Ein Mahl für Leib und Seele und nur für Frauen in Mönchröden

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Dorothea Greiner referiert beim Frauenmahl in Mönchröden.Foto: Gabi Bertram
Dorothea Greiner referiert beim Frauenmahl in Mönchröden.Foto: Gabi Bertram
Anregende Vorträge hören, mit vorher fremden Frauen diskutieren und dazu stilvoll speisen: Dazu hatten über 60 ausschließlich weibliche Gäste am vergangenen Freitag die Gelegenheit, auf Einladung der Evangelischen Bürgerstiftung "Leben und Weitergeben". Im Refektorium des ehemaligen Benediktinerklosters Mönchröden, das heute als Evangelisches Gemeindehaus genutzt wird, fand dieses erste Frauenmahl im Kirchenkreis Bayreuth statt. Als Schirmherrin hielt Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner (B...
Anregende Vorträge hören, mit vorher fremden Frauen diskutieren und dazu stilvoll speisen: Dazu hatten über 60 ausschließlich weibliche Gäste am vergangenen Freitag die Gelegenheit, auf Einladung ...
Anregende Vorträge hören, mit vorher fremden Frauen diskutieren und dazu stilvoll speisen: Dazu hatten über 60 ausschließlich weibliche Gäste am vergangenen Freitag die Gelegenheit, auf Einladung der Evangelischen Bürgerstiftung "Leben und Weitergeben". Im Refektorium des ehemaligen Benediktinerklosters Mönchröden, das heute als Evangelisches Gemeindehaus genutzt wird, fand dieses erste Frauenmahl im Kirchenkreis Bayreuth statt. Als Schirmherrin hielt Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner (B...
 

Es ging um Gleichberechtigung, kulturelle Gemeinsamkeiten und Solidarität unter Frauen bei einem Abend nur für Frauen in Mönchröden.

Gelungene Premiere: Erstmals trafen sich in der Region Coburg ausschließlich weibliche Gäste zu einem Mahl, das sich am Vorbild der Wittenberger Tischreden Martin Luthers orientierte. Auf Einladung der evangelischen Bürgerstiftung "Leben und Weitergeben" kamen am vergangenen Freitag über 60 Frauen im ehemaligen Kloster Mönchröden zusammen, um gemeinsam zu speisen und sich darüber auszutauschen, wie Geschlechtsgenossinnen weltweit die Gesellschaft verändern.

Fünf Kurzreferate lieferten den Teilnehmerinnen an acht Tischen zwischen fünf leichten, vom Coburger "Kräutergarten" servierten Gängen reichlich Gesprächsstoff: Regionalbischöfin Dorothea Greiner, die Tansanierin Aneth Lvakatare, die Muslima Güliz Celik, die Pfarrerin und Ex-Katholikin Hedwig Porsch sowie Andrea König vom Frauenwerk in Stein schilderten teils autobiografische Erfahrungen, teils berichteten sie von weiblichen Vorbildern in
der (Kirchen-)Geschichte. Als roter Faden aller Beiträge diente das Motto der Lutherdekade: "Reformation und die Eine Welt".


Schülke: Im Leben Glaube, Liebe und Hoffnung lebendig werden lassen

Diese "Eine Welt" liegt Initiatorin Heidi Schülke besonders am Herzen, wie sie betonte. "Wir möchten Menschen ermutigen in ihrem Leben Glaube, Liebe und Hoffnung lebendig werden zu lassen und so Lösungen für persönliche und gesellschaftliche Probleme zu finden", erläuterte die Stiftungsvorsitzende die Intention des Abends.
Wie sehr Luther bereits den Weg für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ebnete, schilderte Dorothea Greiner. Auch wenn er die patriarchale Vorrangstellung des Mannes nicht brechen konnte, so habe dieser betont, dass - unabhängig von gesellschaftlichem Stand und Geschlecht - "treue Arbeit" gleich viel wert sei und der Himmel "allein durch Christus" beiden Geschlechtern gleichermaßen offenstehe. Dazu habe Luther die Mädchenbildung vorangetrieben.

Die Schirmherrin der Veranstaltung zitierte aus einer Predigt, in der der Reformator der Arbeit des gelehrten Kirchenvaters Paphnutius die gleiche Bedeutung zumaß wie der Arbeit einer Frau in Haushalt und Familie. Mitnichten habe er damit die Frauen in den Haushalt verbannt, sei deren Führung doch nicht selten der Leitung eines kleineren Unternehmens gleichgekommen.


"Herr Käthe"

Obwohl Luthers Ehefrau Katharina von Bora die Arbeit von 50 Bediensteten zu organisieren hatte, habe er sich nicht eingemischt, sondern sie vielmehr scherzhalft als "Herr Käthe" bezeichnet. Zwar sei es im Zeitalter der Reformation trotz dieser Ansätze nicht gelungen, die Grundeinstellungen in der Gesellschaft zu überwinden. "Trotzdem verdanken wir den Reformatoren und Reformatorinnen wichtige Impulse", lautete das Fazit der Regionalbischöfin. "Ich wusste gar nicht, dass Gleichberechtigung bereits bei Luther so ein Thema war", zeigte sich Andrea Stier überrascht. Wie ihre Freundin Annette Weber war die Seidmannsdorferin in erster Linie gekommen, um Dorothea Greiner zu hören.

"Wir sollten in Deutschland stolz darauf sein, welche Rolle Frauen in der Gesellschaft spielen und was sie erreicht haben", sagte Aneth Lvakatare. In ihrer Heimat Tansania seien Frauen zwar "die eigentlichen Macherinnen", trotzdem "werden sie oft als Objekte, nur als Arbeiterin und als Mutter, angesehen". Gerade muslimische Frauen blieben oft ungebildet und würden dann zum Beispiel bei der Beschneidung "vom Opfer zur Täterin", bedauerte die Juristin. Eine Investition in die Ausbildung der Mädchen betrachteten die Eltern als unnötig, da die Töchter nach der Heirat nicht mehr zur Familie gehörten. Ungebildet und schlecht bezahlt, dazu sozial nicht abgesichert, tappten viele Frauen in die "Kinderfalle". "Sie meinen - fälschlicherweise - mit vielen Kindern mehr wert und im Alter besser versorgt zu sein", so die Menschenrechtsreferentin von "Mission EineWelt".


In Coburg aufgewachsen - und dennoch für eine Migrantin gehalten

Von ihrer Rolle als muslimische Frau in der hiesigen Gesellschaft berichtete Güliz Celik. Jahrelang führte die Coburger Architektin, die in Istanbul geboren und in Coburg aufgewachsen ist, ein Doppelleben: "Ich wollte zu beiden Welten gehören, beiden Seiten gerecht werden, doch das ging nur, wenn ich mich verbog." Dabei sieht sich Celik weder als Deutsche noch als Türkin. Heute lebe sie in beiden Nationen und kenne sich auch in beiden Religionen aus. Gerade weil sie sich integriert, hier Abitur abgelegt und studiert hat, schmerzt es Celik umso mehr, dass sie immer wieder als Migrantin angesehen und ihr die Zugehörigkeit zu einer bildungsfernen Schicht unterstellt wird. Auch für Celik ist gerade für Frauen die Bildung "das A und O", um die notwendige Selbstständigkeit erlangen zu können. Ferner wünscht sie sich mehr Solidarität: "Jede Frau sollte für sich den eigenen Weg finden, aber auch andere dabei unterstützen."

Heidi Schülke schloss sich Celiks Meinung an und forderte die Teilnehmerinnen dazu auf, Frauen ohne Vorurteile zu begegnen: "Unsere Weise ist nicht die einzige Art glücklich zu werden."


Hedwig Porsch ging einen außergewöhnlichen Weg

Hedwig Porsch schilderte ihren schwierigen Weg von der katholischen zur evangelischen Kirche, den sie nach ihrer Promotion über "Homosexualität in der christlichen Theologie" und dem Bekenntnis zu ihrer Lebenspartnerin beschritt. Ihre Erfahrungen mit beiden Kirchen und dem Freistaat Bayern fasste sie zu drei Thesen zusammen. Die erste lautete, die rigiden Regeln der Institutionen geschickt für die eigenen Interessen zu nutzen. "Lass Dich nicht verbiegen, bleibe ehrlich und authentisch", so ihr zweiter Rat. Drittens empfahl die neue Pfarrerin der Coburger Heilig-Kreuz-Gemeinde, notfalls Öffentlichkeit zu schaffen, Verbündete zu suchen, aber dem Gegenüber zu ermöglichen "das Gesicht zu wahren". So schaffte es Porsch als erste ehemalige Pastoralreferentin, als evangelische Pfarrerin angestellt zu werden. Um als Frau erfolgreich zu sein, habe sie drei Dinge erst lernen müssen: ein Netzwerk aufzubauen, mit den eigenen Leistungen zu prahlen und das typische Klischee der "immer lieben, einfühlsamen Frau" abzulegen.

Zum Erlebnisdinner geriet der Abend, als während des Vortrags von Andrea König ein heftiges Gewitter in Rödental niederging und der Strom für zehn Minuten ausfiel. "Frauen, die die Welt verändern, gab es zu allen Zeiten", fuhr die Leiterin der Fachstelle für Frauenarbeit in Stein unbeirrt fort. Als ein Beispiel nannte König die bayerische Reformatorin Argula von Grumbach, die 1523 Gelehrte zum öffentlichen Diskurs aufforderte und Flugschriften verfasste. Frauen wie sie zeigten: "Wir können vieles, wenn wir nur wollen." Allerdings würden bereits erkämpfte Rechte heute wieder beschnitten. So seien Frauen häufiger Opfer von Gewalt, würden bedroht und in den Niedriglohnsektor gedrängt, während es ihnen an Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe mangele. Obwohl die Hälfte der Weltbevölkerung weiblich sei, werde Frauen nur ein Zehntel bis ein Drittel an Macht und Einfluss zuteil. "Wir brauchen weibliche Vorbilder, die vorangehen und das Rüstzeug haben, die großen Fragen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu lösen", meinte die Theologin.


Vielfältige Frauen

"Wir Frauen müssten uns mehr verbinden." Diese Erkenntnis nahm Gabriele Lehrke-Neidhardt von dem Abend mit. Gerade die drei Thesen von Hedwig Porsch müsse sich das weibliche Geschlecht auf die Fahnen schreiben, fügte die Coburger Diakonin hinzu. Andere Teilnehmerinnen sprachen von wichtigen Denkanstößen. Gisela Böhnel (Rödental) bezeichnete den Abend als "tolle Bereicherung". Für Mit-Organisatorin Hildegard Mogalle zeigte die Mischung der Referentinnen, "wie vielfältig Frauen sein können". Angela Sorge (Coburg) entdeckte viele Gemeinsamkeiten, trotz der kulturellen Unterschiede: "Auch in Deutschland müssen wir Frauen noch kämpfen", sagte sie. "Das Wissen ist bei uns vorhanden, aber an der Umsetzung hapert es noch", pflichtete ihr die 28-jährige Stefanie Zeuner bei.

Wie die Regionalbischöfin bestätigte, handelte es sich bei dem Frauenmahl um das erste im gesamten Kirchenkreis Bayreuth. Dorothea Greiner zeigte sich ebenfalls begeistert von dem Abend: "Dieses Profil werde ich auch andernorts empfehlen."


Evangelische Bürgerstiftung "Leben und Weitergeben"

Die Bürgerstiftung hat es sich zum Ziel gesetzt "das evangelische Leben in ihren Gemeinden und in der Stadt Coburg zu fördern und zu sichern". Dazu unterstützt die Stiftung gemeinnützige und kirchliche Arbeit in 14 evangelische Kirchengemeinden des Dekanats Coburg, insbesondere bietet sie finanzielle Hilfe bei kostspieligen Projekten. In Zeiten verminderter Geldmittel und wachsender Anforderungen werden des weiteren Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu mündigen Erwachsenen begleitet, Senioren eine möglichst lange Eigenständigkeit ermöglicht, Menschen in Krisensituationen betreut und ehrenamtliche Mitarbeiter in den Gemeinden ausgebildet und gefördert.