Der Künstler Klaus Dauven hinterlässt am 11. Mai seine Kärcher-Spuren in Bamberg.
Zum Welterbe-Jubiläum bekommt die Untere Brücke ein Graffiti. Tatsächlich? Nicht ganz. Der Verein Franz Kafka hat Klaus Dauven engagiert, den Erfinder des "reverse graffiti". Dauven wird am Freitag mit Hochdruck-Reinigern ein Bild in die Schmutzpatina der Brücke malen. Seine Kunst entsteht durch Abtragen. Und wird über die kommenden Jahre langsam verblassen und wieder verschwinden. Vom 2. bis 10. Juni werden Werke Dauvens außerdem im Kesselhaus am Unteren Leinritt zu sehen sein. Ein gespräch mit dem Künstler.
Herr Dauven, wie vertraut sind Sie bereits mit Ihrer Leinwand, der Unteren Brücke?Klaus Dauven: Erstaunlicherweise habe ich einen recht engen Bezug zu Bamberg, weil mein Bruder und mein Sohn da studiert haben. Der Punkt an der Unteren Brücke ist, dass sie eigentlich relativ unauffällig ist. Das kommt mir jetzt entgegen, weil ich darauf meine Kunst machen kann.
Sie gelten als Erfinder des sogenannten reverse graffiti. Ist es richtig, das so zu sagen oder gab es zumindest Vorbilder?Ich hatte keine Vorbilder. Es hat sich herausgestellt - aber erst viel später -, dass wohl mehrere Leute zur gleichen Zeit an dieser Idee gearbeitet haben. Ich glaube, der erste war ich nicht, das würde ich auch nicht behaupten. Bei mir hat sich das aus Arbeitspapier und Kohle ergeben. Ich hatte Kohlezeichnungen auf großen Papierbahnen gemacht. Gerade die eine entscheidende war total misslungen, also habe ich sie ausgewischt und wollte sie wegschmeißen. Um den Staub wegzusaugen, damit der nicht durchs Zimmer fliegt, habe ich den Staubsauger geholt. Der hat dann auf dem Papier Spuren hinterlassen und das hat mich auf die Idee gebracht. Das war 1997.
Ich habe gemerkt: Das könnte eine interessante Sache sein und habe dann erst mal Staubsaugerzeichnungen gemacht. Beim Rumfahren mit dem Auto bin ich dann darauf aufmerksam geworden, dass an Brücken und Betonpfeilern eine ähnliche Patina ist. Zuerst habe ich es mit Drahtbürsten versucht, der Hochdruckreiniger kam erst später dazu.
Was muss so eine Brücke mitbringen, damit sie sich für diese Kunst eignet? Kann die Untere Brücke theoretisch auch zu sauber sein?
Es ist so, dass ich mittlerweile einen Künstlerblick für diese dunklen Flächen habe. Es kommen immer wieder Leute zu mir: Kannst du das nicht bei uns mal machen? Oft ist dann tatsächlich das Problem, dass die Flächen zu sauber sind. Die Untere Brücke eignet sich hervorragend, die Nordseite ist fast wie mit schwarzer Farbe bemalt. Da müsste ein deutlicher Kontrast-Effekt zwischen sauber und noch-verschmutzt auftreten.
Wie muss man sich die tatsächliche Arbeit, die da am 11. Mai stattfindet, vorstellen?Es wird ein Kärcher-Techniker kommen, der für die Maschinen zuständig ist. Und es wird ein Industriekletterer kommen. Und wahrscheinlich so ablaufen, dass ein Bulli oder Transit mit einem Aufbau dahinkommt und von diesem Aufbau kann man sich dann abseilen, um von außen an die Brücke ranzukommen. Der Kärcher-Techniker und ich sind auch Industriekletterer, wir dürfen uns da auch dranhängen. Die Arbeit geht dann ausschließlich über Schablonen, die ich gerade vorbereite.
Wollen Sie schon das Motiv verraten?Es werden Gesichter von jungen Menschen, Frauen und Männer, sein, die repräsentativ für Menschen allgemein stehen. Close-ups, wo man nur Augen sehen kann, aber drei Meter breit bis zu Portraits als Brustbild. Die Wand ist natürlich ein unmögliches Format, weil das sind, ich glaube, 55 Meter auf beiden Seiten, und fünf Meter hoch. So ein extremes Querformat kann man eigentlich gar nicht bearbeiten. Also habe ich mir ein Konzept überlegt, dass es so Ballungen gibt von insgesamt 21 Portraits, die ich auf beiden Seiten auf der ganzen Breite verteilen werde.
Wir sind gespannt, wie es aussehen wird.Ja. Ich auch (lacht). Das weiß man ja nie so genau. Ich freue mich auch total darauf, es ist für mich eine Ehre, etwas in Bamberg zu machen, vor allem an dieser schönen Stelle. Die ist wirklich außergewöhnlich. Und es passt auch ganz gut da hin: Etwas Modernes an diese Brücke, die eigentlich unauffällig geplant ist, aber jetzt ein bisschen in den Fokus rückt. Die Arbeit wird aber auch so sein, dass man auch vorbeigehen kann, ohne sie zu sehen. Meine Arbeit hat immer auch so etwas Subversives.
Das Gespräch führte
Andreas Thamm.