"Vier Minuten" entscheiden über Bambergs Zukunft

2 Min
Ein ICE rast über die Geisfelder Unterführung. Auch wenn die Zahl der Güterzüge sich einer Prognose zu Folge verdoppeln wird, so ist es doch der Zeitvorteil für den ICE, der die Trassenwahl wesentlich beeinflusst. Foto: Ronald RInklef
Ein ICE rast über die Geisfelder Unterführung. Auch wenn die Zahl der Güterzüge sich einer Prognose zu Folge verdoppeln wird, so ist es doch der Zeitvorteil für den ICE, der die Trassenwahl wesentlich beeinflusst.   Foto: Ronald RInklef
Klaus-Dieter Josel und Andreas Starke (r.) sehen diie Grundlage als ausreichend an, um nun zu Entscheidungen beim Bahnausbau in Bamberg zu kommen. Foto: Matthias Hoch
Klaus-Dieter Josel und Andreas Starke (r.) sehen diie Grundlage als ausreichend an, um nun zu Entscheidungen beim Bahnausbau in Bamberg zu kommen.  Foto: Matthias Hoch
 
 
 

Erstmals hat sich die Bahn in der Frage der Trassenwahl festgelegt: Sie sieht das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis beim Ausbau im Bestand. Tunnelbau und Ostumfahrung scheiden demnach aus. Und das nicht nur wegen der Kosten und ökologischen Nachteile.

Dateiname : 
Dateigröße123 : 
Datum : 
Download : jetzt herunterladen
Am Ende sind es vier Minuten, die entscheiden. Oder drei. Über die Zukunft einer tausendjährigen Stadt und über eine Investition von schätzungsweise 600 Millionen Euro. Aber für Klaus-Dieter Josel, den Bevollmächtigen der Deutschen Bahn, ist es nunmal die Zeit, die zählt - im Wettbewerb mit boomenden Fernbuslinien und in Konkurrenz zu Billigfliegern.

Das Rechenexempel wurde am Dienstag im Saal der Harmonie aufgemacht: Käme es beim Bahnausbau in Bamberg zum Tunnel oder zur so genannten Ostumfahrung durch den Wald, dann würden Schnellzüge wie der ICE wegen der komplizierteren Gleistopologie vier bzw. drei Minuten gegenüber einem ICE verlieren, der auf der Bestandsstrecke unterwegs wäre.

Glaubt man Josel, dann könnte eine solche Verzögerung sogar den für Bambergs so wichtigen ICE-Halt ausbremsen. Denn zwischen Erfurt und Nürnberg bleiben im Spinnennetz der Fernverbindungen nur fünf Minuten für die Halte in Bamberg und in Erlangen. "Wenn da vier Minuten fehlen, könnte das wackeln", sagt Josel.
Bei den Befürwortern einer untertunnelten Ostumfahrung nur für Güterzüge hört sich die Interpretation des Dienstags natürlich ganz anders an. Robert Bartsch von der Initiative Bahnsinn bezweifelt die Schlussfolgerungen der Bahn und will weiter für "neutrale Informationen" kämpfen. "Wir haben heute nur Subjektives gehört. Auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen, wäre grob fahrlässig."

Trotzdem: In der Geschichte der Bamberger ICE-Debatte könnte die jüngste Sitzung des Koordinierungskreises als jener Moment eingehen, an dem die Bahn erstmals die Katze aus dem Sack gelassen hat, auch wenn das niemanden besonders überrascht: Sie will den Bahnausbau im Bestand, sie lehnt die Ostumfahrung und den Tunnelbau ab.

Aber sie hat wichtige Gründe dafür. Auf einen Blick abzulesen ist das an jenem Schaubild, das die Bahn nach dem Vorbild der Stadt nun ihrerseits vorgelegt hat. Die "Bahn-Matrix” zeigt beim Ausbau im Bestand einmal die Farbe grün, beim Tunnelbau zwei Mal die Farbe rot, während bei der Ostumfahrung neutrale Farben dominieren. In Prosa übersetzt heißt das: Die Untertunnelung ist nicht nur deutlich teurer als der Ausbau im Bestand (in der Sitzung kursierte für letzteren die Zahl von 600 Millionen Euro). Sie ist auch vom Ausbau her die langwierigste; acht Jahre soll es dauern. Sie verbessert zudem weder Bestandsinfrastruktur, noch befreit sie Bamberg von lauten Güterzügen. "Es gibt das Recht auf freie Trassenwahl", sagte Josel.


138 Güterzüge im Bahnhof

Nur wenig besser sieht es für die Ostumfahrung aus. Diese Trasse, allerdings ohne die von den Kritikern geforderte Westanbindung, wäre etwas günstiger zu bauen und würde die geringsten Belastungen beim Bau bedeuten, hätte aber massive Nachteile. Nicht alle Güterzüge könnten die Ostumfahrung benutzen, im Gegenteil: 138 Güterzüge würden täglich den Bahnhof frequentieren. Außerdem ist auch der "verkehrliche Nutzen" kleiner als im Bestand - die bekannten vier Minuten...

Wie immer man dazu stehen mochte, die meisten Mitglieder im Koordinierungskreis waren offenbar beeindruckt. Von einer guten Entscheidungsgrundlage sprach OB Andreas Starke (SPD). Nun stehe fest, dass der neue Bundesverkehrswegeplan den Bahnausbau in Bamberg nicht verzögern werde. Auch sei klar, dass Schienenstegdämpfer und besonders überwachte Gleise ab 2015 zugelassen seien.


Wände drei Meter hoch

Was heißt das für Bamberg? Laut Bahn ist damit sicher, dass die Lärmschutzwände drei Meter nicht überschreiten. Dem Stadtrat legte Starke eine Vorentscheidung nahe: "Aus meiner Sicht ist die Ostumfahrung kein Allheilmittel, um die für Bamberg beste Lösung zu finden."

Ob dem OB eine Mehrheit folgen wird? Wie einig sind sich CSU und SPD? Zumindest Dieter Volk, Sprecher der Naturschutzverbände, zweifelt, dass die Trasse durch den Osten schon vom Tisch ist, trotz der aus seiner Sicht deutlichen Informationen. Klar: Volk will die Trasse im Osten nicht.

Andere schon. Die Grünen zum Beispiel, oder auch die Gärtner im Stadtrat gehören zu jenen, die nach wie vor Klärungsbedarf für eine getunnelte Güterzugumfahrung sehen.

Für die Masse der Bamberger, die vor einem Jahrzehnt der Baustellen stehen, bleibt die bange Frage, wann es eigentlich losgehen soll, mit einem Vorhaben, das mindestens 600 Millionen Euro kostet kostet und gaze vier Minuten Zeitvorsprung bringt. Antwort von Klaus-Dieter Josel: "Wenn es gut läuft, könnte der Spatenstich 2020 erfolgen."