"Unter aller Sau": Toiletten-Chaos bei Coburger Festival - Veranstalter hat außergewöhnliche Erklärung

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Stimmung und Musik seien gut gewesen, Toiletten und Getränkeverkauf "unter aller Sau": Eine Festival-Besucherin bei Exit:Veste in Coburg erhielt viel Zustimmung zu ihrer Kritik.
Coburg: Festivalbesucherin erlebt bei Exit:Veste massives Toiletten- und Getränkechaos - "unter aller Sau"
Collage inFranken.de: Exit:family ; kueckhovener/Pixabay

Eine Besucherin des Exit:Veste-Festivals in Coburg am vergangenen Samstag (28. Mai 2022) hat mit einer Beschwerde über ein erlebtes Toiletten- und Getränkechaos viel Zustimmung erhalten. Der Veranstalter gesteht Fehler ein.

  • Coburg: Besucherin beklagt Toiletten- und Getränkechaos bei Exit:Veste-Festival
  • "Unter aller Sau":  Kritik an zu wenigen Dixi-Klos - bis zu 45 Minuten Wartezeit auf Getränk
  • Außergewöhnliche Erklärung: Organisatoren hatten nicht mit "Trinkfreudigkeit" gerechnet
  • "Ganz klar nicht der Fall": Veranstalter dementiert Probleme mit Getränkemarken

2000 Menschen lockte am vergangenen Samstag (28. Mai 2022) das Electro-Festival "Exit-Veste" in die Burganlage der Veste Coburg. Die Veranstalter hatten mit zehn Stunden Musik von Stars der Szene wie Felix Kröcher und Pappenheimer in einer ungewöhnlichen Kulisse geworben. "Gute Musik, super Stimmung", fand auch Besucherin Bine Pfadenhauer. Doch die Toiletten und die Getränkebeschaffung seien eine "absolute Katastrophe" gewesen, wie sie in einem Facebook-Post schreibt, der auf viel Zustimmung stieß. 

"Unter aller Sau": Besucherin von Festival in Coburg muss 45 Minuten auf freie Toilette warten 

"Auf der einen Seite gab es Pissoirs für die Männer. Allerdings war es so, dass sich natürlich auch Männer an den Dixi-Klos angestellt haben", erzählt die 42-Jährige gegenüber inFranken.de. Sie schätzt die Anzahl der mobilen Toiletten auf 15 Stück - "viel zu wenig für 2000 Leute", findet sie. Im späteren Verlauf des Tages-Festivals habe man mehrere Dixi-Klos "kaum ohne Würgreiz" benutzen können, so die Festival-Liebhaberin. "Einige sind ausgefallen, weil sie zum Teil vollgekotzt waren." So habe die Wartezeit an den Toiletten im Schnitt rund 45 Minuten betragen. 

Es sei klar, dass man hier "keinen Hotelstandard" erwarten dürfen. "Aber das war wirklich unter aller Sau. Ich verstehe die Veranstalter nicht, ich bin auf vielen Festivals unterwegs und die bauen da eigentlich meistens richtige Container hin", so die Besucherin. Eine zweite Sache, die ihr und ihrer Freundesgruppe negativ im Gedächtnis geblieben sei: Die Getränkebeschaffung. "Man hat am Anfang Geld gegen Getränkemarken in Form von Papierbons getauscht, einer war einen Euro wert." Das habe wiederum zu Chaos an der Bar geführt. 

"Es war eine Riesenrechnerei, die armen Mitarbeiter", so Pfadenhauer. Eine Barkeeperin habe ihr gegenüber geäußert, sie arbeite "nie wieder bei diesem Festival", erzählt die Coburgerin. "Man muss sich überlegen, einer holt sechs Bier für seine Kumpels, das sind dann dutzende Papierbons, die abgezählt werden müssen. Mal abgesehen davon, dass man gar nicht weiß, wo man die alle verstauen soll. Und wenn man sich verrechnet und zu wenige dabei hat, muss man sich wieder anstellen. Das ist doch Wahnsinn." 

"In Coburg hatten wir es mit einer Anomalie zu tun": Festival habe an anderen Orten so funktioniert

Weil man die Bons nur in Zehner-Packs habe kaufen können, seien am Ende noch Marken übrig geblieben. "Ein Freund von mir meinte dann, man kann die nicht wieder zurücktauschen. Ob das wirklich so war, kann ich aber nicht sicher bestätigen", so die Coburgerin. Unter ihrem Facebook-Post finden sich viele Besucher und Besucherinnen, die die Eindrücke der Festival-Besucherin bestätigen. "Stimme ich zu 1000 Prozent zu", schreibt etwa eine von ihnen. "On Point! Danke", eine andere. David Schiemann von der verantwortlichen Veranstaltungsagentur AC2B aus Würzburg bestreitet die Probleme nicht, liefert dafür aber auch eine ungewöhnliche Erklärung.

"Die Gäste/Toiletten Ratio ist auf allen Exit-Events gleich und hat bisher immer funktioniert. In Coburg hatten wir es mit einer Anomalie zu tun", so Schiemann auf Anfrage von inFranken.de. Neben 32 Pissoirs habe es "14 Dixies sowie eine Handicap-Toilette" gegeben, dies sei "eigentlich ein sehr gesundes Verhältnis". Doch: "Die außerordentlich hohe Trinkfreudigkeit der Besucher hat den Bedarf drastisch erhöht. Für uns eine untypische Erfahrung", erklärt Schiemann. Man habe in Coburg versucht, "durch gezieltes Umlenken männlicher Gäste auf die Urinalstände die Situation zu entspannen". Je nach Festivalgröße würden auch Zwischenreinigungen durchgeführt, feste sanitäre Anlagen böten aber "einen anderen Zustand". 

Derart lange Wartezeiten sollten aus seiner Sicht "natürlich nicht vorkommen", man wolle sich "intern im Laufe der Woche besprechen, um hier eine bessere Lösung für die nächsten Events zu finden". Ihm sei klar: "Mehr Toilettenmöglichkeiten müssen her", so der Projektleiter. "Aufgrund der Besonderheiten des Veranstaltungsortes ist eine Lösung über Toilettenwägen sowohl von der Infrastruktur, als auch der Logistik her nicht realisierbar", merkt er gleichzeitig an. Containerlösungen seien ein "vielfaches teurer", das merkten dann auch die Besucher. "Unsere Erfahrungen zeigen, dass der Mehrheit der Gäste günstige Eintrittstickets wichtiger sind", so Schiemann.  

"Ausnahmslos": Veranstalter von Exit:Veste dementiert Aussage zu Getränkebons

Bei den Getränkebons dementiert der Projektleiter des Coburger Festivals allerdings: "Die Wertmarken konnten jederzeit ohne Ausnahme am Bonstand zurückgetauscht werden. Der Bonstand hatte außerdem bis 22.20 Uhr noch geöffnet, sodass auch nach dem Ende der Musik die übrigen Bons noch zurückgetauscht werden konnten", so Schiemann. Das sei bei jeder der Exit-Veranstaltungen "ausnahmslos" der Fall. "Ein angetrunken oder eventuell frustrierter Gast kommentiert vielleicht im Nachgang, dass dies nicht möglich gewesen sein. Dies war ganz klar nicht der Fall", betont er. 

Bonsysteme seien auf Festivals und Open-Airs "Standard", so Schiemann weiter. Bezahlung mit Bargeld sei "die mit Abstand langsamste Option ". Auf diese Weise müsse man kein Wechselgeld an jeder Kasse bereitstellen, auch "Sicherheit, Minimierung des Diebstahlrisikos, Vereinfachung der Buchhaltung und Co fließen in unsere bewusste Entscheidung für ein Bonsystem mit ein", erklärt der Projektleiter. "Da die Bons immer im Ein-Euro-Wert waren, sollte die Rechnerei kein Problem darstellen", findet er. Grund für die langen Schlangen seien andere Dinge gewesen. "Generell kommt es bei Open-Airs öfters mal zu Wartezeiten – besonders, wenn viele Besucher gleichzeitig das Gelände betreten", so Schiemann. 

Auf der Veste Coburg habe es zusätzliche Probleme gegeben, darunter "mit den Durchlaufkühlern". Die Bar konnte laut Schiemann "nicht so schnell Bier zapfen wie gewünscht". Man habe daher Personal verschoben, sodass "ab circa 19 Uhr kaum noch Anstehen an den Bars notwendig" gewesen sei. "Ein weiterer Grund ist die Zuverlässigkeit von Aushilfskräften – sechs Personen sind an diesem Tag unentschuldigt nicht zur Veranstaltung erschienen," so der Projektleiter. "Auch wenn wir bei der Größenordnung der Veranstaltung mit 3 Personen Puffer planen, war ein Ausfall dieser Größenordnung zu hoch", so seine Erläuterung. 

"Mit einem auf Coburg noch besser angepassten" Konzept - Festival-Agentur erwägt Comeback

Allerdings sei es "ausnahmslos gelungen", die "Sicherheit der Besucher*innen sicherzustellen". Man sei sich "bewusst, dass die Toiletten- und Getränkesituation nicht optimal gelöst wurde und werden uns hier intern sicher noch einige Zeit zusammen setzen und schauen, wie die Herausforderung besser gelöst werden kann", heißt es von den Veranstaltern des Festivals. "Da nahezu das gesamte Personal aus Coburg und Umgebung kommt und dementsprechend noch nicht vorher bei uns gearbeitet hat, konnten dementsprechend natürlich nicht alle Abläufe direkt vom Start an optimal sitzen", so Projektleiter Schiemann.

Besucherin Bine Pfadenhauer und ihr Umfeld zumindest würden sich wünschen, dass Exit zurück in die Stadt kehre. "Die Coburger hoffen, dass das nicht das letzte Mal war", sagt sie. "Wir würden uns natürlich freuen, auch im Jahr 2023 erneut ein Open Air in Coburg spielen zu dürfen", antwortet Schiemann zu einem möglichen Comeback. "Fehler in dieser Form würden sicherlich kein zweites Mal passieren", verspricht er. 

Das Open Air auf der Veste sei allerdings "eine einmalige Genehmigung" gewesen. Ob es diese erneut für nächstes Jahr geben werde, bleibe abzuwarten, heißt es. "Falls es nicht die Veste Coburg sein wird, hat Coburg ja noch genügend andere spannende Orte für uns in petto – dann natürlich mit einem auf Coburg noch besser angepassten Getränke- und Toilettenkonzept", erklärt der Projektleiter. "Mehr Toiletten und bessere Ausschank-Planung" wünscht sich auch die Besucherin. Dann komme sie "gerne wieder" auf ein Exit-Festival nach Coburg

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