Wie Wahlplakate wirken - Forscher über die Plakate der Direktkandidaten aus Bamberg-Land

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"Großflächige Plakate sind grundsätzlich sinnvoller, da sie auffälliger und eindringlicher sind", sagt André Haller, Kommunikations- und Wahlforscher an der Uni Bamberg. Der Spruch "Mit Sicherheit" sei eine "pfiffige Idee, weil er auf den Beruf des Kandidaten anspielt (Polizist) und ein Wortspiel beinhaltet." Der Hinweis auf die Landtagswahl sei Haller zufolge überflüssig und könne auch schaden, "weil er das Plakat mit zusätzlichen Informationen überfrachtet". Fotos: S. Schanz, M. Klein, privat
"Großflächige Plakate sind grundsätzlich sinnvoller, da sie auffälliger und eindringlicher sind", sagt André Haller, Kommunikations- und Wahlforscher an der Uni Bamberg. Der Spruch "Mit Sicherheit" sei eine "pfiffige Idee, weil er auf den Beruf des Kandidaten anspielt (Polizist) und ein Wortspiel beinhaltet." Der Hinweis auf die Landtagswahl sei Haller zufolge überflüssig und könne auch schaden, "weil er das Plakat mit zusätzlichen Informationen überfrachtet".  Fotos: S. Schanz, M. Klein, privat
"Der Kasten mit dem Logo ist sehr gut untergebracht", sagt Haller. Die Idee mit dem Plakat in der Hand sei "innovativ". Die digitale Schrift aber "zerstört die Authentizität". Zudem sei der Claim etwas zu komplex.
"Der Kasten mit dem Logo ist sehr gut untergebracht", sagt Haller. Die Idee mit dem Plakat in der Hand sei "innovativ". Die digitale Schrift aber "zerstört die Authentizität". Zudem sei der Claim etwas zu komplex.
 
Der viele Text verhindere einen guten Blick auf den Kandidaten, so Haller. Die unterschiedliche Farbgebung stifte zusätzlich Verwirrung. Gut gewählt seien das Foto und der grüne Hintergrund.
Der viele Text verhindere einen guten Blick auf den Kandidaten, so Haller. Die unterschiedliche Farbgebung stifte zusätzlich Verwirrung. Gut gewählt seien das Foto und der grüne Hintergrund.
 
"Sehr auffällig, das lockt viele Blicke auf sich", meint Haller. Der Claim drücke den Wunsch nach bayerischer Eigenständigkeit aus. Der QR-Code ergebe keinen Sinn, da niemand dafür aus dem Auto steige.
"Sehr auffällig, das lockt viele Blicke auf sich", meint Haller. Der Claim drücke den Wunsch nach bayerischer Eigenständigkeit aus. Der QR-Code ergebe keinen Sinn, da niemand dafür aus dem Auto steige.
 
Positiv an dem Plakat ist für Haller, "dass relativ wenig Text vorhanden und der Kandidat sehr dominant im Bild ist." Sein Kleidungsstil sei authentisch und strahle Jugendlichkeit aus. Der Claim "Mehr für die Mehrheit!" sei etwas zu komplex, "da er erst decodiert werden muss."
Positiv an dem Plakat ist für Haller, "dass relativ wenig Text vorhanden und der Kandidat sehr dominant im Bild ist." Sein Kleidungsstil sei authentisch und strahle Jugendlichkeit aus. Der Claim "Mehr für die Mehrheit!" sei etwas zu komplex, "da er erst decodiert werden muss."
 
"Der Claim setzt eine wesentliche Strategie populistischer Kommunikation um", so Haller, "nämlich die der In- und Outgroup: ,Wir' (konstruierte Einheit der Bürger) gegen ,Die da' (Eliten und Migranten)."
"Der Claim setzt eine wesentliche Strategie populistischer Kommunikation um", so Haller, "nämlich die der In- und Outgroup: ,Wir' (konstruierte Einheit der Bürger) gegen ,Die da' (Eliten und Migranten)."
 
Die Abwandlung des Leitmotivs der Bayern-SPD "Zukunft im Kopf, Bayern im Herzen" stelle "eine kluge regionale Anpassung dar", so Haller. Das Porträt gehe aber vor dem zu dunklen Hintergrund etwas unter.
Die Abwandlung des Leitmotivs der Bayern-SPD "Zukunft im Kopf, Bayern im Herzen" stelle "eine kluge regionale Anpassung dar", so Haller. Das Porträt gehe aber vor dem zu dunklen Hintergrund etwas unter.
 
"Der Kandidat orientiert sich am Corporate Design der Bundespartei, das nach der Wahlniederlage 2013 neu aufgesetzt wurde und 2017 sehr breit rezipiert wurde", sagt Haller. Der Claim sei "einfach und griffig."
"Der Kandidat orientiert sich am Corporate Design der Bundespartei, das nach der Wahlniederlage 2013 neu aufgesetzt wurde und 2017 sehr breit rezipiert wurde", sagt Haller. Der Claim sei "einfach und griffig."
 
Der viele Text sei für Fußgänger zwar lesbar, "bei Autofahrern verpufft er aber", sagt Haller. Es sei auch nicht sinnvoll, drei verschiedene Politikfelder auf einem Plakat unterzubringen. Die Farbwahl der Freien Wähler sei gelungen und gut im kollektiven Gedächtnis verankert.
Der viele Text sei für Fußgänger zwar lesbar, "bei Autofahrern verpufft er aber", sagt Haller. Es sei auch nicht sinnvoll, drei verschiedene Politikfelder auf einem Plakat unterzubringen. Die Farbwahl der Freien Wähler sei gelungen und gut im kollektiven Gedächtnis verankert.
 

André Haller forscht an der Uni Bamberg zum Thema Wahlwerbung. Zu den Plakaten der Kandidaten aus Bamberg-Land liefert er eine fachliche Einschätzung.

Der eine lächelnde Mann in Hemd und Sakko preist seine Sicherheitskompetenz an, der andere hat "Franken im Herzen". Einer bietet mit zuversichtlichem Gesichtsausdruck ein Wortspiel mit seinem Namen. Manch ein anderer verzichtet auf das Sakko und kämpft mit breitem Grinsen für "den Zusammenschluss von Wirtschaft und Umwelt" oder mit jugendlichem Stil für "Mehr für die Mehrheit". Wieder andere verzichten auf den meisten ihrer Plakate auf ihre Gesichter und werben mit "Geld für Renten statt für illegale Migranten" oder schimpfen: "Genug gezahlt."

Von den Straßenrändern aus drängen sich den Bürgern im Stimmkreis Bamberg-Land seit zwei Wochen wieder die Plakate der Direktkandidaten zur bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober ins Blickfeld. Dazu oft ein kurzer, kantiger Spruch, in der Werbebranche "Claim" genannt. Obwohl Wahlwerbung in den sozialen Netzwerken immer wichtiger wird, stecken alle Parteien noch immer viele Ressourcen in die klassische Plakatwerbung. Aber ist das noch zeitgemäß? "Ja", meint André Haller, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Bamberg, mit dem Forschungsschwerpunkt Wahlkampfkommunikation. "Plakate sind auch heute noch die sichtbarsten Werbemittel, was durch wissenschaftliche Umfragen belegt ist: Das Wahlplakat wird von den Befragten am häufigsten wahrgenommen." Weitere Vorteile: "Plakate tragen zur Aktivierung vor der Wahl bei."

Aus der Forschung wisse man, "dass die Plakate am besten wirken, die bebildert sind und möglichst wenig aber eingängigen Text beinhalten", erklärt Haller. Das liegt daran, dass sie meist nur kurz wahrgenommen werden. "Während dieser Flash-Phase blicken Beobachter als erstes in menschliche Gesichter, daher sind Porträts mit möglichst wenig Ablenkung das probate Mittel."

Nach diesen Kriterien gelungen findet er die Plakate von der Linken, der SPD, der FDP und der CSU. Auf dem Plakat des Kandidaten der Grünen, Georg Lunz, sei das Porträtfoto zwar gut gewählt, es stehe aber zu viel Text darauf, was ihn auch am Plakat der Freien Wähler störe.

Wenig gelungen findet Wahlforscher Haller zudem die versuchten Schulterschlüsse zwischen Plakat- und Online-Werbung: Der QR-Code auf dem Plakat der Bayernpartei "ergibt überhaupt keinen Sinn. Wer würde mit dem Auto anhalten, um mit seinem Handy den Code zu aktivieren?"

Hashtags nicht sinnvoll

Das Hashtag #Holger2018 auf dem Plakat des CSU-Kandidaten Holger Dremel "ist zwar eine Referenz auf Social-Media-Kommunikation, ergibt in Deutschland aber wenig Sinn, da Twitter, wo Hashtags am meisten eingesetzt werden, hierzulande bei Weitem nicht die Nutzerzahl hat wie in anderen Ländern", sagt Haller.

Dremel stört das wohl wenig: "Internetwerbung gehört dazu", sagt er, "aber man gewinnt damit keine Wahl. Mir ist es wichtiger, die Menschen vor Ort anzusprechen." Das sieht Dremels SPD-Konkurrent Uwe Metzner ähnlich: "Auf Facebook bewegen sich die Menschen oft nur in der eigenen Blase, mit einem Wahlplakat erreiche ich jeden."

Handynummer angegeben

Für jeden zu erreichen - zumindest während des Wahlkampfs - will der FDP-Kandidat Martin Wünsche sein. Zwei Wochen vor dem Wahltag will er Aufkleber mit seiner Handynummer auf die Plakate kleben, in einem Facebook-Post hat er sie bereits angegeben. "Bisher haben fast nur Freunde angerufen", erzählt Wünsche. Einmal habe es auch ein zweistündiges Gespräch zum Thema Asyl gegeben, das Wünsche kurz vor Mitternacht beendet habe. "Da wäre auch nach fünf Stunden nichts dabei herausgekommen", meint er.

Positiv wirken laut Haller auch Claims, die die Kompetenz des Kandidaten unterstreichen, wie etwa "Mit Sicherheit" beim Polizisten Dremel und "Kleinere Klassen statt größere Bildschirme" beim ÖDP-Kandidaten und Lehrer Tobias Sieling. Dem ist wichtig, dass Politiker Präsenz zeigten. "Wenn es keine Plakate mehr gäbe, würden die Leute sie vermissen", meint Sieling.