Nach fünf Jahren Leerstand wird nun Hallstadts im Jahr 2002 saniertes Rathaus erneut saniert. Optisch wird sich nicht viel ändern, die Neuerungen gelten vor allem dem Brandschutz. Spätestens 2017 soll die Verwaltung zurückkehren.
Guter Rat ist bei diesem Haus wirklich teuer. Denn im Hallstadter Rathaus arbeiten seit vielen Jahren wohl deutlich mehr Gutachter als Verwaltungs-Experten. Die schuften seit 2010 gegenüber im Bürgerhaus und in sehr beengten Verhältnissen. Der Grund: Das im Jahr 2002 für über 4 Millionen Euro generalsanierte Gebäude muss erneut saniert werden. Aufgrund einer Schadstoffbelastung infolge von Wasserschäden nach der Sanierung ist das historische Gebäude so nicht mehr nutzbar. Auf 1,6 Millionen Euro ist die neuerliche Sanierung geschätzt, spätestens im Frühjahr 2017 soll die Verwaltung zurückkehren.
Seit fünf Jahren ist die Verwaltung ins Bürgerhaus ausgelagert. Nur kurz nach der grundlegenden Generalsanierung, deren über zweijährige Bauphase 2002 abgeschlossen war, gab es Beschwerden wegen Geruchs- und gesundheitlicher Beschwerden. Es folgte eine Zeit von Gutachtern und Gutachten. 2010 zog die Verwaltung schließlich aus und ins benachbarte Bürgerhaus (mit etwa nur der Hälfte der Rathausfläche von circa 550 Quadratmetern).
Der Wasserschaden hatte die Belastung durch das Holzschutzmittel verstärkt. Sollte das Rathaus wieder ein solches werden, mit erneuter kompletter Entkernung oder mithilfe anderweitiger Sanierung? Viele Fragen galt es zu klären, neuerliche Gutachten standen an. Besonderer Knackpunkt: der Brandschutz und dabei auch der fehlende zweite Fluchtweg. Auf den hatte man schon bei der Sanierung 2002 verzichtet. Dagegen verschärften sich nach der Sanierung die Brandschutzvorschriften noch einmal.
Aufzug Fehlanzeige
In seinen Entscheidungen sprach sich der Stadtrat für eine Nutzung des denkmalgeschützten Hauses als Rathaus aus, gegen eine erneute Entkernung und gegen einen Aufzug, weil Letzteres weitere Raumeinbußen zur Folge hätte.
Einziger Fluchtweg ist und bleibt somit das Treppenhaus. Um die aktuellen Vorgaben zu erfüllen, müssen insbesondere Decken und Böden völlig modifiziert werden. Ein aufwendiger Prozess. Die Schadstoffproblematik soll ein innovatives Lüftungssystem lösen, das zugleich mit eine reine Klimaanlage kooperiert. Ständig werden Schadstoffe abgesaugt und abgeführt. An Neuerungen sind lediglich ein Lift zum Behinderten-WC im Keller und Erleichterungen für Hör- und Sehbehinderte vorgesehen.
Für den gemeinen Hallstadter freilich wird das Gebäude nach der neuerlichen Sanierung genauso aussehen, wie es nach der ersten Sanierung der Fall war. Denn ein Großteil der veranschlagten 1,6 Millionen Euro fließt eben nicht in äußerlich erkennbare Brandschutz- und Sicherheitsmaßnahmen. "Man sieht praktisch nichts", fasst Bürgermeister Thomas Söder (CSU) zusammen.
Nachdem der Stadtrat in seiner Sitzung nun das O.K. für die erneute Sanierung gegeben hat, wird umgehend mit der Baustelleneinrichtung begonnen. Ziel ist es, dass die Verwaltung mit ihren derzeit 27 Beschäftigten spätestens im Frühjahr 2017 ins Rathaus zurückkehrte. Noch lieber wäre es dem Bürgermeister aber, wenn er bereits Weihnachten 2016 hier feiern könnte. Ansonsten soll die anstehende Rathaus-Sanierung "die letzte in absehbarer Zeit, die letzte in den nächsten 30 Jahren sein".
Nicht ohne Kommentare
Bevor der Stadtrat sein finales O.K. zur erneuten Sanierung gab, wurde das Vorhaben noch kommentiert. Zweiter Bürgermeister Ludwig Wolf (Bürgerblock) fand, die Rathaus-Sanierung sei "insgesamt dumm gelaufen", und dankte dem Personal, das nun doch schon einige Jahre unter erschwerten Bedingungen arbeiten müsse. Claudia Büttel (BB) meinte zu den anstehenden Kosten, "es läppert sich zusammen", sie kritisierte zudem, dass die jüngste Mehrkostenliste nicht eher vorgelegt worden war. Veit Popp (CSU) erklärte, "es wird Zeit, dass das vor sich hin gammelnde Rathaus wieder mit Leben erfüllt wird". Harald Wicht (SPD) zeigte sich zwar froh, "dass es endlich eine Lösung gibt". Er kritisierte zugleich, dass nicht alle Räume behindertengerecht zu erreichen sind. Für eine heitere Note sorgte am Ende Heiko Nitsches wohl nicht ernst gemeinte Frage, ob sich mit der Verbesserung des Raumklimas durch die neue Lüftungsanlage zugleich auch das Betriebsklima verbessere. Bei einer Gegenstimme schickte das Gremium die "Sanierung nach der Sanierung", so Joachim Karl (CSU), auf den Weg.
Zum Thema Betriebsklima fragten wir nach: Kämmerer Markus Pflaum (39) arbeitet seit über 18 Jahren in der Stadtverwaltung - "ständiges Bauen, Planen und Arbeiten in Provisorien, das ist ein Wahnsinn". Die letzten fast sechs Jahre im beengten Bürgerhaus seien für die Belegschaft besonders schwierig gewesen. Nun, mit den Aussichten auf die Rückkehr ins historische Rathaus, gebe es "Licht am Horizont", das sei wichtig für die Mitarbeiter.
DIE CHRONOLOGIEEntstehung: Das Rathaus wurde 1580 vollendet.
Nutzung: Nach der Zerstörung im 30-jährigen Krieg wurde es 1650 erstmals restauriert, im Laufe der Zeit war es u.a. Schule, Lehrerwohnung und Flüchtlingsquartier, 1951 kehrte die Kanzlei zurück.
Sanierung: 1995 lagen die Anfänge für eine Sanierung im Architektenwettbewerb, nach vier Planungsjahren erfolgte eine über zweijährige Arbeitsphase, Sanierungskosten: über 4 Millionen Euro. 2002 kehrte die ins Micbelin-Rathaus ausgelagerte Verwaltung zurück, Von Anfang an gab es Klagenr über Geruchsbelästigungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen, 2003 wurde ein Raumluftgutachten in Auftrag gegeben, 2009 ein neues Gutachten veranlasst. 2010 zog die Verwaltung ins Bürgerhaus.
KOMMENTARGerade mal 275 000 Euro von der Versicherung gibt's für die Schäden am sanierten Rathaus. So muss die Stadt rund 1,3 Millionen für die neuerliche Sanierung schultern.
Zusammen mit den gut vier Millionen der letzten Sanierung 2002 liegt man dann bei einer Summe von - mindestens - 5,5 Millionen Euro. Für das Geld hätte die Stadt wohl leicht ein hochmodernes Rathaus mit zwei Fluchtwegen und behindertengerechten Zugängen in allen Bereichen bekommen.Viel Geld hätte man gespart, wenn das Bürgerhaus, wie ursprünglich geplant, hätte Rathaus werden dürfen. Aber da kamen politische Befindlichkeiten ins Spiel.
Bleibt zu hoffen, dass zumindest der Kostenrahmen eingehalten und das Rathaus für einige Jahrzehnte kein Sanierungsfall mehr wird.