Eine Absage des Bürgerentscheides zum Flugplatz Coburg wäre erlaubt, steht jedoch nicht zur Diskussion.
ie wäre eine völlig überraschende Angelegenheit, aber rechtlich wirklich möglich: die Absage des Bürgerentscheides über den Verbleib des Landkreises Coburg in der Projektgesellschaft für den Neubau eines Verkehrslandeplatzes. Diese rechtliche Einschätzung hat die Regierung von Oberfranken in Person von Pressesprecher Oliver Hempfling auf Tageblatt-Nachfrage abgegeben.
Hintergrund: Der Vorstand der CSU Coburg-Land hat Anfang April eine Resolution verabschiedet, in der die Organisatoren des Bürgerentscheides dazu aufgefordert werden, ihr Vorhaben abzublasen - unter anderem, meint die CSU, um dem Landkreis die Ausgaben für den Entscheid in Höhe von 100 000 Euro zu ersparen.
Oft scheint es so eine Absage im Freistaat Bayern aber noch nicht gegeben zu haben, wie aus der Stellungnahme der Regierung von Oberfranken deutlich wird. Die Zulässigkeit der Absage eines Bürgerentscheids sei schwierig zu beantworten, schreibt Hempfling. Das liegt insbesondere daran, dass ein solcher Fall gesetzlich nicht geregelt ist und es konkret dazu keine der Regierung von Oberfranken bekannte Rechtsprechung gibt. "Die Einzelheiten sind daher sehr umstritten", erklärt der Pressesprecher.
Grundsätzlich scheint es schon so zu sein, dass die dass die Rücknahme eines eingereichten Antrages auf Durchführung eines Bürgerentscheids zulässig sein dürfte. Zuständig dafür wären die "vertretungsberechtigten Personen" - im aktuellen Fall Angela Ambros (Lautertal), Heidi Rädlein (Neustadt) und Simone Wohnig (Bad Rodach). Nach Erkenntnissen der Regierung sind die Damen dazu ermächtigt, das Bürgerbegehren bis zum Zeitpunkt der Verschickung der Abstimmungsunterlagen gemeinschaftlich zurück zu nehmen.
Da liegen die Juristen der Regierung richtig, denn genau diese Formulierung steht auch am Ende des Titelblattes der Eintragungslisten, die Ende 2014/Anfang 2015 im Landkreis ausgelegt waren. Getroffen werden müsste die Entscheidung zu einer Absage auf jeden Fall einstimmig.
Wohnig sagt: "Unsinn!"
Andere Aspekte, die nach dem CSU-Vorstoß diskutiert werden, sind dagegen rechtlich sehr strittig. Dazu gehört auch die Frage, bis wann eigentlich so ein Bürgerbegehren zurückgenommen werden könnte. Aus dem Jahr 1995 gibt es dazu einen "Vollzugshinweis", wonach - bei einer auf der Unterschriftenliste enthaltenen Ermächtigung - die Rücknahme eines Bürgerbegehren bis zum Tag vor dem Bürgerentscheid zulässig ist.
Dazu wird es im Landkreis Coburg aber nicht kommen. Für Simone Wohnig wäre ein Rückzieher "völliger Unsinn", wie sie auf Nachfrage versicherte. Es gebe keinerlei Überlegungen in die Richtung, das Bürgerbegehren abzusagen. Ohnehin stößt die Argumentation des CSU-Kreisvorstandes bei den Initiatoren des Bürgerbegehrens auf Verwunderung: Wenn der Landkreis schon Geld sparen wolle, dann könne er es gerne über einen Ausstieg aus der Projektgesellschaft und einen Verzicht auf den Anteil an den Finanzierungskosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro tun, sagte Wohnig. Ein dahingehender Antrag der ÖDP- und Grünen-Kreisräte habe ja vorgelegen...
Es zählt der Bürgerwille
Grundsätzlich beschäftigt sich Simone Wohnig sowieso nicht groß mit der Resolution. Wenn sie nicht aus dem Tageblatt vom CSU-Vorstoß gelesen hätte, wäre es für gar überhaupt kein Thema - denn: "Mit uns hat niemand von der CSU gesprochen, geschweige denn die Bitte auf Rücknahme des Bürgerbegehrens geäußert." Insofern sehe sie gar keine Notwendigkeit, auf diesen Vorstoß überhaupt zu reagieren. Immerhin sei es ja auch so, dass im Rahmen des Bürgerbegehrens knapp 10 000 Menschen aus dem Landkreis mit ihrer Unterschrift ein klares Signal gegen einen Flugplatz auf Landkreisgebiet setzen. "Es ist der Wille der Bürger", sagt Wohnig deshalb zum Bürgerentscheid, dessen Absage für sie "nicht im Geringsten" zur Diskussion steht.
Was ist das für eine schwachsinnige Diskussion. Nur weil irgendein Kreisvorstand mit dem "Juristen" Heike an der Spitze einen karnevalistischen Vorschlag macht, braucht man sich doch nicht darauf einzulassen. Und - Herr Lagerregal - vermutlich wäre der Widerstand in allen Landkreisteilen so hoch wie im westlichen Bereich, wenn der VLP dort geplant würde. Aber leider gilt auch bei uns das Floriansprinzip. Am Ende sprechen Gerichte und ich lege mich fest: Es wird keinen VLP in Neida geben!
Bisher ist es eben nicht "der Wille der Bürger", wie Wohnig einfach mal so behauptet, sondern der Wille von nicht einmal 12% der Bürger im Landkreis. Bekanntlich kamen bei ca. 87.000 Landkreisbewohnern ja lediglich 9.677 gültige Unterschriften im Rahmen des Bürgerbegehrens zusammen. Wobei ich ihr aber Recht geben muss: Eine Absage des Bürgerentscheids wäre schwachsinnig. Wer meint, im Juni mit "nein" stimmen zu müssen, weil er denkt, einen Flugplatz verhindern zu können, obwohl es beim Entscheid genaugenommen lediglich um einen Finanzierungsanteil von 5% geht (den Staat, Stadt und Unternehmen leicht kompensieren können), ist doch selbst schuld. Dann sollte man sich aber am Ende auch nicht beklagen, wenn der Landkreis kein Mitspracherecht mehr hat. Und konsequenterweise sollte man dann auch darauf verzichten, die Infrastruktur Coburgs zu nutzen - als Arbeitnehmer hieße das dann beispielsweise, seinen Job zu kündigen, wenn man bei einem der Unternehmen angestellt ist, das den Flugplatz als Standortvorteil benötigt.