In der Anklageschrift war eigentlich von gefährlicher Körperverletzung die Rede. Weil die Zeugenaussagen ein sehr widersprüchliches Bild der Tatnacht zeichnen, kommt ein 26-jähriger Mann aus Neustadt mit einer Geldstrafe davon.
Mit einem blauen Auge kam am Montag ein 26-jähriger Neustadter am Coburger Amtsgericht davon. Die gefährliche Körperverletzung, für die er sich unter anderem verantworten musste, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Am Ende regte Staatsanwalt Stephan Jäger einen "Deal" an, auf den sich Richterin Julia Gerhardt und Verteidiger Till Wagler nach kurzer Besprechung einließen. So wurde der arbeitslose junge Mann nur für den Diebstahl eines iPhones verurteilt - zu 900 Euro Geldstrafe.
Was genau sich in der Nacht des 12. Dezember 2013 in der Wohnung des Opfers zugetragen hat, konnte im Verlauf der Verhandlung nicht geklärt werden. Der Angeklagte und zwei seiner Freunde sollen den Geschädigten in dessen Wohnung besucht haben. Dabei soll ihn der 26-Jährige erst mit der Faust ins Gesicht geschlagen, ihm dann eine Folie über den Kopf gezogen und ihm Klebeband um den Hals gewickelt haben, dass das Opfer kurzzeitig keine Luft mehr bekam. Beweisen ließ sich das alles allerdings nicht.
Wer war der dritte Mann? Er sei überhaupt nicht in der Wohnung des Opfers gewesen, behauptete der Angeklagte vehement. Eine Zeugin hatte allerdings am zweiten Verhandlungstag ausgesagt, sie habe den 26-Jährigen mit zwei weiteren Männern am fraglichen Abend im Eingang des Anwesens gesehen, wo das Opfer wohnt. Den Angeklagten und einen weiteren Besucher kannte die Frau vom Sehen. Den dritten Mann, den sie an der Haustür bemerkt haben will, beschrieb sie als "kleiner und etwas dicker".
Das allerdings traf auf den Zeugen, der am Montag als dritter Mann aus der Tatnacht vor dem Amtsgericht aussagte, ganz und gar nicht zu.
Er beharrte jedoch darauf, in der fraglichen Nacht mit dem Angeklagten und dem zweiten Kumpel nicht in der Wohnung des Opfers gewesen zu sein - da halfen weder gut gemeinte Hinweise der Richterin, der Zeuge müsse sich nicht selbst belasten, noch des Staatsanwaltes, dass ihm bei einer Falschaussage vor Gericht eine höhere Strafe drohe, als seinem Freund bei einer Verurteilung. Der 21-Jährige blieb dabei: "Wir waren den ganzen Abend zusammen" und "Wir waren nicht in der Wohnung!"
Doch schließlich wurde dem Angeklagten im Rahmen des "Deals" bei einer entsprechenden Aussage eine Geldstrafe in Aussicht gestellt und er ging nach kurzer Beratung mit seinem Anwalt darauf ein. Wagler verlas auch die Erklärung für seinen Mandanten: Ja, er sei in der fraglichen Nacht in der Wohnung des Geschädigten gewesen. Ja, er habe das Handy mitgenommen. Aber nein, er habe das Opfer nicht in Folie gewickelt. Es habe nur einen "kleinen Streit" gegeben, alle Beteiligten hätten getrunken. Das iPhone hätten die drei vermutlich später "entsorgt", als die Polizei kam, so Wagler.
Richterin Gerhardt blieb in ihrem Urteil knapp unter der Forderung des Staatsanwaltes: 900 Euro Geldstrafe muss der 26-Jährige zahlen. Jäger hatte 150 Euro mehr gefordert.
Der schon einschlägig vorbestrafte Angeklagte hat ein Kind und bezieht als Arbeitsloser Hartz IV. Sein Anwalt hatte darauf hingewiesen, dass in solchen Fällen sogar einstellige Tagessätze für das Strafmaß möglich wären. Er wollte für seinen Mandanten einen Tagessatz von zehn Euro aushandeln, Richterin Gerhardt folgte aber der Forderung des Staatsanwaltes und setzte 15 Euro fest.