Wo soll man jetzt in Burgwindheim tanken?

4 Min
Seit Sylvester ist die Tankstelle Burgwindheim geschlossen.Alle Fotos: Ronald Rinklef
Seit Sylvester ist die Tankstelle Burgwindheim geschlossen.Alle Fotos: Ronald Rinklef
 
Schon vor Sylvester wurden die Kunden auf die anstehende Veränderung hingewiesen.
Schon vor Sylvester wurden die Kunden auf die anstehende Veränderung hingewiesen.
 
 
Nichts geht mehr.
Nichts geht mehr.
 
Die Zapfsäulen sind "abgesperrt"
Die Zapfsäulen sind "abgesperrt"
 

Seit Silvester kann man in Burgwindheim nicht mehr tanken. Die Gemeinde hätte die Tankstelle gekauft, darf es aber nicht. Und jetzt?

"Geschlossen." Seit dem Silvesterabend 2013 ist die Tankstelle zu. Wie lange? Für immer! So scheint die derzeitige Situation. Die hätte so nicht kommen müssen, meinen die bisherigen Betreiber und die Marktgemeinde. Beide hatten gemeinsame Zukunftspläne, die den Erhalt der wichtigen Infrastruktur-Einrichtung gesichert hätten. Aber diesen Plänen fehlt die juristische Sicherheit: Es ist rechtlich nicht möglich, dass die Gemeinde eine Tankstelle hat. Doch der Reihe nach.

Rosemarie Eppenauer ist mit der Burgwindheimer Tankstelle aufgewachsen. Bis Silvester hat sie die von ihren Großeltern gegründete Tankstelle in dritter Generation betrieben. Ihre große Schwester kann sich etwa noch erinnern, wie Benzin aus einer Säule gepumpt wurde.

Nach den Großeltern haben Rosemarie Eppenauers Eltern das Geschäft übernommen, ihr Vater baute eine Werkstatt und sogar noch einen kleinen Laden mit dazu. Nach dem Tod des Vaters half die Tochter ihrer Mutter, um schließlich ab 1995 selbst ganz einzusteigen. Dafür gab die gelernte Groß- und Einzelhandelskauffrau auch ihren sicheren Bürojob auf. Die Töchter und Ehemann Hans Jürgen halfen ihrerseits mit. Die Werkstatt freilich ist schon etliche Jahre geschlossen.

Lange Jahre hatte Rosemarie Eppenauer der Tankstelle eine Sieben-Tage-Woche zu verdanken. Als Enkel kamen, wollte sie diese wenigstens sonntags besuchen. Trotzdem, sechs Tage die Woche saß sie ab 6 Uhr morgens im Laden an der Kasse. Eine Stunde Mittagspause, dann weiter, durch bis 19.30 Uhr - "bis die Abrechnung fertig war". Nun hätte sich Familie Eppenauer erneut an den Partner Tessol binden müssen, unter den jetzigen Bedingungen. Das heißt wieder zehn Jahre, mit Tankanlage, Kassensystem, Wartung, Schulungen und allem. Das Ehepaar ist nun 56 beziehungsweise 57 Jahre alt, eine zu lange Zeitspanne, befand man. Dazu kommen gesundheitliche Probleme bei Rosemarie Eppenauer.


Entscheidung getroffen

Die Entscheidung fiel nicht leicht, aber vor etwa zwei Jahren ist sie gefallen: "Wir hören auf." Das bedeutet auch den Verkauf des gesamten, knapp 1000 Quadratmeter großen Areals auf dem Tankstelle, Werkstatt und Haus stehen. Warum nicht verpachten? "Weil Lager, Kassenanlage und Technik bei uns direkt im Haus sind," erklärt die 56-Jährige. Der Plan war, das gesamte Areal zu verkaufen und den Erlös in einen altersgerechten Neubau in Burgwindheim zu investieren.

Weil am Ort schon lange bekannt ist, dass Eppenauers aufhören wollen, einen Käufer suchen und sich dies als problematisch erwiesen hatte, wollte die Marktgemeinde in die Bresche springen. Die Gemeinde hätte das gesamte Areal erworben und die Tankstelle dann verpachtet. "Einen Pächter hatten wir schon", erklärt Bürgermeister Heinrich Thaler. Seine Vision ist die, auch die Werkstatt als Radwerkstatt wieder zu beleben. "Wir haben ja den Radweg im Ort und der Baumwipfelpfad in Ebrach wird hier sicher weitere Impulse geben."

Die Nachfrage bei der Rechtsaufsicht, also beim Landratsamt, hatte dann jedoch ergeben, dass die scheinbar simple Lösung so nicht umgesetzt werden darf. Landratsamt und Bayerischer Gemeindetag wiesen Burgwindheim darauf hin, dass "die Übernahme einer Tankstelle durch die Gemeinde...als rechtlich problematisch einzustufen wäre", wie es im Schreiben des Gemeindetages heißt. Es handele sich nicht um eine gemeindliche Aufgabe wird hier argumentiert. "Die Gemeinde darf nicht in den Markt eingreifen", gibt Bürgermeister Heinrich Thaler die Essenz diverser Gespräche mit dem Landratsamt wieder.

Hoffnung zerschlagen

Damit hatte sich die Hoffnung der Eppenauers ebenso wie die der Gemeinde zerschlagen.
Die Tankstelle sei gut angenommen worden, sagen Eppenauers. Täglich kamen zwischen 120 und 200 Kunden an die vier Zapfsäulen. "Wir hatten sehr treue, nette Kunden", blickt Rosemarie Eppenauer zurück. Auch Unmotorisierte besuchten den kleinen Shop, der länger geöffnet hatte, als die örtlichen Geschäfte, und bei dessen Bestückung Tessol (bis auf die Motoröle) den Burgwindheimer Partnern mehr oder weniger freie Hand ließ. Lediglich Empfehlungen gab es.
Technisch sei die Anlage in Schuss, 1997 erfolgte der letzte große Umbau.
Und jetzt? Tankstellenpartner Tessol ist an einer Fortführung der Tankstelle gelegen. Tessol wird wohl noch eine zeitlang warten, und wenn sich gar nichts tut, mit dem Rückbau beginnen. Tanks und Inhalt sind Tessol-Eigentum.
Eppenauers werden ihrerseits noch eine Weile warten. Dann müssen auch sie die Weichen neu stellen und das Haus für ihre Bedürfnisse umbauen. Jetzt freilich ist erst einmal die Phase eingetreten, wo Rosemarie Eppenauer Zeit für Dinge hat, die sie bislang nicht hat tun können. Etwa mit ihrem Hund tagsüber spazieren gehen. Oder die Enkel während der Woche besuchen. Ihr Mann, eine Beamter, wird wie bisher zur Arbeit gehen. Also fahren. Wo wird er tanken? Eine Frage, die sich seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in der Familie erstmals wieder stellt.

Kommentar

Fantasie!

Es ist ja "nur" eine Tankstelle, mag der Städter argumentieren. Und mit Blick auf die Tankstellenlandschaft in der Umgebung Burgwindheims weiter trösten: In gut zehn Kilometern Entfernung, also in Burgebrach befinden sich zwei Tankstellen, in etwa 15 Kilometer Distanz gibt's in Schlüsselfeld eine Tankmöglichkeit und im 20 bis 25-Kilometer-Radius stoßen die motorisierten Burgwindheimer in Geiselwind oder Breitbach auf eine Versorgung mit Treibstoff. Selbst auf Reservetank fahrend, gelangt man noch bequem dorthin.

Doch verbirgt sich mehr hinter der Tankstellen-Thematik: Eine solche Einrichtung gehört zu den Fakten, mit denen Orte gerade in strukturschwachen Gegenden bei Neuansiedlungen oder bei der Entscheidung für Standorttreue punkten können.

Vollkommen stimmig scheint da die Strategie der Gemeinde, die einstige Tankstellen-Werkstatt in Richtung Rad-Tourismus wieder zu beleben und auszubauen. Der Radweg bietet einiges an Potenzial, ebenso der Baumwipfelpfad bei Ebrach. Für Burgwindheim somit etliches an touristischen Ansätzen.

Aus Sicht des absoluten Nichtjuristen ist es nur schwer nachvollziehbar, dass die Gemeinde das Tankstellen-Areal nicht erwerben darf. Es sollte in so einem Fall doch Wege geben, mit denen das Ziel Tankstellenerhalt in Burgwindheim erreicht werden könnte, möglicherweise über gewisse formelle Umwege.

Schließlich sollte dem Landkreis an einer Stärkung des westlichen Raumes auch westlich Burgebrachs gelegen sein. Davon profitieren letztlich dann doch wieder alle. In Zeiten der Landflucht sollte alles unterstützt werden, was den ländlichen Raum stärkt. Die Burgwindheimer Tankstelle gehört dazu. Der Kraftstoff den sie nun braucht, heißt Fantasie.