Coburger seit drei Jahren im Gefängnis in Dubai: Rettet ihn der Hungerstreik?

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In so einer Zelle sitzt Dieter Kellouche mit 23 anderen Häftlingen. Foto: Matthias Hoch
In so einer Zelle sitzt Dieter Kellouche mit 23 anderen Häftlingen.  Foto: Matthias Hoch
Dieter und seine Frau Foto: Privat
Dieter und seine Frau Foto: Privat
 

Der Coburger Dieter Kellouche sitzt nach einem Schau-Prozess in Dubai in lebenslanger Haft. Unsere Redaktion konnte mit ihm telefonieren.

Die Verbindung ist erstaunlich gut. Man hört im Hintergrund Stimmen. Viele. Sie sprechen arabisch. Dieter Kellouche braucht immer ein paar Sekunden, bis er die Frage hört und antworten kann. Der Coburger sitzt seit drei Jahren in Dubai im Gefängnis, weil er angeblich die Geldbörse eines Scheichs gestohlen haben soll. Das Urteil: lebenslänglich. Unsere Zeitung berichtete exklusiv. Jetzt konnten unsere Redakteure direkt per Messenger mit ihm sprechen.

Sie sind seit rund einer Woche im Hungerstreik. Wie fühlen Sie sich?

Dieter Kellouche: Schwach natürlich. Wenn wir unsere Tüte mit dem Essen im Speisesaal bekommen, stelle ich sie vor die Tür des Wachbüros. Die Wachen wissen mittlerweile Bescheid, dass ich im Hungerstreik bin. Ich trinke nur Wasser und nehme Vitamine, die mir die Krankenpfleger geben. Aber mittlerweile spüre ich den Hunger nicht mehr. Das war in den ersten Tagen hart mit dem Hungern, aber jetzt ist das Gefühl weggegangen. Das macht es einfacher.

Wie lange wollen Sie im Hungerstreik bleiben?

Ich hoffe, das noch ein paar Tage durchzuhalten. Das ist meine letzte Hoffnung, dass ich damit etwas erreiche. Mir werden hier seit eineinhalb Jahren viele selbstverständliche Dinge verwehrt. Ich habe Probleme mit den Augen, aber ich darf nicht zum Arzt. Immer wenn ich nachfrage, sagt man mir "Wir arbeiten daran". Das ist hier die Standardantwort.

Was wurde Ihnen denn noch verweigert?

(Denkt nach) Ähm, ich weiß nicht, was das alles war. Aber es waren mehrere Sachen. Ich hab mir das auf eine Liste geschrieben... Ich habe Probleme, mir Sachen zu merken... Ach ja! In die Bücherei darf ich auch nicht, zum Beispiel.

Wie sind denn die Haftbedingungen?

Wir sind mit 24 Leuten in einer Zelle. Es gibt zwei Toiletten. Aber keine Fenster. Seit drei Jahren habe ich die Sonne nicht gesehen, keine frische Luft bekommen. Es gibt nur elektrisches Licht, aber das ist auch 16 Stunden am Tag aus. Nur im Flur brennt es immer. Und hier drin ist es immer kalt. Nur ein Fernseher ist die ganze Zeit an. Aber da laufen auch immer nur Wiederholungen.

Sie haben, außer zum Speisesaal, keinen Ausgang?

Nein. Wir sind immer in unserem Raum. Meistens liegt man nur auf seinem Bett. Ich kann mich auch nur mit Wenigen verständigen. Jetzt gerade ist ein Engländer hier, mit dem kann ich ein bisschen reden. Ansonsten habe ich wenig Kontakt. Ich sitze nur ein - zusammen mit Vergewaltigern und Mördern.

Können Sie Besuch empfangen?

Seit März nicht mehr, wegen Corona. Davor bekam ich einmal im Jahr Besuch vom Konsulat.

Und ein Anwalt?

Mir wurden drei Anwälte zugeteilt im Laufe der Zeit. Aber alle kamen aus den Emiraten. Die helfen nicht weiter. Die sind loyal ihrem Land gegenüber. Da ist es besser, du hast hier keinen Anwalt.

Konnte Ihre Familie Sie denn besuchen, seit Sie hier sind?

Nein. Meine Familie hatte zwar sogar Kontakt zu dem Mann, mit dem ich Probleme habe. (Kellouche nennt den Namen des Scheichs am Telefon nicht.) Aber da wurde gedroht, dass jemand, der mich besucht, auch in Haft käme.

Wieso haben Sie bei all den Beschränkungen ein Mobiltelefon? Wir reden ja gerade.

Das habe ich nicht. Ich wähle hier am Telefon für die Häftlinge die Nummer von jemandem, den ich kenne. Der stellt über WhatsApp Kontakt nach draußen her. So wie jetzt bei Ihnen.

Ihre Frau lebt in China. Können Sie mit ihr telefonieren?

Ja. Sie ist sehr deprimiert. Sie kriegt es auch im Moment nicht hin, zu arbeiten. Wir reden am Telefon dann über kleinere Probleme, die wir beide gerade haben. Ich sage ihr, sie soll auf mich warten. Ich käme bald raus. Aber manchmal sagt sie auch, sie will sich scheiden lassen.

Haben Sie denn noch Hoffnung?

Naja... Ich hoffe, dass der Hungerstreik ein Ergebnis hat. Das ist aber irgendwie auch die letzte Hoffnung, dass etwas passiert. Das ist ja das, was einen zermürbt: Dass es im Laufe der Zeit immer wieder kleine Dinge gibt, oder Aussagen von irgendwem, so kleine Sachen, die einem wieder Hoffnung machen, dass etwas passiert. Und es macht es dann immer schwerer, wenn nichts passiert. Aber jetzt, wo ich die Nahrung verweigere... ich hoffe sehr, dass da etwas passiert. Es ist schon alles sehr deprimierend. Ich bin am Ende...

Ist denn die Versorgung mit täglichen Dingen wenigstens geregelt?

Ja. Wenn man Geld hat. Zahnbürste, Zahnpasta, Seife - an all das kommt man nur, wenn man Geld hat. Sonst bekommt man nichts. Das wird hier von den Insassen untereinander selbst geregelt.

Haben Sie denn Geld?

Manchmal. Mein Bruder hat mir hin und wieder etwas schicken können. Im Moment habe ich aber kein Geld für eine Zahnbürste oder so etwas. Aber ist ja zur Zeit nicht so dramatisch - ich esse ja gerade nichts. (Er lacht ganz leise.)

Es knackt in der Leitung. Die Stimmen im Hintergrund werden lauter, die Verbindung schlechter.

Hören Sie uns noch, Herr Kellouche?

Ähm... ich muss jetzt aufhören zu telefonieren. Ich rufe Sie aber wieder an...