Beim Lebensmittelkauf gilt "Geiz ist geil" und gleichzeitig wird Essbares bedenkenlos in den Mülleimer geworfen. Können Verbraucher da guten Gewissens Dank für die Ernte sagen?
Dank sagen heißt, sich über etwas zu freuen oder etwas anzuerkennen. Aus eigenem Antrieb und aus eigener Überzeugung. Alles andere ist kein Dank, sondern nur eine Anmerkung.
Um einmal im Jahr als Verbraucher anzumerken, dass die Versorgung mit dem, was satt macht, in unserem Land zu unserer Zufriedenheit geregelt ist, braucht's keinen Erntedank. Diese Tatsache hinnehmen und abhaken kann man an jedem beliebigen Tag. An jedem Tag, an dem im Zwei-Personen-Haushalt vier gleichzeitig angebrochene Packungen Wurst im Kühlschrank lagern und von vornherein klar ist, dass man ihren Inhalt sowieso nicht ganz aufessen wird.
An jedem Tag, an dem das Pausenbrot wieder in der Schultasche liegenbleibt - in der beruhigenden Auffassung, dass man es ja nicht weggeworfen hat (sondern die Mama das für einen erledigt).
Solange Millionen Euro für "Aufklärungs"-Kampagnen ausgegeben werden, in denen auf die Selbstverständlichkeit hingewiesen wird, dass mit Lebensmitteln achtsam umzugehen ist, sollte man das Danken für die Ernte denen überlassen, die Grund dazu haben: den Landwirten.
Verbraucher sollten etwas anderes tun: denken. Überdenken, ob Erntedank mehr ist als ein Fest, das der Bauernverband immer so schön mit großem Umzug feiert, oder ein Termin im Kirchenjahr, bei dem man nicht abseits stehen will. Überdenken, ob sie das, was andere ernten, so schätzen, dass sie dafür echten Dank sagen können.
Immer mehr Menschen denken nach. Das Bewusstsein dafür, was Lebensmittel wert sind, wächst. Aber dazu tragen nicht von der Bundesregierung finanzierte Broschüren bei, in denen erklärt wird, was das Mindesthaltbarkeitsdatum ist, sondern daran haben die Landwirte großen Anteil.
Ohne Millionenbudget im Rücken informieren sie, was hinter ihrer Arbeit steckt und was die Verbraucher von ihnen erwarten können. Sie ernten. Stellvertretend für alle. Deshalb sollen sie auch danken. Und die Verbraucher mit ihnen. Aus eigenem Antrieb und aus eigener Überzeugung.