Ministerin unter Druck: Welpen dürfen im Coburger Tierheim bleiben

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Gerettete Hundewelpen im Coburger TierheimFoto: Rainer Lutz
Gerettete Hundewelpen im Coburger TierheimFoto: Rainer Lutz
Hundewelpe im Coburger TierheimFoto: Rainer Lutz
Hundewelpe im Coburger TierheimFoto: Rainer Lutz
 

Weil Umweltministerin Ulrike Scharf aus illegalen Tiertransporten gerettete Welpen zu ihren Peinigern zurück schicken wollte, forderte der Tierschutzbund ihren Rücktritt. Am Mittwoch Nachmittag lenkte sie ein.

Es ging um Geld. Das vermutete der Coburger Tierarzt Joachim Lessing von Anfang an bei der Frage ging, warum das Bayerische Umweltministerium Welpen in die Slowakei und nach Ungarn zurück schicken wollte, die vor wenigen Tagen aus illegalen Tiertransporten gerettet wurden. Die Unterbringung in den Tierheimen, die ordentliche finanzielle Ausstattung dieser Einrichtungen, das alles schien den verantwortlichen politischen Stellen zu teuer zu sein. Doch am Mittwoch Nachmittag dann die Kehrtwende: Nach dem Protest des Deutschen Tierschutzbundes und seines Landesverbandes Bayern und vieler Tierfreunde hat die Ministerin Ulrike Scharf offenbar eingelenkt. Die Tierschützer vor Ort erreichte die Nachricht, dass die Welpen jetzt in den Tierheimen bleiben können.


Zum Hergang: In Zusammenhang mit den neu angeordneten verschärften Grenzkontrollen entlang der bayerischen Landesgrenze zu den EU-Partnern kam es vermehrt zu Tierfunden.
In den letzten Tagen waren es insgesamt 215 illegal transportierte Hundewelpen aus Osteuropa, 50 Zebrafinken und 20 Schildkröten. Die Tiere wurden in teils nächtlichen Rettungsaktionen auf bayerische Tierheime verteilt. In Coburg sind zur Zeit acht Welpen: zwei Berner Sennenhunde, ein Labrador Retriever und vier Cavalier King Charles Spaniels. Die Hundewelpen wurden von Daniela Mages und Sandra Bauer nachts aus Bad Reichenhall geholt. Die für einen Transport viel zu jungen, zumeist kranken Welpen werden inzwischen in den Quarantänestationen der Tierheime betreut. Das Umweltministerium in Bayern aber wollte transportfähige Tiere wieder in die Herkunftsländer zurücktransportieren lassen.


Schwere Aufgabe zu schultern

"Wir atmen tief durch, aber Sorgen bleiben. Zuerst einmal steht jetzt die Betreuung der Tiere im Mittelpunkt, das ist eine schwere Aufgabe, die die Tierschützer nun schultern müssen. Es bleibt offen, wer am Ende die Kosten trägt. Klar muss sein: Dafür muss das Land Bayern einstehen", erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, in einer ersten Kommentierung der aktuellen Entwicklung.


Zudem beschreibt Schröder eine weitere Sorge der Tierschützer: "Wir befürchten, dass jetzt an den Grenzen neu ankommende Tiere direkt wieder zurückgeschickt werden. Dazu brauchen wir ebenso noch eine Stellungnahme der derzeitigen bayerischen Ministerin Ulrike Scharf. Diese Handhabung wäre inakzeptabel, weil ganz sicher das Grenzpersonal nicht genügend ausgebildet ist, die Transportfähigkeit festzustellen. Wir befürchten weiteres Tierleid, weil es dann wieder nur nach dem Prinzip "Aus den Augen, aus dem Sinn" ginge."


Erster Schritt vom Bund

Tierheime sind dazu da, Tiere in Not aufzunehmen, wenn sie Schutz brauchen. Die Lösung, wieder Platz zu schaffen, indem Tiere in Not hinausgeworfen werden, um andere Tiere in Not aufzunehmen, wurde zunächst auf Bundesebene ersonnen.


Am Dienstag noch berichtete der Tierschutzbund: "Nun hat das Tierseuchenreferat des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft in Bonn den Veterinären mitgeteilt, dass nach juristischer Prüfung alle Welpen der letzten beiden Tiertransporte nach Ungarn beziehungsweise in die Slowakei zurückgeschickt werden können - soweit sie transportfähig sind."


Die Umsetzung müsste aber durch die örtlichen Behörden erfolgen. Für Joachim Lessing stand fest, dass die Tiere nicht transportfähig sind. Doch sein Urteil, das weiß er, hätte durch Amtsveterinäre aufgehoben werden können. Ministerin Ulrike Scharf ist auch für den Tierschutz zuständig. Das Gesetz, das es verbietet, einem Tier ungerechtfertigt Leiden zuzufügen, gilt auch für sie und ihre Mitarbeiter. Doch offenbar gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen bei Tierschützern und Ministerialbürokratie, welche Leiden "gerechtfertigt" sind.


Nicht transportfähig

Die Tiere wurden den Transporteuren weggenommen, weil sie unter nicht vertretbaren Bedingungen zusammengepfercht waren, zu jung, zu schwach, teilweise krank und damit nicht transportfähig.


Tierarzt Lessing kann eine schier endlose Liste von Verstößen gegen Gesetze und Bestimmungen aufzählen. Hinter der Entscheidung, die Tiere so zu transportieren stehen Menschen. Die Tiere diesen Menschen wieder an die Hand zu geben, hätte mit großer Sicherheit geheißen, sie ihren Leidensweg von vorne beginnen zu lassen - nur mit der Chance, dass der nächste Transport nicht wieder von der Bundespolizei gestellt wird, so die Befürchtung der Tierschützer.



"Keine Tierschutzministerin, kein Tierschutzminister darf auch nur erwägen, solch malträtierte Tiere wieder in den Transport zu geben: Ein Rücktransport wäre für die viel zu geschwächten Tiere das Todesurteil gewesen. Es geht der Ministerin im Grunde darum, dass das Land Bayern und die Behörden nicht in eine Betreuungs- und Zahlungspflicht kommen.


Jahrelang hat sich das Land Bayern trotz aller Mahnungen nicht für die Lage der Tierheime interessiert, sonst hätten wir schon längst mehr Quarantäne- und Krankenstationen und höhere Aufnahmekapazitäten. Eine Ministerin, die so agiert, ist - freundlich ausgedrückt - völlig überfordert und nicht mehr tragbar im Amt", hatte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, den Rücktritt der Ministerin gefordert.


Es fehle an Quarantäne- und Krankenstationen sowie Zwingern für die große Zahl der Tiere. Und das, obwohl es vorhersehbar war, dass mit den verschärften Grenzkontrollen derartige Tierfunde dramatisch zunehmen würden. "Wir brauchen dringend einen Maßnahmenplan der Landesregierung, der mit den Tierheimen und den Grenz- und Veterinärbehörden abgesprochen ist, wie der praktische Tierschutz in Bayern jetzt stabilisiert werden kann."



Das Ministerium und der Tierschutz

Erklärung Das sagt das Ministerium auf seiner Homepage über den Tierschutz:
"Die Tierschutzgesetzgebung dient dem Schutz und dem Wohlbefinden des Tieres; sie regelt das Verhalten des Menschen gegenüber dem Tier. Der Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert und im Tierschutzgesetz grundsätzlich geregelt. Danach dürfen einem Tier nicht ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Die Tierhalter sind verpflichtet, im Interesse des Wohlbefindens der Tiere die jeweils geltenden Vorschriften einzuhalten. Die gewerbsmäßige Haltung und der gewerbsmäßige Umgang mit Tieren sind in der Regel erlaubnispflichtig, Voraussetzung sind Sachkunde und Zuverlässigkeit der Betreiber."