Sollen die Autos aus den Unterführungen von Zollner- und Moosstraße verbannt werden? Der Neubau der Bahntrasse zwingt den Stadtrat zu einer Entscheidung.
Es war später Nachmittag, draußen stiegen die Temperaturen auf die höchsten je gemessenen Juni-Temperaturen in Bamberg, als im Großen Saal der Harmonie dem OB der Kragen platzte: "Nur weil wir auch weiterhin Autos durch die Unterführung Zollnerstraße fahren lassen wollen, sind wir noch lange keine Verfechter der autogerechten Stadt. In der Lagardekaserne werden einmal 1000 Menschen wohnen. Die wollen eine gute Anbindung an das Leben der Stadt."
Das Plädoyer von Andreas Starke (SPD) verfehlte seine Wirkung nicht: In der Abstimmung, die am Ende einer langen Verkehrsdebatte die Fronten klärte, unterlagen die Grünen mit ihrer Absicht, Autofahrer für die Zeit nach dem Bahnausbau aus den beiden Unterführungen der Zollnerstraße und der Moosstraße herauszuhalten, um dem sogenannten Umweltverbund (Busse, Radfahrer, Fußgänger) die Vorfahrt einzuräumen. Die klare Mehrheit wollte es anders.
Man muss wissen: Der mit dem Abbruch sämtlicher Unterführungen und Bahnbrücken verbundene viergleisige Bahnausbau durch Bamberg ermöglicht es, den zur Verfügung stehenden Verkehrsraum auf oder über den Gleisen zu verbreitern, und bisher an den Rand gedrängte Verkehrsarten besser zu berücksichtigen.
Hauptachse für die Busse
Vor allem für die Moosstraße mit ihren auch künftig nicht üppigen Platzverhältnissen (Elf Meter Gesamtbreite) wurde deshalb rasch die Forderung erhoben, aus der Not eine Tugend zu machen und den motorisierten Individualverkehr (MIV) komplett aus der Unterführung herauszuhalten. Ähnliches haben Umweltverbände für die viel befahrene Zollnerstraße in den Raum gestellt - mit über 500 Bussen am Tag eine der Hauptachsen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Bamberg. Freilich: Wer die 18 000 Autos verbannen will, die ebenfalls durch die Unterführung der Zollnerstraße rollen, muss auch sagen, wo sie stattdessen fahren sollen. Über die Pfisterbrücke und die Memmelsdorfer Straße?
Die Mehrheit im Stadtrat konnte sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden. "Die Zeiten, in denen wir viel Geld ausgeben können, sind vorbei", sagte Dieter Weinsheimer (BA) und fragte nach der Finanzierbarkeit von Ost-West-Verbindungen auf, die wegen der Breite von Fuß- und Radspuren erhebliche Zusatz-Kosten aufwerfen. "Schon heute rechnen wir mit Mindestkosten von 50 Millionen für die Stadt", warnte Weinsheimer. Aber auch die CSU und die SPD wollen keine Abkehr vom bisher gepflegten Kompromiss: "Wir möchten die Belastung für die Menschen in Bamberg-Ost nicht noch größer machen", erklärte Klaus Stieringer. Er und sein Fraktionskollege Heinz Kuntke fürchten, dass der Bamberger Osten durch zwei gesperrte Unterführung "abgehängt" würde.
Doch natürlich hatten auch die Grünen Argumente auf ihrer Seite: "Eine Jahrhundertentscheidung wie der Bahnausbau wirft die Frage auf, wie wir in Zukunft leben werden, wie wir leben wollen", sagte Wolfgang Grader und erinnerte daran, dass es nur dem Engagement von Bürgern zu verdanken sei, dass der "Durchbruch Mitte" einst verhindert wurde. Heute wisse man, dass die autogerechte Stadt ein Irrweg gewesen sei: "Wo das Auto zurückgedrängt wurde, dort sind die belebtesten und beliebtesten Plätze." Dass sich im Wettstreit um den auch künftig knappen Verkehrsraum unter den Gleisen die Pragmatiker gegenüber den Visionären durchsetzen, lag auch an den Fakten, die Baureferent Thomas Beese nannte. So wächst die Zahl der Kfz-Zulassungen nicht nur im Landkreis, sondern auch in der Stadt. Auch werde sich an den Spurverhältnissen wegen der Erfordernisse für Rettungsfahrzeuge selbst dann nichts ändern, würde man den MIV verbieten. Schließlich hatte er auch für jene, die die Dominanz des Autos gerne gebrochen hätten, Trost parat: "Wenn die Verkehrswende tatsächlich kommt und es in 50 Jahren kaum noch Autos geben sollte, können wir die Durchfahrt immer noch mit Schildern sperren."
Die Lärmwände schrumpfen
Neues gibt es zu den LÄrmwänden: Als die Debatte um den Bahnausbau begann, war die Rede von sechs Meter hohen "Monstermauern". Mittlerweile ist das Schreckgespenst vieler Bamberger doch deutlich geschrumpft - und es könnte sogar noch kleiner werden.
Wenn man die Unterführungen dicht macht, kann man natürlich den Individualverkehr aus der Stadt raushalten, zumindest aus der einen Richtung, aber das ist zu kurz gedacht, denn dann fährt man eben halb um Bamberg herum und kommt von der anderen Seite rein.
Vielleicht ließe sich mit einer Veränderung aber auch endlich der ROB am Bahnhof realisieren. Und vielleicht wäre ein weiterer PR Parkplatz auf dem Lagardegelände oder entlang des Berliner Rings an verschiedenen Stellen, auch eine Möglichkeit, Autos aus der Stadt rauszuhalten und so dem Wunsch nach weniger Autos in der Innenstadt nachzukommen. Dazu muss freilich auch ein Verkehrskonzept für die Zukunft entwickelt werden, welches alle in den Blick nimmt und nicht nur einzelne Teilnehmer.
Eine transparente Lärmschutzwand muss höher ausfallen, da sie stark reflektiert und im Gegensatz zu "richtigen" Lärmschutzwänden keine absorbierende Wirkung entfaltet.
Sinnvoller wären Mini-Schallschutzwände direkt am Gleis und damit der Hauplärmquelle. Jedoch sind Gesetzgeber und Eisenbahnbundesamt beim Zulassungsverfahren dieser nur rund 70 cm hohen Schutzwände in einen Dornröschenschlaf verfallen.