Auch kleine Feuerwehren müssen wissen, was sie im Einsatzfall zu tun haben. Deshalb gibt es die Leistungsprüfung, bei der ein Löschangriff simuliert wird. Die Feuerwehr im Seßlacher Stadtteil Dietersdorf (Landkreis Coburg) stellt sich dieser Herausforderung.
190 Sekunden! Das ist die Zeitspanne, um die sich in diesen Tagen bei der Feuerwehr alles dreht. Knapp über drei Minuten hat die neunköpfige Löschgruppe Zeit, um ihren Löschangriff mit Hilfe eines Überflurhydranten erfolgreich zu Ende zu bringen. "Schon anspruchsvoll", sagt Sebastian Häfner als stellvertretender Kommandant, ist so eine Leistungsprüfung. Am Freitagabend wird sich zeigen, ob die Dietersdorfer in den vergangen sechs Wochen genug geübt haben - dann wird um 18.30 Uhr die Prüfung vor dem Sportheim abgenommen.
Selbst bei "Gerry" Griebel, der mit fünf absolvierten Leistungsprüfungen bereits jede Menge Erfahrung hat, ist so eine Leistungsprüfung immer ein besonderer Tag. "Sie ist schon ein bisschen anders als eine normale Übung", gesteht der 38-Jährige. Dass die Prüfung schief laufen könnte, daran verschwendet Griebel aber keinen Gedanken. "Wäre auch schlecht, denn ich werde kommende Woche operiert", sagt Griebel lächelnd zur Gefahr, die Prüfung wiederholen zu müssen.
Aber die Dietersdorfer sind ja auch gut vorbereitet. Deutlich unter 180 Sekunden blieben sie beim vorletzten Test-Durchlauf. Also "super in der Zeit", lobt Sebastian Häfner bei der Abschluss-Besprechung. Klar könnten die Aktiven beim theoretischen Teil und der Knoten-Kunde noch (zu) viele Fehlerpunkte sammeln - aber am Ende entscheide erst einmal die Zeit.
Das ist im Einsatz nicht anders. Im vergangenen Jahr waren die Dietersdorfer beim Großbrand in Autenhausen gefordert. Da war es existenziell, gut vorbereitet zu sein. Wobei sich Manuel Bartsch ein bisschen schwer tut, Leistungsprüfung und Ernstfall auf eine Stufe zu stellen. "Wenn es wirklich brennt, dann bist du beim Einsatz wie im Tunnel", sagt der Maschinist. Da könne man gar nicht groß nachdenken, die Zeit vergehe wie im Fluge. Insofern sei gute Ausbildung, dank der man alles wie im Schlaf beherrsche, natürlich absolut hilfreich.
Motiviert bei der Sache Anderthalb Monate Vorbereitung, zum Ende hin gleich mehrmals die Woche üben - da braucht es schon eine motivierte Mannschaft. Die hat Sebastian Häfner zur Verfügung, wobei auch er mit den üblichen Schwierigkeiten einer Feuerwehr-Führungskraft auf dem Land zu kämpfen hat: "Unter der Woche ist es immer schwierig, genug Leute zusammen zu bekommen." Seit drei Jahren ist der 25-Jährige inzwischen stellvertretender Kommandant und dabei für die Leistungsprüfungen sowie die Jugendarbeit zuständig. Deshalb sieht er die anstehende Leistungsprüfung in einem etwas größeren Zusammenhang: "Bei so einer Prüfung können wir als kleine Wehr der Führungsebene zeigen, was wir leisten können."
Vor jedem Übungsdurchgang (und natürlich auch am heutigen Freitagabend bei der Prüfung) werden die Positionen innerhalb der neunköpfigen Löschgruppe neu ausgelost, nur der Gruppenführer sowie der Maschinist bleiben unverändert auf ihren Posten. Marcus Jungkunst hat Glück. Denn er zieht eine Karte, die ihn zum Mitglieder eines Zweier-Angriffstrupps macht. "Angriffstrupp und Melder", sagt Jungkunst grinsend, "haben bei dieser Übung zumindest ein bisschen Zeit." Der Rest der Mannschaft müsse sich schon ganz schön sputen, damit die ganze Truppe unter 190 Sekunden bleibe.
Sie tun das alles freiwillig Nach zwei Testläufen haben die Dietersdorfer die Sache im Griff und starten den Rückzug. Schläuche einrollen, Technik wegräumen, sauber machen - ruckzuck sind wieder zwei Stunden des Feierabends dahin. "Gerry" Griebel ist zufrieden, freut sich aber schon darauf, dass die Prüfungsvorbereitungen bald vorbei sind. Manchmal, das räumt er ehrlich ein, neigt der Feuerwehrdienst in solchen Zeiten schon dazu, ein bisschen stressig zu werden. "Man sollte ja nicht vergessen, dass wir das alle freiwillig machen", sagt Griebel. Und er sagt das besonders in die Richtung derjenigen, die beim Feuerwehrdienst auf noch mehr Dienste, Prüfungen und Weiterbildungen drängen. "Disziplin ist natürlich nicht verkehrt, aber man sollte nicht noch extremer werden", meint Griebel.
Manfred Lorenz, der Kreisbrandrat, ist einer, der immer wieder den Wert der Leistungsprüfungen herausstellt. Dass im Coburger Land in den vergangenen Jahren die Zahl der abgelegten Prüfungen, wieder im Aufwärtstrend ist, freut Lorenz sehr. Aber der Kreisbrandrat wäre nicht der oberste Feuerwehrmann im Landkreis, wenn er nicht gleich einschränken würde: "Ein bisschen mehr darf es schon noch sein."