwintern. Die Folge, erklärt Reißenweber: "Die Vögel kommen früher zurück und können früher mit der Brut beginnen." Am Ende haben dann Jungvögel genügend Zeit, um sich im Sommer für kräftezehrende Reise ins Winterquartier vorzubereiten.
So arg weit hin ist es gar nicht mehr, bis die Jungstörche den Horst verlassen und die Umgebung erkunden werden. Dank jahrelanger Erfahrung schätzt Hans-Peter Schönecker, dass zum Beispiel in Kaltenbrunn schon im Laufe dieser Woche die Jungvögel erstmals den Horst verlassen werden - noch einmal "eine risikobelastete Phase" für die unerfahrenen Vögel, weiß der Storchen-Beauftragte. Ein bisschen später wird dieser entscheidende Schritt für die Seßlacher Jung-Störche stattfinden. Weil das dortige Paar erst relativ spät (wohl Mitte/Ende April) mit der Brut begonnen hat, ist sein Nachwuchs im Vergleich zu den Tieren im restlichen Landkreis noch relativ klein. "Aber es schaut auch dort sehr gut aus", zerstreut Frank Reißenweber Bedenken zum Wohl der Tiere.
Junge Störche werden schnell selbständig Nachdem sie zum ersten Mal das Nest verlassen haben, werden junge Störche schnell selbstständig. Ein paar Mal kehren sie nachts noch in den schützenden Horst zurück, dann erkunden sie auf eigene Faust die Region. Dabei sind Vögel aus dem Coburger Land im gesamten nordbayerischen Raum unterwegs - das hat die Auswertung von Daten mit Sendern bestückter Störche ergeben. Im Herbst tun sich die Jungtiere in größeren Trupps zusammen und starten ihre Reise in die Winterquartiere. Dort verbringen sie zumeist ihr komplettes zweites Lebensjahr, ehe sie geschlechtsreif wieder nach Deutschland zurückkehren.
Fliegen ohne die Eltern Was die Tier-Beobachtung auch ergeben hat: Es ist - im Gegensatz zu früher von Fachleuten vertretenen Einschätzungen - nicht so, dass die junge Störche von ihren Eltern den Weg in die südlich gelegenen Winterquartiere gezeigt bekommen. "Im Spätsommer lösen sich die Familienverbände auf", erklärt Frank Reißenweber. Es muss also irgendetwas in den Störchen "drin" sein, das in ihnen das Zugverhalten auslöst.
Das ist los bei den Störchen im Coburger Land Bad Rodach Mit drei Störchen wiederholte der Storchenvater, der angesichts seiner Ring-Nummer als "Rückkehrer" identifiziert werden konnte, sein Brut-Ergebnis aus dem Vorjahr.
Kaltenbrunn Mutter und Vater sind beringt, dadurch kann man erkennen: Sie kehren als Paar schon seit vielen Jahren auf den "Schleicher"-Schlot zurück. Heuer haben sie Vierfach-Nachwuchs.
Meschenbach Der männliche Storch (er überwinterte 2013/2014 sogar im Coburger Land) hat heuer mit einer neuen Partnerin gebrütet. Diese stammt, so zeigt ihr Ring, aus Tschechien. Vier von fünf geschlüpften Vögeln haben überlebt.
Rossach Zum ersten Mal belegt und schon vier Jungstörche - das Paar auf dem Horst der Schreinerei Fischer hat ganze "Arbeit" geleistet.
Seßlach Weil beide Alt-Störche unberingt sind, kann ihre Herkunft nicht geklärt werden. Vier Jungvögel sitzen im Horst, den ihr Vater schon mehrfach energisch gegen vorbeifliegende Störche verteidigte.