Wie Ingo Zamperoni 660 mal in eine Bamberger WG kommt

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Das passiert einem auch nur einmal im Leben: Matthias Schreiber (vorne) inmitten von 660 Portraits des Tagesthemen-Moderators Ingo Zamperoni. David Ahlf (hinten links) und Marius Schreiber haben drei Stunden für die außergewönliche Tapete gebraucht. Fotos: Barbara Herbst
Das passiert einem auch nur einmal im Leben: Matthias Schreiber (vorne) inmitten von 660 Portraits des Tagesthemen-Moderators Ingo Zamperoni. David Ahlf (hinten links) und Marius Schreiber haben drei Stunden für die außergewönliche Tapete gebraucht. Fotos: Barbara Herbst
 
 
 
 
 
 
 

Student Matti war ein paar Tage unterwegs, da haben die Mitbewohner sein komplettes Zimmer mit Portraits von Moderator Ingo Zamperoni "tapeziert". Den kann Matti aber eigentlich so gar nicht leiden.

Dieses Grinsen, überall dieses Grinsen. Matti flippt aus - zunächst. Dann kommt der Schock. Er starrt lethargisch die Wände seines Zimmers an. Zurück starrt Ingo Zamperoni, seines Zeichens Fernseh-Moderator bei ARD und ZDF. Die beiden Männer verbindet nicht gerade eine innige Freundschaft.

Es war der 29.Juni 2012, der Tag, seit dem Matti, der mit vollem Namen Matthias Schreiber heißt, den Fernseher beschimpfte. "Der Auslöser war das Halbfinalspiel Deutschland gegen Italien bei der Fußballeuropameisterschaft", erinnert sich der 26-Jährige. "Die Stimmung war schlecht, ich war deprimiert. Mich hat dieses Grinsen von Ingo so aufgeregt, während er moderiert hat! Ich kriege es bis heute nicht aus dem Kopf."
Geht auch schlecht bei 660 Ingos, die einen den ganzen Tag lang von der Zimmerwand angrinsen. Blick aus dem Fenster? Fehlanzeige. Blick in den Spiegel? - Ingo grinst zurück.

Wie kommt's? "Wenn wir zusammen die Tagesthemen schauen und Ingo Zamperoni moderiert, flippt Matthias regelmäßig aus", sagt Mitbewohner David Ahlf (23). Unverständlich für ihn und den dritten Mitbewohner, Marius Schreiber (23). "Wir finden Ingo gut."

"Nörgel-Tag" war der Auslöser

Die beiden Studenten haben sich "schon länger gedacht, dass wir da mal was machen müssen. Neulich hatte Matti wieder so einen Nörgel-Tag", sagt David - "und dann haben wir uns nur angeschaut und wussten: Jetzt ist es soweit", erzählt Marius.

Der Zeitpunkt war günstig: Matti fuhr für vier Tage in seine Heimat, nach Stuttgart. David und Marius stürmten in den Kopierladen und verließen ihn mit einem riesigen Stapel Ingo-Zamperoni-Portraits. Genau 660 Stück. "Wir fragen uns bis heute, was die Frau im Copyshop von uns denkt", sagt David und grinst.

Etwa 15 Euro hat sie an den Kopien der Jungs verdient, und die machten sich zuhause direkt an die Arbeit. Tesafilm abreißen, auf das Blatt kleben, Blatt an die Wand, immer und immer wieder. Drei Stunden und drei Tesafilm-Rollen später waren Marius und David fertig - und stolz auf ihr Werk.
"Am gleichen Abend habe ich mich, direkt nach dem Zähneputzen und vorm ins-Bett-Gehen, noch einmal in Mattis Zimmer gesetzt. Das war herrlich", sagt David.
Herrlich fanden er und Marius auch Mattis Reaktion bei dessen Rückkehr. Der hatte sich mehr als sonst auf die Rückkehr in seine Wohngemeinschaft gefreut: "Ich habe dauernd Nachrichten von den Jungs bekommen. ,Matti, wir vermissen dich, wann kommst du?' Jedem habe ich erzählt, dass ich die besten Mitbewohner der Welt habe", sagt Matti.
 

 


Die besten Mitbewohner der Welt erklären, warum sie so nette Nachrichten geschrieben haben: "Wir brauchten genau den richtigen Zeitpunkt, um vorher schnell die Videokamera in seinem Zimmer anzuschalten." Denn schließlich sollte die Aktion "dokumentiert" werden. "Wir dokumentieren gerne, das machen wir öfter", erklärt David - "wir filmen uns auch beim Putzen."
Statt beim Putzen kann sich Mitbewohner Matti nun in einem Video bewundern, in dem er die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, flucht, lacht und am Ende sprachlos ist.

Matti schläft nun besser
Doch schließlich passierte, womit keiner rechnete: Nach dem ersten Schock hat sich Matthias an seine 660 neuen Mitbewohner gewöhnt. "Ich schlafe besser." - Wie bitte? "Vorher war das Zimmer wegen der weißen Wände sehr hell, und ich habe keine Vorhänge. Nun ist das Licht schummriger", der Student. Durch das Fenster dringt auch kein Sonnenstrahl, stattdessen werden weitere Ingos indirekt vom Tageslicht beleuchtet. Der Moderator ist allerdings auch an Stellen platziert, "wo es richtig weh tut", wie Matti sagt: Auf der Baden-Württemberg-Flagge, auf dem VfB-Schal und - am allerschlimmsten - im silbernen Bilderrahmen auf dem Schreibtisch, aus dem normalerweise Freundin Laura heraus lächelt. Die Freundin trägt es wohl mit Fassung.

Bald wird sie ihren Platz auf Mattis Schreibtisch zurück erobert haben. In den nächsten Tagen will Matti die grinsenden Zamperoni-Portraits in seinem Zimmer abnehmen - "Ich will mich auch mal wieder selbst im Spiegel sehen."
Ingo hat unterdessen bei Matthias doch noch eine Chance bekommen: Der Moderator hat sich persönlich zu Wort gemeldet. Im sozialen Internet-Netzwerk Twitter hat Mitbewohner David den Moderator auf das Video hingewiesen, das die Jungs ins Netz gestellt haben.
Zamperoni antwortete und schrieb: "Großes Kino! Hat Matti sich von seinem Schock schon erholt? Richtet ihm bitte mein Mit- und Beileid aus :-)".

Kurz darauf unterhielten sich Matti und Ingo sogar persönlich am Telefon: "Eine Bekannte von uns arbeitet bei Puls, dem jungen Radio des Bayerischen Rundfunks", erklärt Marius. "Die wollten ein Telefoninterview mit uns wegen unserer Bilder-Aktion machen." Und wer war plötzlich in der Leitung? Ingo Zamperoni.
Der Sohn einer deutschen Mutter und eines italienischen Vaters beteuerte seine innere Zerissenheit nach dem EM-Spiel und sagte: "Wenn nächstes Jahr bei der WM in Brasilien Deutschland Weltmeister wird, dann bin ich auch der erste, der hier auf die Straße geht und jubelt."

Matti zeigte sich versöhnlich, als Fußballfan könne er das verstehen. Und irgendwie fand er die Aktion seiner Mitbewohner doch ganz cool. "Vielleicht lasse ich die Portraits an einer Wand hängen", sagt er. Ein neues - in Farbe - ist jetzt noch dazu gekommen: Ingo Zamperoni hat der WG eine Autogrammkarte geschickt, auf der er "alles Gute für eure Prüfungen" wünscht - natürlich mit dem typischen Grinsen. Das bekommt Matti so schnell nicht mehr aus dem Kopf.