Wie der CSU-Kreisverband Coburg Stadt den Besuch von Bayerns Digital-Ministerin Judith Gerlach erlebt.
Gemeinschaften pflegen Rituale. Fußballmannschaften schwören sich vor dem Spiel gerne im Kreis auf den erhofften Sieg ein, Veteranen aller Couleur treffen sich an Stammtischen zum Erinnerungsaustausch. Glaubensgemeinschaften feiern Gottesdienste. Und Parteien? Sie laden ihre Mitglieder zu Neujahrsempfängen ein. Erkennungsmerkmal von Neujahrsempfängen: Sie finden manchmal erst erstaunlich lange nach Neujahr statt.
Der Neujahrsempfang des CSU-Kreisverbandes Coburg Stadt zum Beispiel. Dabei wissen Coburgs Christsoziale durchaus, was die Uhr geschlagen hat. Sie gehen mit der Zeit, treffen sich anno 2019 längst nicht mehr im einstmals verräucherten Saal einer Traditionsgaststätte, sondern im schicken multifunktionalen kleinen Saal bei "Leise am Markt" - dort also, wo seit einigen Jahren regelmäßig hochkarätige Künstler von internationalem Format gastieren.
Gesungen wird an diesem Abend freilich nicht, stattdessen werden Lobeshymnen angestimmt - Lobeshymnen auf die Errungenschaften des Freistaats Bayern und auf die jüngsten heimischen Wahlsieger mit CSU-Parteibuch in der Tasche.
Als Ehrengast begrüßt Coburgs CSU-Kreisvorsitzender René Boldt dazu ein junges Gesicht aus Markus Söders Minister-Riege. Pardon: Ministerinnen-Riege. Zu Gast in Coburg für einen kurzen Abend: Judith Gerlach, Bayerns Staatsministerin für Digitales und zugleich jüngste Ministerin im Söder-Kabinett.
Ihr Lebenslauf zeigt, wie heute Polit-Karrieren funktionieren können - schnurgerade vom Abitur in Aschaffenburg über das Studium der Rechtswissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg schon kurz nach dem zweiten Staatsexamen in den Bayerischen Landtag und nur fünf Jahre später bereits mitten hinein ins Kabinett in München. Eine junge Politikerin, die sich mit einer zentralen Herausforderung der Zukunft befasst - der Digitalisierung: das ist durchaus eine naheliegend klingende Kombination.
So jung sie im Amt auch sein mag - als CSU-Frau weiß sie, wofür Parteimitglieder bei Neujahrsempfängen besonders empfänglich sind: für freigiebig verteiltes Lob. Ein besonders dickes Lob bekommt Coburgs Neu-Landrat Sebastian Straubel, der vor gut einer Woche die Stichwahl gegen SPD-Kandidat Martin Stingl deutlich gewonnen hat. Und der langjährige Ex-Landtagsabgeordnete Jürgen Heike aus Neustadt darf sich in der ersten Reihe der Applaudierenden darüber freuen, noch längst nicht vergessen zu sein.
Was aber hat die Jung-Ministerin inhaltlich schon zu sagen - nach nur wenigen Monaten als politische Leiterin eines neu geschaffenen Amtes? Da bleibt Judith Gerlach beinahe zwangsläufig noch recht allgemein. Sie konzentriert sich darauf, die Koordinaten ihres politischen Handelns zu benennen. "Alle Technik ist gut, solange sie dem Menschen dient", versichert Gerlach. Immer wieder spricht sie in Zeiten des digitalen Wandels von der Bedeutung der Heimatverbundenheit und davon, das Fortschrittsdenken und Heimatverbundenheit sehr wohl zusammen passen können.