Mit Gedichten von Frauen faszinierte der Rezitator, Komponist und Liedermacher Oliver Steller einmal mehr bei Cultur im Contakt in Coburg.
Wie oft er schon in Coburg war, kann Oliver Steller wirklich nicht mehr sagen. Jedenfalls tritt der Komponist, Liedermacher, Gitarrist, Sänger und Rezitator bestimmt seit über zehn Jahren bei Cultur im Contakt auf, immer wieder mit neuen Dichter- und Themenprogrammen. Am Sonntag faszinierte er einmal mehr ein beachtliches Publikum, diesmal mit Gedichten von Frauen.
Sein "Spiel der Sinne" reichte vom 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart, vom Aufbegehren der ersten Frau in Deutschland, die von ihren Gedichten leben konnte (und musste), Anna Louisa Karsch (1722 - 1791), bis zur wilden Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), zu Ingeborg Bachmann (1926 - 1973) und Ulla Hahn. Steller ruft nicht nur ausgewählte Gedichte, sondern auch die Schicksale der Dichterinnen auf.
Ob Steller seine Stimme hell oder eher sonor tönen lässt, suggestiv zieht er in die Dichtungen, holt Gehalt herbei, den man allein im stillen Lesen nicht gespürt hätte. Wenn er Gedichte dann gar in seine Musik hinüber geführt hat, mag man sich verlieren in den leisen, träumenden Tönen, in den eingängigen Melodien, auf seiner Gitarre konzentriert und mit präzisester Tongebung begleitet, durchaus aber auch bluesig, jazzig temperamentvoller ausladend.
Kongenialer Mitgestalter der feinen Stimmungen ist Steller bei diesem Gastspiel der wunderbare Klarinettist und Saxofonist Bernd Winterschladen. Zusammen gelingt ihnen ein berührendes "Lied aus Stille", wie Eva Strittmatter in einem Gedicht formulierte. Wenn Winterschladen nicht gerade ganz fürchterlich aufscheuchend die avangardistische, fassungslos liebende Else Lasker-Schüler herbei trötet.
Irgendwann die unvermeidliche Frage: Gibt es eine weibliche Ästhetik? Da kommt Steller mit dem Hohn Ulla Hahns, der Hängearsch, Doppelkinn und Glatze im Morgengrauen erscheinen. Und sie weiß, sie liebt ihn.
Wer der Frage doch noch nachsinnen mag, dem sei Ingeborg Bachmann gegeben: "Ich seh den Salamander durch jedes Feuer gehen. Kein Schauder jagt ihn und es schmerzt in nichts."
Oliver Steller, geboren 1967 in Bonn, studierte Gitarre, Komposition und Gesang am Berklee College of Music in Boston. Als freischaffender Musiker arbeitete er in Boston und Chicago. In dieser Zeit entstanden neben Live-Auftritten unter anderem Aufnahmen mit Tom Coster (Santana), Charmaine Neville, Robert Irving III (Miles Davis) und Louisiana Red. Zudem trat er mit weiteren Stars auf. Zurück in Deutschland traf er auf Lutz Görner, mit dem er mehrere Jahre zusammen Werke von Tucholsky, Else Lasker-Schüler, Goethe und Brecht bearbeitete. Im Jahr 2000 erhielt Oliver Steller den Preis der deutschen Schallplattenkritik für seine Kinderprogramme. Seit 2005 begleiten Dietmar Fuhr am Kontrabass und Bernd Winterschladen (Saxofon) Oliver Steller auf seinen unermüdlichen Deutschlandtourneen.