Junger Regisseur aus Wien bringt "Fidelio" nach Coburg

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Rudolf Frey inszeniert erstmals am Landestheater Coburg. Als Eröffnungs-Premiere bringt er Beethovens "Fidelio" am 18. September auf die Bühne. Foto: Jochen Berger
Rudolf Frey inszeniert erstmals am Landestheater Coburg. Als Eröffnungs-Premiere bringt er Beethovens "Fidelio" am 18. September auf die Bühne. Foto: Jochen Berger

Ludwig van Beethovens "Fidelio" ist in dieser Saison die Eröffnungs-Premiere am Landestheater.

Mit Beethovens "Fidelio" stellt sich Gast-Regisseur Rudolf Frey erstmals am Landestheater Coburg vor. Der 33-jährige gebürtige Salzburger hat bereits an vielen renommierten Häusern von Wien bis Stuttgart, von Salzburg bis München gearbeitet - im Schauspiel und im Musiktheater.

Sie inszenieren erstmals am Landestheater und dann gleich eines der Schlüsselwerke des Opern-Repertoires - Beethovens "Fidelio". Wie hat sich das ergeben?
Rudolf Frey: Es hat eine längere Phase der Annäherung gegeben, aber schon früh war in den Gesprächen mit dem Intendant klar, dass es um "Fidelio" gehen würde.

Hatten Sie schon vorher Aufführungen in Coburg gesehen?
Nein, erst danach habe ich mir verschiedenen Produktionen angesehen.
Aber ich habe schon vorher viel von Coburg und seinem guten Ruf gehört - von Bühnenbildnern und Ausstattern, die ich kenne und die schon in Coburg gearbeitet haben.

Wo liegt für die Regie die besondere Herausforderung bei einer "Fidelio"-Inszenierung?
"Fidelio" ist musikalisch ein echtes Meisterwerk. Das hat keinen Schwachpunkt. Aber die konkrete Geschichte, die da erzählt wird, schrammt ein bisschen an der Unglaubwürdigkeit vorbei. Der Text wurde auch immer wieder neu bearbeitet. Man braucht einen Dreh, um dieses Stück zu erzählen. Man muss ein paar Schwerpunkte setzen.

Wie sieht Ihr Dreh aus?
Auf der Suche nach Anknüpfungspunkten ist mir klar geworden, dass die Vorgeschichte sehr wichtig ist. Man muss als Zuschauer sehr viel vorab wissen, um die Geschichte zu verstehen. Wir haben uns deshalb gemeinsam mit Roland Kluttig als musikalischem Leiter entschieden, die sogenannte 3. Leonoren-Ouvertüre am Anfang zu spielen anstelle der kurzen "Fidelio"-Ouvertüre. Diese 13 oder 14 Minuten Musik haben wir bebildert mit Tableaus, die die Ausgangssituation zeigen und die Vorgeschichte und die die Beziehungen der Figuren untereinander erklären.

Wie erzählen Sie "Fidelio"?
Wir wollen die Geschichte durch die Augen Leonores sehen. Es ist ihr Stück, dem wir folgen.

Wo spielt "Fidelio" in Ihrer Deutung?
"Fidelio" spielt bei uns in der Gegenwart in einem Gefängnis. Aber mit dem Fortgang der Handlung wird dieser Raum immer fantastischer. Für mich geht es um mehr als um ein realistisches Gefängnis. Für Leonore ist der Weg als Mann verkleidet ins Gefängnis wie eine Reise in die Unterwelt. Insofern erinnert "Fidelio" an "Orpheus und Eurydike" mit umgekehrten Vorzeichen. In diesem Fall ist es Leonore, die Florestan sucht.

"Fidelio" lässt prinzipiell sehr unterschiedliche Deutungsansätze zu - politische wie private. Welchen Akzent wollen Sie setzen?
Das Politische ist in "Fidelio" sowieso da. Florestan ist eine Art Enthüllungsjournalist. Aber in der Art, wie wir das Stück erzählen, liegt der Fokus auf der Beziehungsgeschichte zwischen Leonore und Florestan. Für uns ist "Fidelio" nicht nur ein Polit-Thriller.

Beethovens "Fidelio" beginnt wie ein Singspiel, wird zur großen Oper und am Ende zum Oratorium. Wie gehen Sie mit dieser dramaturgischen Zwickmühle um?
In unserer Interpretation gibt es eine klare Bewegung in das Fantastische und am Ende eine Rückkehr in die Realität. Ich habe mich bemüht, Verzahnungen zwischen den einzelnen Sphären herzustellen und eine gemeinsame theatrale Sprache zu finden.

Wenn Sie sich auf eine neue Inszenierung vorbereiten: Folgen Sie einem festen Muster?
Eigentlich nicht. Das kommt immer auf das Material an und darauf, wie gut ich das Stück schon kenne. Entscheidend ist, dass es mir immer um große Genauigkeit geht, die sich aus dem Stück heraus entfaltet.

Sie inszenieren Schauspiele und Musiktheater. Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer künstlerischen Arbeit?
Ich komme ja eigentlich vom Schauspiel her und bin froh, dass ich schon so früh auch Opern inszenieren durfte. Im Moment ist es sehr schön, dass ich mich nicht entscheiden muss zwischen Schauspiel und Musiktheater. Ich merke, dass es wechselseitig gut tut, in beiden Bereichen zu arbeiten.
Sie haben schon mehrfach im nur 65 Kilometer entfernten Meiningen inszeniert. Wie erleben Sie Coburg?
Ich finde Coburg sehr interessant. Er gibt Ähnlichkeiten mit Meiningen in der Verbindung von Theater und nahe gelegenem Schloss und in der großen Bedeutung, die der geschichtliche Hintergrund hat. Aber Coburg hat doch einen ganz anderen Charakter. Ich fühle mich hier sehr aufgehoben und spüre, dass das Theater hier einen großen Stellenwert hat.

Sie sind gerade mal 33 Jahre alt, haben schon den "Rosenkavalier" inszeniert, bringen jetzt "Fidelio" auf die Bühne. Haben Sie die Sorge, dass Ihnen schon in jungen Jahren die Wunschstücke ausgehen könnten?
Nein, überhaupt nicht. Wunschstücke - das ist ja keine Liste, die man einmal schreibt und dann in den Tresor legt. Das Wichtigste ist, neugierig zu bleiben.

Welche Komponisten liegen Ihnen bei Ihrer Arbeit besonders am Herzen?
Beethoven und Strauss. Mein Herz schlägt aber auch für die Operette. Da habe ich überhaupt keine Berührungsängste mit den unterschiedlichen Genres. Und nächstes Jahr inszeniere ich mein erstes Musical - Bernsteins "West Side Story". Es ist schön, sich überraschen zu lassen.



Sie bringen "Fidelio" auf die Bühne des Landestheaters


Premieren-Tipp Ludwig van Beethoven "Fidelio", Sonntag, 18. September, 18 Uhr, Landestheater Coburg

Aufführungen 22., 30. September, 19.30 Uhr, 3. Oktober, 18 Uhr; 12. Oktober, 19.30 Uhr; 16. Oktober, 15 Uhr; 20. Oktober, 19.30 Uhr; 1. November, 18 Uhr; 13. November, 15 Uhr; 19., 30. November, 13. Januar, 19.30 Uhr; außerdem: Einführungs-Matinee Sonntag, 11. September, 11 Uhr, Theater in der Reithalle

Produktionsteam
Musikalische Leitung Roland Kluttig; Inszenierung Rudolf Frey; Bühnenbild und Kostüme Madeleine Boyd; Choreinstudierung Lorenzo Da Rio; Dramaturgie Renate Liedtke

Besetzung Don Fernando Salomón Zulic del Canto/Jiri Rajniš
Don Pizarro Michael Lion
Florestan Roman Payer
Leonore Tünde Szaboki
Rocco Felix Rathgeber
Marzelline Julia Da Rio/Anna Gütter
Jaquino Dirk Mestmacher/David Zimmer

Chor und Extrachor des Landestheaters
Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg

Rudolf Frey 1983 in Salzburg geboren, studierte Rudolf Frey vorerst Theaterwissenschaften an der Universität Wien. Rasch begann er, als Hospitant am Burgtheater Wien, dem Theater in der Josefstadt sowie am Rennaissancetheater Berlin zu arbeiten und wurde schließlich 2004 als Regieassistent mit Festanstellung vom Burgtheater Wien eingestellt. Zusätzliche Assistenzen, parallel zu seiner Festanstellung, führten ihn etwa zur Ruhrtriennale in Essen, sowie zu den Salzburger Festspielen, wo er neben einer Theaterproduktion mit Martin Kušej auch bei Operninszenierungen von David McVicar, Robert Carsen und Andrea Breth assistierte. In dieser Zeit entstanden eigene Inszenierungen . Seit 2007 arbeitet Rudolf Frey als freiberuflicher Regisseur für Schauspiel und Musiktheater an verschiedenen Häusern im deutschsprachigen Raum. So inszenierte er mehrfach am Staatstheater Meiningen, beispielsweise Ibsens "Gespenster" im September 2008, Goethes "Egmont" mit der Bühnenmusik von Beethoven im Februar 2011, Emmerich Kálmáns Erfolgsoperette "Die Csárdásfürstin" im Januar 2012 und Mozarts "Zauberflöte" im November 2012.

Auszeichnung Im März 2013 erhielt er den Kurt-Hübner-Regiepreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für seine Inszenierungen "Geschichten aus dem Wiener Wald" am Schauspielhaus Salzburg und "Die Csárdásfürstin" am Südthüringischen Staatstheater Meiningen.