Über 100 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel

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Der Blick auf die Firma Stettler (rechts, grauer Bau) von Mittelsteinach aus Foto: Barbara Herbst
Der Blick auf die Firma Stettler (rechts, grauer Bau) von Mittelsteinach aus Foto: Barbara Herbst

Die im Burgwindheimer Gemeindeteil Untersteinach ansässige Firma Stettler will erweitern. Dafür müssen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan geändert werden. Einige Bürger bemängeln den Informationsfluss und haben eine Bürgerinitiative gegründet. Verzögerungen im Verfahren gefährden allerdings das Unternehmen.

Prächtige Wiesen und Äcker, umrahmt von üppigen Wäldern auf den Hängen oberhalb des Tales, durch das sich das Steinachsbächlein malerisch schlängelt. Hier liegt der 113-Seelen-Ort Untersteinach. Eigentlich ein Idyll. Doch im Ort geht's rund. Der Grund: die Erweiterungspläne der ortsansässigen Kunststofffirma Stettler, größter Arbeitgeber in der Gemeinde Burgwindheim und größter Gewerbesteuerzahler. Das Dilemma: 19 Unterzeichner einer Unterschriftenliste haben augenscheinlich Vorbehalte, Fragen, Bedenken und Einwände. Darüber wollen sie sprechen, mit der Gemeinde, aber auch mit der Firma. Ein solches Gespräch, wie es sich die Unterzeichner, die sich zur Bürgerinitiative formierten, wünschen, hat bislang nicht stattgefunden.
Es rumort im Burgwindheimer Gemeindeteil Untersteinach.
Da sind diejenigen, die sich um die Konsequenzen einer Erweiterung (mehr Verkehr, mehr Lärm, Naturschutz) sorgen, und diejenigen, die den Verlust von Arbeitsplätzen befürchten. Denn: Der Protest und aus den Einwendungen resultierende aufwendige (weitere) Gutachten dauern, was nicht nur die Firmenerweiterung stoppen, sondern auch eine komplette Verlagerung der Firma nach sich ziehen könnte, wie Geschäftsführer Klaus Romeis andeutet.
Seit 31 Jahren ist Romeis bei Stettler und in den allermeisten davon gab es zwischen der Kunststofftechnik-Firma und den Bürgern keine Probleme, betont er. Die derzeitigen führt er in der Hauptsache auf Probleme mit einem einzelnen Nachbarn zurück, auf die er nicht näher eingeht.
Von den neuen Problemen erfuhr der Geschäftsführer mehr oder weniger über "einen Zettel", der vor Wochen im Firmenbriefkasten landete.
Aus Sicht der Bürgerinitiative liegt das Problem in einem Informationsdefizit. In der Bürgerversammlung im Juli hatte man eigentlich erwartet, dass die Firmenerweiterung thematisiert würde. Wurde sie aber nicht, laut Peter Hardung, der sich eine "lückenlose Aufklärung" erwartet hatte. Weil dies aus seiner Sicht und der seiner Mitstreiter nicht der Fall war, machte man sich dafür mit der Unterschriftenliste stark und gründete wenig später die Bürgerinitiative.
Ganz anders beurteilt Bürgermeister Heinrich Thaler (CSU) die genannte Bürgerversammlung. Man habe sehr wohl "über Stettler gesprochen". Es sei ausgiebig zum Verfahren informiert worden. Allerdings bemängelte er das Interesse, die Angelegenheit in öffentlichen Gemeinderatssitzungen zu verfolgen. Nach dem Erweiterungsantrag Stettlers habe man diesen mit den Fachbehörden am Landratsamt abgeklärt, die Planung sei öffentlich ausgelegt worden, Träger öffentlicher Belange und Bürger hatten Gelegenheit, sich in der Verwaltungsgemeinschaft Ebrach und im Rathaus zu informieren.
Die Bürgerinitiative will es aber genauer, das heißt, sie will wissen, was exakt geplant ist. Und man würde gerne auch eine ganze Reihe von Ideen einbringen, wie Peter Haung, einer der drei BI-Sprecher, betont. Es gehe darum, einen für alle in die Zukunft gerichteten, tragfähigen Konsens zu finden, sagt er. Der BI gehe es um den Austausch. "Wir wollen nicht, dass die Firma zumachen muss."


Eine Horrorvision

Eine Horrorvision nicht nur für den Bürgermeister. Wie einer seiner Amtsvorgänger, Edgar Sitzmannn, der sich vor Jahrzehnten für die Stettler-Ansiedlung einsetzte, erachtet Thaler den Betrieb als "existenziell wichtig". Im Vorgehen der Bürgerinitiative sieht er eine Vermengung verschiedener Themen, wie Dorferneuerung und Straßenbau, die mit den Stettler-Plänen nichts zu tun haben. Zudem kritisiert er, dass bei einigen Aggressionen im Spiel seien.
Stettler freilich könnte auch so schon in die Bredouille kommen. Denn laut Firmenzeitplan sollte noch in diesem Jahr mit Aushub und Fundamenntlegung begonnen werden. Bis jetzt hinkt man schon etliche Wochen hinterher, so Romeis.
Bekanntlich läuft derzeit nach einer Anfrage von Stettler an den Gemeinderat der erste Verfahrensschritt zur Änderung des Flächennutzungsplans und des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Wie Romeis weiter erläutert, sei vorgesehen, sukzessive zu erweitern. Weitsichtig habe man das Maximale reingeplant, dafür wurden zusätzlich zu den bestehenden 8000 Quadratmetern noch einmal 4,5 Hektar erworben.


20 bis 30 Arbeitsplätze

Im Zuge einer ersten Erweiterung sollen etwa 20 bis 30 weitere Arbeitsplätze entstehen. Wert legt Romeis auf die Feststellung, dass Stettler Ausbildungsbetrieb ist und von den derzeit über 100 Mitarbeitern insgesamt zwölf Azubis sind.

Die Gruppe der Kritiker lasse sich für Romeis nicht greifen. Er vermutet, dass ein großer Teil der Unterzeichner der Unterschriftenliste "nicht richtig informiert war".

Weitere Klarheit zur Sachlage liefert indes der Planer, der Stadtplaner und Landschaftsarchitekt Jörg Meier. Im Auftrag der Marktgemeinde ist er mit der Änderungen des Flächennutzungsplanes befasst, namens der Firma Stettler mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan.

Von den 4,5 Hektar der von Stettler neu erworbenen Fläche sollen 1,71 Hektar von landwirtschaftlicher zu Gewerbe-Fläche werden, alle dafür nötigen naturschutzfachlichen Vorgaben (weil ein Teil der Fläche im Naturpark Steigerwald liegt) und auch Ausgleichsflächen werden auf dem Firmenareal realisiert.

Eine wichtige Rolle wird Meier an diesem Donnerstag spielen, denn dann steht eine Sondersitzung zum Thema an. In dieser werden alle "Kommentare" zum Plan-Vorentwurf besprochen. Zu sehen sein werden dann auch Ansichten des Bauvorhabens. "Da kann man sich dann was vorstellen."


Info-Termin

Bürgermeister Thaler lässt indes in Richtung Bürgerinitiative wissen, dass man versuchen werde, zusammen mit der Firma Stettler einen Bürger-Informationstermin abzuhalten, "wenn man über die konkreten Pläne sprechen kann". Denn in die müssen immer wieder die sich im Laufe des Bau bezogenen Verfahrens ergebenden Kritikpunkte oder Anregungen eingearbeitet werden.


KOMMENTAR:

Das Abwandern verhindern!

ie über 100 Arbeitsplätze im strukturschwachen Steigerwald sollten nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Die Firma Stettler ist einer der größten Arbeitgeber im westlichsten Landkreiszipfel. Dass sie hier auch noch erweitern möchte, ist geradezu ein Glücksfall. Freilich haben in einem Ort mit beinahe ebenso vielen Einwohnern wie Firmenmitarbeitern Bürger ein verständliches Interesse daran zu erfahren, was sich durch das Firmen-Vorhaben für sie ändern könnte. Im Interesse eines harmonischen Miteinanders wäre hier ein offener Umgang miteinander das Mittel der Wahl. Aber anscheinend hakt es bei der Kommunikation, Aversionen und Aggressionen spielen mit hinein.

Ein Gespräch, eine kleine Info-Veranstaltung hätte wohl für Abhilfe sorgen können. Dann hätte sich eventuell die Gründung einer eigenen Initiative erübrigt, dann wäre nicht weiter Porzellan zerschlagen, wären keine überflüssigen Fronten aufgebaut worden.

Die Gelegenheit für einen Austausch dürfte, so scheint es im Moment, noch nicht gänzlich vertan sein. Für etliche Probleme sollten sich Lösungen finden lassen, die Fragen der Bürger doch zumindest beantwortet werden.
Was aufgrund der bisherigen Kommunikationsprobleme aber auf keinen Fall riskiert werden sollte, ist ein Abwandern von Stettler. Das würde nicht nur Burgwindheim, sondern mehreren Steigerwaldorten schaden. Das hat auch der ansonsten kritische und durchaus streitbare Gemeinderat erkannt, der sich in mehreren Beschlüssen deutlich hinter Stettler stellte.

Ein Abwandern des Unternehmens hingegen dürfte einen Schaden verursachen, der sich nicht mehr allein in Euro beziffern lässt.