Aber nicht alle Kandidaten sind von der Idee begeistert:
Christian Lange (CSU): Ich halte verkehrsberuhigende Maßnahmen wie die bereits erfolgte Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 20 zum Schutz von spielenden Kindern, Familien und Studierenden für zielführender.
Daniela Reinfelder (Bambergs unabhängige Bürger): Nein, die Spielmöglichkeiten auf dem Erbagelände sind ausreichend und die Wege zu den Spielplätzen sichere Fahrrad- und Gehwege.
Martin Pöhner (FDP): Nein, weil auf der Erba-Insel bereits Tempo 20 gilt und es sehr viele Bereiche gibt, die bereits für Kinder ausgewiesen sind.
Claudia John: Nein. Besonders für den Radverkehr halte ich einen sicheren Ausbau des Radwegenetzes für eine sinnvollere Alternative.
Ist Tempo 30 im gesamten Stadtgebiet ein sinnvoller Ansatz für sicheren (Rad-)Verkehr?
Auch bei diesem Thema spalten sich die Gemüter. Einige der Kandidaten würden das Tempolimit unterstützen:
Jonas Glüsenkamp: Ja, außer den äußeren Ring, denn eine reduzierte Geschwindigkeit reduziert auch Lärm und Feinstaub. Außerdem können die hohen Unfallzahlen gesenkt werden. Einbußen würde es nicht geben, die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Pkw beträgt in der Stadt ohnehin unter 30 km/h.
Hans-Günter Brünker: Wenn damit die Innenstadt und Wohngebiete gemeint sind: Ja. Auf einigen Hauptverkehrsstraßen mit gut koordinierten Ampelanlagen macht es sicherlich keinen Sinn.
Andreas Starke: Ja. Tempo 30 ist ein sehr guter Ansatz für mehr Sicherheit im Verkehr. Ausnahmen muss es geben, etwa an den "großen" Ausfallstraßen Berliner oder Münchner Ring.
Der Großteil stimmt jedoch dagegen:
Christian Lange: Die Straßenverkehrsordnung schreibt die Höchstgeschwindigkeit innerhalb von Ortschaften auf Tempo 50 vor. Nur in begründeten Fällen kann die Kommune davon abweichen, etwa vor Schulen. Ich will daher die Sicherheit für möglichst alle Verkehrsarten verbessern, den ÖPNV stärken und das Fahrradwegenetz vor allem auf den viel befahrenen Schulwegen vom Bamberger Osten in die Innenstadt und zurück ausbauen.
Ursula Redler: Nein, weil das meines Erachtens als Juristin rechtlich nicht möglich ist. Gegebenenfalls in einem engen Ring um die Innenstadt, wobei zunächst die Grenzen dieses Rings im Dialog festzusetzen sind.
Fabian Dörner: Nein! Ich halte es für äußerst kritisch 30 Stundenkilometer von Radfahrern zu verlangen. Das würde die Unfall- und vor allem Herzinfarktrate massiv in die Höhe treiben.
Daniela Reinfelder: Nein, dies würde den ÖPNV nur unnötig ausbremsen und den Radfahrern nur eine vermeintliche Sicherheit vermitteln.
Martin Pöhner: Nein, Tempo 30 beispielsweise auf den Hauptzufahrtsstraßen zur Innenstadt oder dem Berliner Ring ist nicht sinnvoll, weil dies nur zu mehr Staus führt. Der richtige Ansatz zur Verbesserung der Sicherheit für Radfahrer ist ein Schließen der Lücken im Radwegenetz.
Sind die "Bergverbindung 2.0" oder andere Umgehungsstraßen ein geeigneter Weg, um Autos von der Innenstadt fern zu halten?
Nur zwei der Kandidaten sind von dem Vorschlag überzeugt:
Redler: Ja, allerdings braucht es meines Erachtens hierzu eine Bürgerbeteiligung, zum Beispiel nach dem Filderstädter Modell, und der Expertise eines Sachverständigen. Zu letzterem gibt es sehr kostengünstige Möglichkeiten über die Unfallforschung der Versicherungen Berlin.
Dörner: Ja! Mit einer Innenstadt-Achterbahn und der "Berg-Rutsche 1.0" (vom Klinikum zur Schranne) als zentrale Komponenten der "Bergverbindung 2.0" wollen wir den Innenstadtverkehr revolutionieren.
Bei den anderen Kandidaten stößt der Vorschlag auf Unverständnis:
Glüsenkamp: Nein. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Vielmehr braucht es einen massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Radinfrastruktur. Hier müssen die vielen Millionen investiert werden, welche eine Bergverbindung kosten würde.
John: Durch einen guten Ausbau des ÖPNV und ein kostenloses Park+Ride-System wäre die Innenstadt besonders von Besuchern von außerhalb weniger belastet. Eine Entlastung der Innenstadt darf aber nicht auf Kosten anderer Stadtteile passieren.
Brünker: Nein, denn zusätzliche Straßen ziehen zusätzlichen Verkehr an.
Starke: Nein. Eine Bergverbindungsstraße ist für mich kein Thema. Lange: Wenn wir Durchgangsverkehr von der Innenstadt fern halten wollen, wäre ein Ringschluss im Westen sicher ein Ansatz. Dieser müsste aber auf Grund der hohen Kosten in Absprache mit dem Freistaat Bayern als möglichst unterirdische und naturschonende Staatsstraße erfolgen. Dafür sehe ich derzeit keine politische Mehrheit.
Reinfelder: Nein, wir plädieren für eine moderne und innovative Lösung, wie in Aachen. Man kann sich dort vom Bus mit der gleichen Kabine in eine Seilbahn einklinken. So eine "Westverbindung" wäre attraktiv.
Pöhner: Nein, das ist unrealistisch. Über eine Umgehungsstraße kann man zwar nachdenken - aber man muss ehrlich sein: In den nächsten zehn Jahren ist eine Finanzierung unrealistisch, denn im Vordergrund müssen Investitionen in Schulen, Kitas und bezahlbare Wohnungen stehen.
Braucht Bamberg eine Autofreie Innenstadt?
Ein klares "Ja" als Antwort kommt nur ein Mal, eher wird gesagt, dass verschiedene Bamberger Bereiche auch spezifische Lösungsansätze benötigen:
John: Hier muss der Bereich der Innenstadt genau definiert werden. Handelt es sich um einen Teil der Inselstadt, die Altstadt im Bereich der Bergstadt, die Lange Straße? Für die einzelnen Teile müssen spezifische Lösungen gefunden werden.
Glüsenkamp: Ja, langfristig soll es innerhalb des innerstädtischen Rings keinen Autoverkehr mehr geben. Ausnahmen sind der Anwohner- und Lieferverkehr sowie die Anfahrt zu Parkhäusern. Positivbeispiele wie Sandstraße und Kettenbrücke zeigen, was geht, wenn der begrenzte Platz in unserer wachsenden Welterbestadt neu verteilt wird.
Allgemein wird eher für einen Ausbau der ÖPNV und "Shared Spaces" plädiert:
Redler: Nein. Ein schöner Gedanke, aber in Bamberg mit Rücksicht auf die Anwohner meines Erachtens nicht möglich. Es stellt sich erneut die Frage, wie die Grenzen verlaufen würden und dann ist neu zu fragen - "Kompromiss im Dialog" sind die Stichworte.
Dörner: Nein! Bamberg braucht eine innenfreie Autostadt mit Drive-In-Schaltern für alle in der Autozone ansässigen Einzelhändler (die Fußgängerzone wird abgeschafft). Außerdem wollen wir die Lange Straße in einen SUV-Parcours umwandeln, damit Helikopter-Mütter und verhinderte Offroad-Fahrer endlich ihre Autos artgerecht auslasten können.
Brünker: Bamberg benötigt nicht unbedingt eine autofreie Innenstadt, sondern vor allem ein gutes Miteinander der verschiedenen Verkehrsmittel. "Shared Spaces" (wie auf der Kettenbrücke) und Beschränkung auf Anwohnerverkehr in weiten Teilen der Innenstadt wären sinnvoll.
Starke: Vielleicht braucht Bamberg eine autofreie Altstadt. Ich will eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Die Innenstadt wäre mir als Klammer jedoch zu weit gefasst. Wir sind froh, dass Bamberg zum Leben, Wohnen und Arbeiten geeignet ist. Lange: Wer ein attraktives Einzelhandelsangebot in der Innenstadt haben will, muss dieses auch erreichbar machen. Ich werbe daher dafür, dass wir uns gemeinsam überlegen, wie wir die Innenstadt möglichst schadstoffarm erreichen - beispielsweise durch einen Ausbau des ÖPNV oder der Radwege. Gerade für die Lange Straße wünsche ich mir eine attraktive Aufwertung, etwa durch die Einführung von "Shared Space" mit ebenerdigem Ausbau, Aufenthalts- und Ruhezonen sowie mehr Freischankflächen zum Schönleinsplatz hin.
Reinfelder: Nein, denn wir brauchen einen bunten Mix aller Verkehrsteilnehmer für alle Altersgruppen. Mit dem motorisierten Individualverkehr gewähren wir unseren Senioren eine hohe Lebensqualität. Pöhner: Nein, Bambergs Innenstadt muss auch künftig für alle Verkehrsteilnehmer gut erreichbar bleiben. Aber wir müssen die Alternativen zum Auto durch attraktivere Angebote stärken, sowohl im Bereich ÖPNV als auch beim Fahrrad.
"... wir sollten uns ein Beispiel an Bocholt nehmen..." steht heute im FT, (wo auch immer das sein mag
)
Damit ist doch alles klar. Nur wer ja zur autofreien Innenstadt sagt, der ist wählbar.
Der Altenburger hat ja grundsätzlich recht mit dem Emissionsverhalten von Motoren. Das gilt aber nur, wenn ich diese auch betreiben lasse. Wenn ich den Löwenanteil raus nehme aus der Innenstadt, spielt es hinsichtlich der Reduktion der Schadstoffbelastung nur noch eine geringe Rolle, ob ich die verbleibenden, legitimierten Fahrten mit 30 oder mit 20 durchführen lassen.
Da sich einige Kommentatoren so outen, dass sie die technischen Zusammenhänge offensichtlich nicht verstanden haben, hier nochmals die physikalischen Fakten: Je schneller, also mit dann weniger Verbrennungstakten, das Auto eine bestimmte Strecke durchfährt, desto weniger Schadstoffemissionen werden auf dieser Strecke abgegeben. Heisst, Tempo20 oder 30 sind wesentlich umweltschädlicher als z.B. Tempo 50. Hier beim Thema geht es aber um möglichst kurzen Bremsweg zum Schutz von Personen. Also um Güterabwägung. Motorentechnische Feinheiten wie z.B. untertourig fahren, lasse ich hier weg. Das geht sowieso nicht mit kleinen 3-oder Vierzylindern. Tempo 30 für die ganze Stadt, würde diese allerdings in einen noch größere Schadstoffnebel verwandeln wie schon jetzt. In welche Klippschulen solche Befürworter wohl einmal gegangen sind?
Zitat:

In welche Klippschulen solche Befürworter wohl einmal gegangen sind?
Vielleicht in die Baumschule?
jetzt kommen wieder die technischen "Grundgesetze" ins Spiel. Es ist so wie es ist, und kann nicht geändert werden, basta. Und dann noch die (von uns erfundene..) Physik.
Genau dieser Tunnelblick vernebelt uns seit einigen Dekaden den Ausblick auf echte technische Innovationen. Und damit meine ich NICHT z.B. aus einem Dreizylinder mit Gewalt 200 PS rauszukitzeln.
Die Ursachen liegen auch schon in unseren Hochschulen und Unis*. Da bekommt man immer noch viel gelehrt was "gar nicht gehen kann" und nicht so viel was gehen könnte. Den Rest erledigt das Elternhaus die Energieerzeuger, die Industrie und die Politik unserer schönen Welt.
*Und ja, ich war selbst dort, und ja, ich habe abgeschlossen, und ja, ich bin selbst auch in dieser Tretmühle tätig