Vier Nutzer gleichzeitig an einem Tablet

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Tom Gross demonstriert, wie der Tablet-Tisch funktioniert. Foto: Michel
Tom Gross demonstriert, wie der Tablet-Tisch funktioniert. Foto: Michel

Auf einer hochrangigen Tagung in Bamberg ging es darum, wie Mensch und Computer am besten zusammenarbeiten können. Die Wissenschaftler sind sich einig: Bedienfehler gibt es nicht. Viele Programme sind schlichtweg schlecht umgesetzt.

Tom Gross steht an einem großen Tisch. Eingebaut ist ein Tablet-Computer, der sich mit den Fingern bedienen lässt. Nichts Neues, wie er extra betont. Neu ist aber, dass ihn mehrere Menschen gleichzeitig verwenden können. Jeder Nutzer kann sein eigenes Programm ausführen, und es dem Nachbarn zum Ergebnisaustausch rüberschieben. Oder das Bild drehen und wenden, wie er möchte, mit natürlichen Gesten, wie wir sie von Smartphones kennen. Stufenlos. Das und vieles, was im Bereich Mensch-Computer-Interaktion aktuell Thema ist, stand bei der Fachtagung Interact, die in der vergangenen Woche in Bamberg stattfand, auf der Agenda.

"Bamberg spielt hier in einer hohen Liga", erklärt Gross, Professor und Lehrstuhlinhaber für Mensch-Computer-Interaktion an der Universität Bamberg.
"Stationen der im Zwei-Jahres-Rhythmus abgehaltenen Tagung waren zuletzt Lissabon und Kapstadt, die nächste ist dann Mumbai." Städte, die ohne Frage etwas größer sind als Bamberg. Dennoch: Etwa 400 Informatiker, Designer und Psychologen aus rund 40 Nationen waren in der Domstadt zu Gast. Psychologen, weil natürlich in der Forschung auch untersucht wird, wie Mensch und Maschine am besten zusammenarbeiten können, wie die Technik auf den Menschen reagiert - und umgekehrt. Gross war federführend dabei, die Tagung nach Bamberg zu holen. Er ist für seinen Wissenschaftsbereich Repräsentant Deutschlands im Weltdachverband für Informatik (IFIP).


Vertreter von YouTube und Twitter

In zahlreichen Workshops und in den Diskussionen nach Vorträgen tauschten sich die Teilnehmer aus. Sogar Vertreter des Videoportals Youtube, das zu Google gehört, wie auch Mitarbeiter von Microsoft, Facebook, Twitter und Xing waren gekommen, um im Rahmen einer Podiumsdiskussion darüber zu sprechen, wie die Technik von morgen noch schneller, einfacher und vor allem benutzerfreundlicher werden kann. Für die Unternehmen, die sich mit Software beschäftigen, ist die Mensch-Computer-Interaktion eines der wichtigsten Themen der Zukunft.

Für Gross ist Benutzerfreundlichkeit das Stichwort. "Benutzerfehler gibt es nicht, es gibt aber die falsche Konzeption einer Software." Eigentlich müsse Software vollkommen selbsterklärend sein. Genauso, wie ein Diesel-Zapfhahn an der Tankstelle nicht in ein Auto mit Benzinmotor passen dürfe. Worauf Gross hinaus will: Wir arbeiten zwar tagtäglich mit Apps und Computerprogrammen, nutzen sie viele Stunden lang. Dabei allerdings stellen wir uns immer auf die Software ein, nicht sie sich auf uns. Viele Programme seien, sagt Gross, einfach schlecht umgesetzt. "Oft stehen bei den Anbietern die konzeptionellen Fragen nicht am Anfang, obwohl sie die Grundlage für die Entwicklung sein müssten." Die Folgen kennen wir alle: Nachbesserungen, ständige Updates. Und die machen die Sache nicht immer besser. Der Anwender ist somit Testobjekt, unter Experten würde man es "Beta-Tester" nennen.


Problem: PC-Papierkorb

Ein Beispiel hat Gross auch parat: den Papierkorb am PC. Wer eine Datei löschen möchte, bekommt die Frage gestellt, ob diese auch wirklich gelöscht werden soll. Aber selbst dann, wenn der Nutzer bejaht, ist dies eine Fehlinformation. Denn der Papierkorb ist ja ein Sicherheitsnetz, in dem alle gelöschten Dateien ohnehin gelagert würden. "Das macht die Frage eigentlich überflüssig."

Und so passiere es, dass viele Anwender immer dann, wenn eine ähnliche Frage käme, auf Ja klicken, ohne zu lesen, was der Computer genau möchte. Das sei nicht ungefährlich und führe immer wieder zu Fehleingaben.


Weg von den klassischen Menüs

Damit einher geht die Frage: Wie lässt sich Technik steuern, die nicht mehr mit klassischen Menüs daherkommt? Wie sieht es aus, wenn Maus, Tastatur und großer Bildschirm nicht mehr im Mittelpunkt stehen? Wie zum Beispiel soll bei einer Smartwatch die Rückgängig- oder Zurück-Funktion realisiert werden, wenn auf dem Display für ein Menü kein Platz ist? Die Lösung sind natürliche Interaktionsformen wie Gesten oder zum Beispiel das Drehen an einem Rädchen. Interaktionsformen, die Nutzer schon von anderen Objekten kennen und die sie daher, ohne Neues lernen zu müssen, schnell umsetzen können.

"Im Fokus steht immer ein Gedanke: Fragen, wohin die Reise gehen soll", beschreibt Gross die Arbeit eines Wissenschaftlers in seinem Forschungsbereich. Und er kommt wieder auf den Tablet-Tisch zurück: Hier war die Frage: "Wie kann man das Objekt Tisch besser machen? Ein Tisch braucht Platz, er kostet Geld, wie kann man ihn effizienter nutzen? Flexibilität ist das Stichwort."

Und warum soll der Tablet-Tisch nicht unsere Art der Zusammenarbeit revolutionieren? Die Art, wie wir in Unternehmen in Meetings sitzen und uns austauschen? "Dabei muss der Tisch erkennen, was der Anwender von ihm will", so Gross. Eine echte Herausforderung...