Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha wird am 21. März 75 Jahre alt. Doch er hält sich nicht damit auf, nur zurückzublicken. Er schaut nach vorn.
Er nimmt immer noch Anteil, sei es an der Stadtpolitik, oder an der großen. US-Präsident Trump zum Beispiel, "der ist für mich untragbar. Aber meine Schwester findet ihn gut, weil er Jobs versprochen hat." Prinz Andreas, wie ihn die Coburger meist nennen, ist in den USA aufgewachsen. Sein Stiefvater, Richard Whitten, hatte mit Viktoria-Luise von Solms-Baruth drei weitere Kinder. Zu seiner Schwester Vicky Beveridge hat Prinz Andreas heute noch intensiven Kontakt, und er versteht auch, was sie an Trump gut findet.
Aber Andreas, 1965 endgültig nach Deutschland übergesiedelt, fühlt sich längst als Europäer. "Trump kommt mir vor wie ein Cowboy mit dem Finger am Abzug." Ein gewisses Verständnis habe er noch eher für den russischem Machthaber Putin, sagt Prinz Andreas. Der wolle Russland zu früherer Macht und Größe zurückführen. "Die Nato steht vor seiner Haustür. Putin hat aber wenigstens ein Verständnis für Kultur."
Kultur ist ein Schlüsselwort, nicht nur, weil Prinz Andreas auch lange Zeit Chef der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha'schen Stiftungen war. In dieser Funktion führte er zur Jahrtausendwende eine Einigung mit dem Freistaat Thüringen herbei. Darin ging es zum einen um das Gothaer Stammschloss Schloss Friedenstein mit den Kunstschätzen darin (früher im Besitz der sogenannten Kunststiftung), zum anderen um Waldbesitz, der einst der sogenannten Familienstiftung gehört hatte. Beide Stiftungen waren nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Militäradministration enteignet worden. Im Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR 1990 war festgelegt, dass diese Enteignungen nicht rückgängig gemacht werden dürften. Doch die Stiftungen argumentierten, dass sie zu diesem Zeitpunkt schon mehrheitlich international waren - und somit gar nicht enteignet werden konnten, da die Beschlüsse der Militäradministration nur deutsche Eigentümer betrafen.
"Sein Wort war so viel wert wie ein notarieller Vertrag"Prinz Andreas verließ sich aber nicht auf langwierige juristische Auseinandersetzungen, sondern verhandelte mit dem damals zuständigen Staatssekretär Jürgen Aretz. Dieser, heute längst im Ruhestand und in Bonn lebend, kann sich noch gut erinnern: "Prinz Andreas erwies sich als verlässlicher und redlicher Verhandlungspartner; sein Wort galt und war so viel wert wie ein notarieller Vertrag. Er stellte materielle Forderungen hinter eine ganz besondere Erwartung zurück: Seine Familie, sein Haus sollte auch wieder eine positive Beziehung zu Thüringen entwickeln können, der Heimat seiner Vorväter. Das ist ihm in den Verhandlungen durch seine menschlich sympathische, unprätentiöse und großzügige Haltung gelungen. Wir haben einen Vertrag geschlossen, in dem Prinz Andreas in materieller Hinsicht manches zugestanden hat."
Am Ende verzichtete die Kunststiftung auf Schloss Friedenstein mit den Kunstschätzen darin (alles wurde in die neue Stiftung Schloss Friedenstein eingebracht), aber die Stiftung der Sachsen-Coburg und Gotha'schen Familie erhielt 7000 Hektar Wald zurück. 2000 Hektar und das Forsthaus Tabarz hatte Prinz Andreas schon 1996 privat gekauft - eine Entscheidung, die sich nach dem Verhandlungsergebnis als vorausschauend erwies, denn nun stand für die Bewirtschaftung der Flächen das passende Gebäude zur Verfügung.
"Ich bin der Meinung, dass die Kunst der Bevölkerung gehört", sagt Prinz Andreas. "Klar sein muss, von wem sie stammt." Die meisten Kunstwerke auf Schloss Friedenstein habe Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772 - 1822) der Sammlung hinzugefügt. Die Coburger kamen 1826 infolge der Heirat von Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld mit Luise Sachsen-Gotha-Altenburg an den Besitz.
Bücher über die FamiliengeschichteAus späterer Zeit stammt ein Gemälde, das inzwischen als Gothaer Leihgabe in Schloss Callenberg hängt. Es zeigt den letzten regierenden Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha im Schottenrock. "Zusammenwachsen funktioniert nur über Kultur", findet Prinz Andreas.
Schloss Callenberg ist nun seit 1982 wieder im Besitz der Familienstiftung, nachdem es 1972 verkauft worden war. Über Jahre hinweg wurde es saniert und beherbergte 1997 die bayerische Landesausstellung "Ein Herzogtum und viele Kronen".
Die Geschäftsführung der Familienstiftung hat der nun bald 75-Jährige schon 2012 an seinen Sohn Erbprinz Hubertus abgegeben. Weil es ihm aber nicht genügte, nur noch Ratgeber zu sein, suchte sich der Chef des Hauses ein neues Betätigungsfeld, befasste sich mit der (jüngeren) Familiengeschichte und veröffentlichte seine Biographie. Zeitgleich erschienen einige Bücher, die sich mit dem Leben des letzten Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha, Carl Eduard, befassten. Auch Prinz Andreas bringt nun ein Buch über seinen Großvater heraus, der zweifelhafte Berühmtheit dadurch erlangte, dass er sehr früh ein offener Förderer Adolf Hitlers war und sich von diesem zum Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes machen ließ. Der Text des Buches stammt von Prinz Andreas' Vater, Prinz Friedrich Josias.
Und er hat noch Ideen für weitere Buchprojekte: Selbst an Parkinson erkrankt, will Prinz Andreas anderen Mut machen, weiterhin am Leben teilzuhaben und sich nicht zurückzuziehen. Er selbst macht es vor - dreht Runden auf dem Elektrorad, geht zweimal in der Woche zur Logopädie. Kurz vor seinem 70. Geburtstag hatte er eine Blutvergiftung erlitten, die ihn beinah das Leben gekostet hätte. Damals habe er viel Glück gehabt, sagt er selbst, und "man muss alles machen, was irgendwie hilft".
Hochzeit in Gotha
Er sei dankbar, dass er die deutsche Wiedervereinigung miterleben durfte, sagt er, und froh, dass es gelungen sei, ein gutes Verhältnis zu den Thüringern aufzubauen, die anfangs misstrauisch auf seine Bestrebungen blickten, Wald zurückzuerhalten. Um die guten Verbindungen zu stärken, wird Prinzessin Stephanie im Sommer standesamtlich in Gotha heiraten - auch, weil ihre Tante Sibylla, die Mutter des schwedischen Königs Carl XVI. Gustaf, dort geboren ist.
Bei allem Bewusstsein für das Vergangene schaut Prinz Andreas nach vorn, immer noch wach für aktuelle Entwicklungen. "Man merkt am Körper, dass man alt geworden ist. Aber man fühlt sich nicht so!" Für ihn muss es immer noch das neueste I-Phone sein, und sein Faible für schnelle Autos pflegt er wie früher, wenn er auch nicht mehr selbst fahren darf aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen.