Neustadt neuer Pfarrer: Vom kleinen Dorf in ein großes Dorf

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Pfarrer Michael Meyer zu Hörste vor seinem imposanten Arbeitsplatz: der Stadtkirche St. Georg. Foto: B. Köhler
Pfarrer Michael Meyer zu Hörste vor seinem imposanten Arbeitsplatz: der Stadtkirche St. Georg. Foto: B. Köhler

Pfarrer Michael Meyer zu Hörste hat in seinen ersten 100 Tagen im Amt entdeckt, dass Neustadt nicht in jeder Beziehung städtisch ist.

Die ersten 100 Tage sind um. Seit Herbst bekleidet Michael Meyer zu Hörste die erste Pfarrstelle der evangelischen Kirchengemeinde St. Georg. Mit Frau und vier Kindern ist der 45-Jährige innerhalb des Dekanates von Weitramsdorf nach Neustadt gewechselt.


Im Gespräch erzählt der begeisterte Fußballfan des FC Bayern München von seinen ersten Monaten in der Stadt, seinen Plänen für die Kirchengemeinde und seinem Ziel, irgendwann mal wieder im bayerischen Süden zu landen.

Haben Sie trotz der stressigen Wochen rund um den Jahreswechsel die Zeit gefunden, sich in Neustadt einzuleben?
Michael Meyer zu Hörste: Ich bin noch mittendrin und nehme mir auch die Zeit, mich in Ruhe einzuleben. Wenn man vom Dorf in die Stadt wechselt, dann muss man das Gefühl für das neue Umfeld kriegen. Wobei mir schon mehrfach gesagt wurde, dass Neustadt doch auch nur ein großes Dorf ist.

Wie spiegeln sich die Unterschiede in Zahlen wider?
Mit 5100 Gemeindegliedern ist St. Georg Neustadt fast fünfmal so groß wie Weitramsdorf - das merkt man natürlich insbesondere bei der Zahl der Geburtstagsbesuche und Beerdigungen.

War die Umstellung auch aus Ihrer persönlichen Sicht groß?
Ich habe so etwas als Kind schon mitgemacht - vom kleinen Altenstein ins große Marktoberdorf. Da konnte mich nicht sehr viel überraschen. Zudem haben uns die Neustadter sehr freundlich aufgenommen.

Wie sind Sie mit dem Pfarrhaus als neue Heimat für die Familie Meyer zu Hörste zufrieden?
Wir fühlen uns sehr wohl. Wir haben die nötige Anzahl von Arbeitszimmern, jedes Kind hat seinen eigenen Raum. Für eine Familie wie unsere sind Größe und Lage dieses Pfarrhauses schlichtweg ideal.

War ihr Wechsel von Weitramsdorf nach Neustadt lange geplant oder wurde spontan entschieden?
Nach zehn Jahren auf der Pfarrstelle in Weitramsdorf war schon das Gefühl da, dass ich viele meiner Ziele umgesetzt hatte. Aber letztlich fiel die Entscheidung im März binnen 14 Tagen. Unser großer Sohn steht unmittelbar vor dem Abi, für eine Tochter steht ein Schulwechsel an - da war der Zeitpunkt gar nicht so ideal. Es muss viel stimmen, ehe man eine Stelle wechselt.

War es klar, dass sie im Coburger Land bleiben wollen?
Wenn ich zwei Jahre später gewechselt wäre, hätten sich bayernweit Stellen in der Verlosung befunden. Es ist schon so, dass unsere Familie am Horizont das Ziel hat, irgendwann wieder nach Südbayern zu gehen. Da wartet auf einen evangelischen Pfarrer eine grundsätzlich andere Arbeit mit vielen langen Wegen. Die kurzen Wege bei der Kirche hier habe ich schon zu schätzen gelernt.

Was sind die großen Unterschiede zwischen dem Weitramsdorfer Land-Pfarrer und dem Neustadter Stadt-Pfarrer?
Daran, dass ich nicht mehr nahezu jeden Sonntag auf der Kanzel stehe, musste ich mich erst einmal gewöhnen. Bei mehr Gläubigen steigt natürlich auch die Zahl der Gottesdienstbesucher. Das ist angenehm. In Weitramsdorf gab es schon Sonntage mit nur 15 bis 25 Leuten in der Kirche. In St. Georg sind es meistens um die 80 - auch wenn die sich in dieser großen Kirche natürlich immer noch verlaufen.

Mit ihren Kolleginnen bilden Sie eine recht junge "Mannschaft". Wie funktioniert sie im Alltag?
Man kennt sich aus dem Dekanat. Insofern wusste ich, wie meine Kolleginnen ticken. Für sie und mich mit zehn Jahren Gemeinde-Erfahrung bietet sich die Gelegenheit, dass wir voneinander lernen können. Wir haben in unseren Biografien sehr unterschiedliche Hintergründe und damit einen unterschiedlichen Blick auf die Gemeinde. Es macht Spaß, das alles zusammenzubringen.

Welche Rolle spielt bei einer Pfarrei wie Neustadt St. Georg die Verwaltungsarbeit?

Eine große - das kann man nicht abstreiten. Unser Pfarramt ist 40 Stunden die Woche besetzt, da wird automatisch schon mehr gemacht. Was ich hier am Tag an Rechnungen anweise, das hatte ich in Weitramsdorf meist nicht mal die Woche. Es ist schon ein immenser Verwaltungsapparat, mit dem eine Kirchengemeinde zu tun hat.

Sie wirken bei diesen Worten ein bisschen genervt...
Wir verlaufen uns in Deutschland schon arg in Vorschriften. Wenn ich unsere beiden Kindertagesstätten und die Vorschriften sehe - dann habe ich schon den Eindruck, dass wir unsere Kinder ein bisschen zu sehr in Watte packen. Man muss so viel außen rum berücksichtigen, dass man manchmal gar nicht mehr dazu kommt, seine Ideen umzusetzen. Aber auch die Verwaltung ist wichtig und dient letztlich dem Gemeindeaufbau.

Pfarrer sein heißt oft auch Bauherr sein - was steht da an in der Kirchengemeinde?
Die "Arche" muss dringend saniert werden. Die Heizung dort kann man nicht mehr als solche bezeichnen. Ansonsten stehen unsere Gebäude sehr gut da. Was mich ein bisschen beschäftigt, ist das anstehende Licht-Konzept für den Markt. Wir müssen schauen, wie die Landeskirche bei diesem Projekt mitzieht. Wobei es aus meiner Sicht fatal wäre, wenn die Stadtkirche als das Neustadter Wahrzeichen bei diesem Projekt außen vor wäre. Da würde sich die Kirche keinen Gefallen tun. Aber es muss auch finanzierbar sein, klar.

Wie schaut es bei der "Software", also der inhaltlichen Arbeit in der Kirchengemeinde , aus?
Wenn es um die klassische Kirchenmusik geht, stehen wir sehr gut da. Und vielleicht entwickelt sich mit den Pfarrern in Neustadt, Wildenheid und Haarbrücken eine gemeinsame musikalische Aktion. Ja, so etwas könnte vorkommen (schmunzelt). Wir müssen sowieso sehen, dass wir die Kooperation der Kirchengemeinden im Neustadter Kessel weiterentwickeln. Wir leben so nah zusammen - da wäre es dumm, nicht miteinander zu arbeiten.

Gibt es da schon konkrete Projekte, die Sie im Sinn haben?
Wir werden im Luther-Jahr am 9. Juli einen Sternwander-Gottesdienst auf dem Stiefvater feiern. Ich freue mich sehr darauf, denn das wird ein spannendes Projekt. Und dass wir zum Kinderfest-/Marktfest eine gemeinsame Sache planen, versteht sich ja von selbst. Was gibt es noch? Wie wäre es mit einem gemeinsamen Facebook-Auftritt? Könnten wir mit einem gemeinsamen Gemeindebrief nicht mit weniger Aufwand ein besseres Ergebnis erzielen?

Da dürfte aber manche Idee nicht ohne Widerstand zu verwirklichen sein...
Wirklich? Wir Pfarrer im Neustadter Kessel verstehen uns sehr gut. Das ist eine Ausgangslage, die auch Kirchenvorstände mitziehen kann. Wobei ich jetzt schon den Eindruck habe, dass die Bereitschaft zur Kooperation überall vorhanden ist. Besser werden die Zeiten für die Kirchengemeinden eher nicht. Da ist es klug, wenn man vorsorgt und den Weg in die Zukunft gemeinsam geht.