"Der Kollaps droht": Fränkischer BRK-Kreisverband schildert dramatische Lage bei Rettungseinsätzen

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Bayreuth: BRK schildert dramatische Lage bei Rettungseinsätzen - "der Kollaps droht"
Bald nicht mehr selbstverständlich? Das BRK befürchtet, dass die Versorgung durch Notärzte und Rettungskräfte im Raum Bayreuth bald zusammenbrechen könnte.
Bayreuth: BRK schildert dramatische Lage bei Rettungseinsätzen - "der Kollaps droht"
BRK Bayreuth/Archiv

Der BRK-Kreisverband Bayreuth befürchtet einen zeitnahen Zusammenbruch der Versorgung durch Rettungskräfte in der Region. Es handle sich um eine für die Bevölkerung "gefährliche Situation", heißt es.

  • Bayreuth: BRK sieht "erschreckend zugespitzte" Lage im Gesundheitswesen
  • "Fehlen für mehrere Stunden": Über lange Zeiträume kein Rettungswagen verfügbar
  • "Situation droht zu kippen": Baldiger Zusammenbruch der Versorgung prophezeit
  • Heftige Kritik an bayerischer Politik - "im Vergleich mit anderen Bundesländern"

Der BRK-Kreisverband Bayreuth befürchtet einen zeitnahen Zusammenbruch des Gesundheitswesens in seinem Zuständigkeitsbereich. Das hat das BRK in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Darin schildern verschiedene Verantwortliche des Roten Kreuzes eine extrem dramatische Lage bei der Versorgung anhand verschiedener Beispiele. Neben unterschiedlichen deutschlandweiten Faktoren verursachen die Strukturen in Bayern demnach nochmals größere Probleme als in anderen Bundesländern, wie es heißt. 

Lage im Gesundheitswesen seit Pandemie "erheblich zugespitzt" - BRK muss Einrichtungen schließen 

Wie die gleich hohe Nachfrage nach stationären Pflegeplätzen in den beiden Pflegeeinrichtungen des BRK-Kreisverbandes Bayreuth, treffe auch die Anfrage nach ambulanter Versorgung auf eine "äußerst angespannte Personaldecke". So kämpfe die Belegschaft im Pflegeheim am Altstadtpark in Bayreuth gerade mit einem Corona-Ausbruch. "Dieser hat zur Folge, dass eine Vielzahl an Bewohnerinnen und Bewohner, sowie Mitarbeitende erkrankt sind und die Arbeitsbelastung für das noch im Dienst befindliche Personal enorm gestiegen ist", heißt es in der Mitteilung. Nur "mit großem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und äußerster Anstrengung" gelinge es noch, die Versorgung der Bewohner und Bewohnerinnen aufrechtzuerhalten.

"Das reibungslose Zusammenspiel der verschiedenen Sektoren im Gesundheitswesen ist nunmehr in Summe an die Grenzen des Systems gelangt - der Kollaps droht", so das BRK Bayreuth. Bereits im Juni 2022 habe man die Sozialstation in Pegnitz aufgrund von fehlendem Personal schließen müssen - 2021 das Pflegezentrum in Kreuz. Die Lage habe sich seitdem "erschreckend zugespitzt" - wichtige Angebote fehlten in der Region. Auch die Lage in der Notfallrettung werde immer dramatischer. Denn dieser Versorgungsbereich sei eng verknüpft mit der ambulanten und stationären Pflege in der Region.

Der Leiter der Integrierten Leitstelle Bayreuth/Kulmbach, Christopher Häfner, berichtet in der Mitteilung, dass die Suche nach geeigneten Unterbringungen "längst nicht mehr nur auf die Region beschränkt" sei. So habe man etwa Patienten mit einem Herzinfarkt aus dem Landkreis Bayreuth "bereits zu hundert Kilometer entfernten Kliniken in benachbarten Landkreisen und Städte anderer Regierungsbezirke" bringen müssen. "Die Folge, der für diesen überörtlichen Einsatz abgeordnete Rettungstransportwagen und der Notarzt fehlen für mehrere Stunden für die Versorgung der Bevölkerung vor Ort. Glücklichen Umständen geschuldet, ist bis dato dadurch kein Patient zu Schaden gekommen", so das BRK. 

"Rollende Lawine": Bayreuther BRK berichtet von hoher Abbruchquote bei medizinischen Ausbildungen 

"Die Situation in unserer Region droht zu kippen", konstatiert der Verband.  "Die Übersicht der Betten- und Versorgungskapazitäten auf den Bildschirmen der Disponenten in der Bayreuther Leitstelle zeigen nahezu täglich rote Ampeln, als Anzeige für fehlende klinische Ressourcen." Grund sei auch hier der Personalmangel. Hinzu komme "ein kontinuierlicher Anstieg des Einsatzaufkommens im Rettungsdienst". Bei vielen der hinzukommenden Einsätze handle es sich um sogenannte Bagatelleinsätze, im Fachjargon für "Einsätze ohne lebensbedrohliche Lage für den Patienten", berichtet Markus Ruckdeschel, Kreisgeschäftsführer. 

Zu dem "bereits seit langem herrschendem Fach- und Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen", komme aktuell "auch noch ein erhöhter Krankenstand in den Belegschaften" hinzu. Aktuell sei es den an Corona erkrankten, aber symptomfreien Pflege- und Rettungskräften "trotz allem verwehrt, zum regelhaften Dienst zu erscheinen". Sie dürften ausschließlich bei Einsätzen mit nicht vulnerablen Personengruppen eingesetzt werden, heißt es - weshalb die Regelung "praktisch ins Leere" laufe. Zum Jahreswechsel stelle ein weiterer ambulanter Pflegedienst im Stadtgebiet Bayreuth seine Leistungen ein.

"Durch den Wegfall weiterer Pflegedienste und -Einrichtungen steigt der Druck auf die Verbleibenden in der Region stetig weiter und leistet der rollenden Lawine, die zum Kollaps des Gesundheitssystems in der Region führt, weiteren Vorschub", heißt es in der Mitteilung. "Die Kontingentierung der Ausbildungsplätze für Notfallsanitäter und die neue generalistische Pflegeausbildung werden in Fachkreisen kritisch gesehen", so das BRK. Aktuell beobachte man eine "deutlich höhere Abbruchquote während der dreijährigen Ausbildung". Viele junge Menschen gerieten in ein "überhitztes und gleichzeitig zum anderen noch sehr bürokratisiertes System", andere seien während der Pandemie "n Anbetracht der enormen Belastung" ausgestiegen.

Bayern stehe im Bundesvergleich schlecht da - BRK kritisiert Ignoranz gegenüber Lösungsvorschlag 

Es benötige nun eine "Vollbremsung" der Politik, so die Forderung aus dem BRK-Kreisverband. "Entsprechende Hinweise und Vorschläge aus der Praxis werden aber oft nicht gehört", kritisieren die Rettungskräfte. So habe man vorgeschlagen, die Ministerialresorts Inneres, Gesundheit und Bildung in einer gemeinsamen "Taskforce Pflegemigration" zu bündeln. Auf diese Weise sei es möglich, "Verwaltungsprozesse fernab der Linienorganisation zu beschleunigen und zu standardisieren", so das BRK Bayreuth. 

"Dies ist mit Hinblick auf die demografischen Entwicklungen und die Überalterung der Gesellschaft dringend notwendig, um Menschen aus Drittländern einen zügigen Zugang als Arbeitskraft zum deutschen Gesundheitswesen zu ermöglichen." Der Kreisverband übt in diesem Zusammenhang massive Kritik an der bayerischen Politik.

"Bis dato kümmern sich hierum noch eine Vielzahl örtlicher Behörden, weswegen Bayern im Vergleich mit anderen Bundesländern einen in der Praxis deutlich spürbaren zeitlichen und bürokratischen Mehraufwand hat", heißt es dazu. Aufgrund der "äußerst kritischen und für die Bevölkerung letztlich gefährlichen Situation", fordert Ruckdeschel die politisch Verantwortlichen "eindringlich zum Handeln auf". Die Taskforce sei dabei nur ein erster Schritt. "Das Bayreuther BRK hilft, wo es nur kann, aber auch unsere Ressourcen sind irgendwann einmal zu Ende", so Ruckdeschel.