Wie Saeed als unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling nach Bamberg kam

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Foto: Anna Lienhardt
Foto: Anna Lienhardt

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wie Saeed sind in Obhut zu nehmen, wenn keine Erziehungsberechtigten da sind. Soweit das Gesetz. Die Kosten für die Jugendlichen übernimmt dann erst einmal die Stadt des zuständigen Jugendamtes.

Im Jahr 2013 kamen 574 Jugendliche alleine ohne Familie nach Bayern. 450 waren es im darauf folgenden Jahr - allein schon im ersten Quartal. Im November 2012 bekam Bamberg die ersten fünf unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zugewiesen - kurz "umF" oder "Umfen". Saeed Yusef war einer davon, einer der Ersten. Mittlerweile ist er 18 Jahre alt und sitzt als Gast unter den Gremienmitgliedern des Jugendhilfeausschusses. Christine Behringer-Zeis vom Stadtjugendamt hat ihn eingeladen, damit sich die Bamberger auch mal ein Bild machen können, wie es so einem "umF" in der Weltkulturerbestadt ergeht.

Saeeds Begrüßung klingt im ersten Moment ein bisschen abgesprochen. Nach einigen Sätzen wird aber klar: Das ist nicht aufgesetzt oder auswendig gelernt, sondern höflich. Er ist einer von insgesamt 31 Jugendlichen, die ohne Eltern, ohne eine erwachsene Bezugsperson aus ihrem Heimatland geflüchtet und in Bamberg angekommen sind.
Seine Flucht aus Afghanistan führte ihn durch die Türkei und Italien, im Zug bei München wurde er von Polizisten aufgegriffen.

Biografische Fakten

Wenn die Flüchtlinge den Polizisten keinen Ausweis zeigen können, und nicht klar ist, ob die jungen Menschen überhaupt schon volljährig sind, wird das Jugendamt eingeschaltet. Bayernweit gibt es insgesamt 6500 stationäre Jugendhilfeplätze. Bei allein 3000 ausländischen jungen Menschen, die im Jahr 2014 den Schutz des Jugendamtes gesucht haben, "ist einleuchtend, dass der Platz nicht reicht", sagt Behringer-Zeis.

"In der Theorie" erfolgt die Verteilung der Jugendlichen auf die Jugendämter in Bayern über ein sogenanntes Clearingverfahren: "In der Theorie deshalb, weil auch die Plätze trotz Ausbaus nicht ausreichen, um die Flüchtlinge gut willkommen zu heißen", erklärte Behringer Zeis die Übergangsregelungen.

Für die Jugendämter ist es nicht nur eine Frage des Platzes, es geht auch um die Kosten. Miete, Nebenkosten, Krankenversicherung, Sprachkurs - in allen Punkten muss die Stadt Bamberg in Vorleistung gehen. Rein rechnerisch ergeben sich somit für insgesamt 31 Fälle zusammen 1,57 Millionen Euro für die stationären Unterbringungen, soweit die Kostenprognose des Jugendamtes für das laufende Jahr 2015.

Und damit sind erstmal nur die Tagessätze fürs Wohnen beglichen. Unklar ist und bleibt, wie viele Fälle dem Jugendamt im Laufe des Jahres möglicherweise noch zugewiesen werden. Eigentlich bearbeitet das Jugendamt aktuell nämlich schon 32 Fälle: Ein Flüchtling ist zwar in Nürnberg untergebracht, wird aber vom Bamberger Jugendamt betreut, sodass die derzeitige Halbtagskraft sogar nach Nürnberg fahren muss, um Gespräche mit dem Jugendlichen zu führen. Immer wieder macht Behringer-Zeis klar: Die Zahlen können sich täglich ändern.

Stadt muss Geld zurückfordern

Wenn die Jugendlichen in einer Einrichtung einen Platz bekommen, "ist es nicht damit getan, dass sie einfach untergebracht sind", erklärt Behringer-Zeis die täglichen Herausforderungen der Kinder- und Jugendhilfe. Ihre Verantwortung beginnt bei der Sicherstellung des Alters der jungen Flüchtlinge und endet erst bei dem Punkt "Sicherstellung einer belastbaren Lebensperspektive", so steht es in der Präsentation des Jugendamtes. Schließlich sollen die jungen Menschen - und es sind fast ausschließlich junge Männer - nicht nur in die Gesellschaft integriert werden, sondern auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen, damit sie sich selbst versorgen können.
Der Wunsch des Jugendamtes nach personeller Verstärkung ist mit einer klaren Botschaft an die Stadt verbunden: "Die Gelder müssen zurückgeholt werden." Darin waren sich letztlich alle Beteiligten in der Ausschusssitzung der Jugendhilfe einig. Die zwei halben Stellen sollen "auf 100 Prozent aufgestockt werden", forderte Christine Behringer-Zeis, sonst "kann das nicht aufgehen".

Im vergangenen Jahr hat Bamberg 492 418 Euro für die Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ausgegeben. Zurück gab es bislang 291 696 Euro. Für die Mitarbeiter des Jugendamtes ist es ein "riesen Aufwand", alle Kosten abzurechnen. Nicht nur mit den sozialen Einrichtungen, in denen die Jugendlichen wohnen, auch mit Apotheken oder Krankenkassen. "Es macht wahnsinnig viel Arbeit, weil von den Jugendhilfeträgern nur anerkannt und abgerechnet wird, was in einem Hilfsplan aufgeführt ist", sagte Behringer-Zeis. Die Amtsleiterin weiß, dass es für ihre Mitarbeiter "zunehmend unmöglicher wird, diese Aufgabe zu bewältigen". Und von Seiten des Landes seien keine Bemühungen in Hinsicht auf Verwaltungsarbeit ersichtlich.

Ausreichend Personal notwendig

Nur mit ausreichend Personal kann das Jugendamt die Vorleistungen der Stadt Bamberg wieder zurückfordern, machte Behringer-Zeis deutlich. Wolfgang Metzner (SPD) möchte den Punkt in den Stadtrat aufnehmen. Schließlich gehe es darum, "Schaden von der Stadt abzuhalten", sagt er. Einerseits kämpft das Jugendamt mit einem "bürokratischen Monster", "andererseits haben die Mitarbeiter aber mit vielen Menschen zu tun".
Jungen Menschen wie Saeed Yusef, der jetzt schon seit zwei Jahren auf eine Antwort auf seinen Asylantrag wartet. Dabei möchte er eigentlich einfach nur weiter Deutsch lernen und zur Schule gehen...