Mehr als Kinder, Küche, Kirche: Frauen in Coburg sind gern berufstätig

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Andrea Sonnefeld ist Werkzeugmacherin und liebt ihren Beruf. Ein Leben als Nur-Hausfrau kann sie sich nicht vorstellen. Fotos: Helke Renner
Andrea Sonnefeld ist Werkzeugmacherin und liebt ihren Beruf. Ein Leben als Nur-Hausfrau kann sie sich nicht vorstellen.  Fotos: Helke Renner
Kerstin Seling ist Entwicklungsingenieurin. Für sie ist es selbstverständlich, berufstätig zu sein.
Kerstin Seling ist Entwicklungsingenieurin. Für sie ist es selbstverständlich, berufstätig zu sein.
 

Das Frauenbild hat sich grundlegend geändert. Die Arbeitswelt ist zunehmend weiblich geprägt und Coburg liegt auf diesem Gebiet weit vorn in Bayern. Zwei Frauen, die sich in Männerberufen behaupten, erzählen, wie es ihnen damit geht.

Für Andrea Sonnefeld und Kerstin Seling ist es das Normalste der Welt, dass sie in Vollzeit arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen. Die Werkzeugmacherin und die Entwicklungsingenieurin sind selbstbewusste Frauen, die wissen, was sie wollen: unabhängig, gleichberechtigt, den Kindern eine Mutter mit Vorbildfunktion sein und dabei noch Spaß am Beruf haben. Ist das alles zusammen überhaupt möglich? Ja, sagen die beiden - auch wenn es nicht immer leicht ist, sich bei all den Anforderungen des Alltags selbst zu verwirklichen.

Die Entwicklungsingenieurin Kerstin Seling ist in Thüringen groß geworden. "Für mich war es gar keine Frage, dass ich berufstätig sein wollte, das gehörte bei uns einfach dazu", sagt sie. Zunächst absolvierte sie eine Ausbildung zur Maschinenbauzeichnerin und hängte ein Maschinenbau-Studium an. "In der DDR war das keine reine Männerdomäne.
Wir waren etwa zur Hälfte Frauen." Nach dem Studium arbeitete Kerstin Seling in Jena. Die Wendezeit brachte es aber mit sich, dass der Maschinenbau auf DDR-Gebiet mehr oder weniger zusammenbrach. Die junge Frau orientierte sich um, wechselte in ein Architekturbüro und nach einem Zusatzstudium im Maschinenbau arbeitete sie viele Jahre wieder in ihrem Beruf. Seit nunmehr zwei Jahren ist sie bei der Coburger Firma Gaudlitz beschäftigt.

"Hier war ich als Frau eine Ausnahme." In der Abteilung Forschung und Entwicklung sind außer ihr noch drei Männer beschäftigt. "Zumindest haben wir aber jetzt eine Auszubildende", ergänzt Kerstin Seling. Sie arbeite aber gern mit den Männern zusammen. "Da gibt es klare Ansagen." Nur Hausfrau und Mutter zu sein, könne sie sich nicht vorstellen, gesteht die Ingenieurin ein. "Ich muss etwas Konstruktives, Kreatives tun und ich glaube, das tut auch den Kindern gut. Sie werden viel schneller selbstständig, wenn die Mütter arbeiten." Das sei auch bei ihrem Sohn so gewesen, sagt Kerstin Seling.

Dem stimmt Andrea Sonnefeld zu. Auch bei ihr zu Hause gebe es eine Arbeitsteilung, ihr Sohn und ihre Ehemann seien selbstverständlich mit einbezogen. "Anders ginge das auch gar nicht." Aber warum gerade Werkzeugmacherin - ein Beruf, der so stark männlich besetzt ist? "Ich möchte nichts anderes machen", antwortet Andrea Sonnefeld. Schon in der Schule habe sie sich gegen Handarbeit und für Werken und technisches Zeichnen entschieden.

Seit über 30 Jahren berufstätig

Bei Gaudlitz hat sie ihre Ausbildung zur Werkzeugmacherin absolviert und arbeitet seit 34 Jahren in der Firma - solange ihr Sohn noch klein war, sechs Stunden am Tag, später wieder in Vollzeit. Das habe ihr schon auch mal die Bezeichnung "Rabenmutter" eingebracht. Das ficht sie aber nicht an. "In meiner Familie haben alle Frauen gearbeitet, ich kenn' das gar nicht anders", sagt Andrea Sonnefeld.

Lutz Armann ist Ausbildungsleiter bei Gaudlitz. Er bedauert es ein wenig, dass noch immer zu viele junge Frauen, die in der Firma ihre Ausbildung in vermeintlichen Männerberufen machen, dort nicht bleiben, wenn sie Kinder haben. "Nach der Elternzeit suchen sie sich oft eine Arbeit unter ihrer Qualifikation", erzählt er. Im Klartext: Sie wechseln in den administrativen Bereich, also ins Büro. "Sie wollen nicht meh r körperlich hart arbeiten." Auch der Girls' Day habe daran bisher noch nichts ändern können.

A ber immerhin: Die meisten Frauen wollen auch nach der Elternzeit wieder berufstätig sein. Und damit heben auch sie die Prozentzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in der Stadt und im Landkreis.