Mehr Busverkehr diene dem Klimaschutz und der Stadtentwicklung, sagt Verkehrsplaner Mathias Schmechtig. Aber er kostet auch Geld.
Am Schluss stimmten fast alle Stadträte für die "beherrschbare Variante". So hatte Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) den Vorschlag bezeichnet, das vorhandene Bussystem im Wesentlichen so zu belassen, wie es ist. Es soll lediglich der Bereich des Güterbahnhofs angebunden werden, "wenn der anschlussreif ist" (Tessmer).
Drei Entwicklungsvarianten hatte Mathias Schmechtig (Schmechtig Nahverkehrsconsult) den Stadträten in Kurzform vorgestellt. Bei der Variante A ging es vor allem um Kosteneinsparungen: Auf weniger genutzten Linien vom Halbstunden- auf Stundentakt umzustellen könne sieben Busse und unterm Strich 750 000 Euro im Jahr sparen. Allerdings würden dann auch Fahrgäste abspringen, warnte Schmechtig.
Die Variante B, die schließlich beschlossen wurde, bezeichnete Schmechtig als "Optimierung mit beherrschbarem Aufwand". Die Linien Beiersdorf und Neue Heimat könnten als "halbe Ringlinie" zum Güterbahnhof und in die Bamberger Straße geführt werden. Damit würden neue Gebiete erschlossen und ansonsten das bisherige Niveau erhalten. Das jährliche Defizit im Busbetrieb würde sich damit um 50 000 Euro erhöhen.
Die Variante C schließlich hätte außer der Anbindung des Güterbahnhofs auch noch einen Viertelstundentakt auf der Nord-Süd-Achse und kleine Busse auf einer Linie Innenstadt-Veste vorgesehen. Variante C brächte mehr Fahrgäste, hätte positive Wirkungen für Stadtentwicklung und Klimaschutz, würde aber eine Million Euro pro Jahr mehr kosten, fasste Schmechtig zusammen.
Diese Million war es, die den meisten Stadtratsmitgliedern sichtlich Bauchschmerzen bereitete. "Könnte man nicht B+ machen mit einer halben Million?", fragte Jürgen Heeb (Pro Coburg). Doch ein erhöhtes Defizit würde an der Stadt hängenbleiben, warnte Gerhard Amend (CSB), selbst überzeugter Stadtbus-Nutzer.
Derzeit macht der Busbetrieb ein Defizit von rund drei Millionen Euro im Jahr. Aufgefangen wird das innerhalb des SÜC-Konzerns, wo die Gewinne der SÜC Energie und H 2 O-GmbH mit den Verlusten der SÜC Bus und Aquaria GmbH verrechnet werden. Aber ob ein solcher steuerlicher Querverbund in den nächsten Jahren noch möglich ist, sei fraglich, warnte Hans Michelbach (CSU/JC). OB Tessmer wies darauf hin, dass das Energie-Geschäft für die Stadtwerke allgemein nicht einfacher werde.
Schmechtig hatte die Stadt schon im Jahr 2001 bei der Umgestaltung des Bussystems beraten. Damals sollten die Busse vom Marktplatz verschwinden, der als zentrale innerstädtische Bushaltestelle diente. Der Verkehrsplaner zeigte kurz auf, wie sich das Nutzerverhalten zwischen 2001 und 2015 verändert hat. Waren es damals vor allem ältere Leute und Frauen, die den Bus für Fahrten in die Stadt und zur Arbeit nutzen, so sind es heute verstärkt junge Leute, die einsteigen. Dabei spielen Schmechtig zufolge das Semesterticket und die Buslinie zur Hochschule eine wichtige Rolle.
Fahrgastzuwächse gab es auch auf den Linien zur HUK-Coburg und zur Lauterer Höhe. Die Zahl der Fahrgäste mit Ziel Innenstadt hat sich dagegen nahezu halbiert: Von knapp unter 10 000 im Jahr 2001 auf rund 5000 im Jahr 2015. Insgesamt jedoch verfüge Coburg über ein gutes und gut genutztes Bussystem, versicherte Schmechtig: Mit 79 Fahrgästen pro Einwohner und Jahr liege Coburg im Spitzenbereich bei Städten unter 60 000 Einwohner. Besser waren laut seiner Tabelle nur Passau, Lindau und Suhl. "Ich komme viel rum in der Republik. Coburg ist für mich eine der lebendigsten urbansten Städte dieser Größenordnung."
Raimund Angermüller, Leiter des Verkehrsbetriebs, konnte sich ob des großen Zuspruchs für eine Ausweitung des Busangebots freuen, warnte aber auch vor den finanziellen Folgen: Es gehe ja nicht nur um zusätzliche Linien, sondern auch - Stichwort Klimaschutz - um den Kauf von Elektrobussen, sagte er. Und die seien doppelt so teuer wie Dieselmodelle. Die Befürworter des Linienausbaus (Variante C) konnten sich am Ende nicht durchsetzen: Sie waren nur 14 gegen 21. Also blieb als Konsenslösung die Variante B. Lediglich zwei Stadträte stimmten auch dagegen: Martin Lücke (SPD), der sich für C ausgesprochen hatte, und Hans-Herbert Hartan (CSU/JC), der A bevorzugt hatte.
Auf der Basis der Variante B wird nun der Nahverkehrsplan für die Stadt fortgeschrieben. Außerdem dienen die Planungen als Grundlage für ein Vergabeverfahren: Der Auftrag für die SÜC Bus und Aquaria läuft nämlich zum 31. Oktober 2019 aus. Die Stadt will aber die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um ihr Bussystem samt dem Defizit weiterhin an ihr Tochterunternehmen SÜC übertragen zu können.