Junge Menschen teilen heutzutage nahezu alles miteinander - ob Autos, Bahnkarten oder Schlafplätze. Sie sparen damit Geld, doch auch der soziale Faktor spielt eine Rolle. Studenten schildern ihre Erfahrungen.
Ein eigenes Auto für die Fahrt in die Heimatstadt, ein eigenes Hotelzimmer mit standardisierter Vollverpflegung - in den Augen vieler junger Menschen handelt es sich bei diesen Gütern um netten Schnickschnack - sollte mal zu viel Geld übrig sein, eventuell. Ein Muss jedoch keinesfalls. Junge Leute tendeiren dazu, Besitztümer und Dienstleistungen nicht mehr alleinig in Anspruch zu nehmen, sondern sie mit Anderen zu teilen. Das spart Geld und fördert den Kontakt zu anderen Menschen.
Couchsurfing Nach der gerade unter Studenten längst altbewährten Wohngemeinschaft führt der Trend nun über geteilte Bahntickets und privat verliehene Autos bis hin zur Couch, die Fremden kostenlos zur Übernachtung angeboten wird. Letzterer Akt der Gastfreundschaft wurde von der Plattform
www.couchsurfing.com ins Leben gerufen.
Weltweite Gastfreundschaft Im Jahr 2004 begonnen, bieten Privatleute dort kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten für Reisende an. Mittlerweile hat sich die Plattform auf der ganzen Welt ausgebreitet. Etwa 9 Mio. Nutzer aus 120 000 Städten sind inzwischen angemeldet - Tendenz steigend. Das Durchschnittsalter der Nutzer liegt zwischen 18 und 35 Jahren, die Anmeldung erfolgt kostenlos. In ihren Profilen können Gastgeber und Reisende ihre Vorlieben angeben und entsprechende Fotos hochladen.
Viele suchen zudem das persönliche Gespräch am Telefon, bevor sie einander begegnen. So kann vorab ausgelotet werden, ob Sympathie besteht. Auch einige Bamberger Studenten probierten sich schon als Couchsurfer aus. So etwa Nikita Probst, baldige Spezialisten im Gebiet Kommunikationswissenschaften. Vor dem Studienantritt reiste die heute 21-Jährige durch Mexiko. Lateinamerika war kein Neuland für sie, in Costa Rica und Nicaragua hatte sie auf früheren Reisen Erfahrungen gesammelt. Deswegen wollte Nikita auf dieser Reise auf weniger konventionelle Art unterkommen. Ihre Tour dauerte acht Wochen. Nur in einer Handvoll Nächten zahlte sie etwas für die Unterkunft.
"Klar war es praktisch, dass ich mit dem Couchsurfen eine Menge Geld sparen konnte", erklärt Nikita. "Aber vor allem habe ich sehr interessante Menschen kennen gelernt. Mit einigen werde ich noch ewig in Kontakt bleiben und weiß, dass ich jederzeit wieder kommen kann." Begonnen in der Hauptstadt Mexico City, reiste die Studentin später an der Pazifikküste entlang gen Süden. "Besonders hat mir Puerto Escondido gefallen, da haben meine Gastgeber mich mit an den Strand genommen und mir das Surfen beigebracht."
Mehr Kontakt zu Einheimischen Danach ging es weiter auf die andere Seite des Landes, über die alten Mayatempel von Campeche bis nach Tulum. Schlechte Erfahrungen hat Nikita trotz der vielen Stationen, der vielen unterschiedlichen Menschen nie gemacht. "Es ist etwas ganz Anderes, wenn man bei Einheimischen wohnt. Man läuft nicht so leicht Gefahr, das Land als massenabgefertigter Tourist zu erleben."
Ticketsharing: von Paris nach Bamberg Von guten Erfahrungen in puncto Teilen kann auch Christoph Kraus erzählen. Der 21-jährige Lehramtstudent hat das Ticketsharing für sich entdeckt. "Dadurch wird Zugfahren viel günstiger", sagt Chirstoph. "Außerdem nutze ich jede Gelegenheit, bei der ich dem Schweine-Kapitalismus die Löffel langziehen kann", fügt er grinsend hinzu. Das Bayernticket beispielsweise kostet für eine einzelne Person 23 Euro - schon zu zweit sind es nur noch 14 Euro pro Person.
Das Ticket-Sharing ist nicht die einzige Möglichkeit, um Reisekosten einzusparen. Die 21-jährige Studentin Paola Moska etwa reiste kürzlich mit der Mitfahrgelegenheit von Paris nach Bamberg. "Es ist oft viel günstiger, als Zug zu fahren", erklärt die Pariserin. Auf Plattformen wie www.blablacar.de inserieren Autobesitzer ihre Fahrten und bieten die entsprechenden Strecken zu einem bestimmten Preis an - im Schnitt werden je 100 Kilometer etwa fünf Euro verlangt.
Wenn sie eine Zugfahrt zum gleichen Preis findet, zieht Paola diese Reisemöglichkeit dennoch vor. "Ich möchte beim Reisen manchmal lieber meine Ruhe haben", erklärt sie. "Aber meine beste Freundin reist nur noch über Mitfahrgelegenheiten. Sie knüpft wahnsinnig gern und permanent neue Kontakte. Über Seiten wie Blablacar hat sie schon viele Leute kennen gelernt." Allein auf dieser Mitfahr-Plattform sind 10 Mio. Nutzer angemeldet. Durch die Möglichkeit zur Verifizierung mit dem Personalausweis und ein Bewertungssystem mit schwarzer Liste schützt Blablacar seine Nutzer vor etwaigen Gefahren. Autobesitzer bieten über das Internet aber nicht nur Fahrten an, für die sie selbst am Steuer sitzen.
Carsharing Auch das sogenannte Carsharing erfährt immer größere Beliebtheit. Auf Seiten wie
www.autonetzer.de bieten Privatpersonen ihre Autos zum Verleih an. Momentan sind etwa eine Million Nutzer auf deutschen Carsharing-Seiten angemeldet. Laut TÜV-Prognosen wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2020 verdreifachen.
Teilen - und herrschen? Der Trend zum Teilen wird durch das mobile Internet enorm vorangetrieben. Auf Plattformen wie Blablacar oder Bahnsharing kann per Handy einfach und schnell besprochen werden, wann, wo und wie gefahren wird - auch unterwegs und selbst noch kurz vor Abfahrt. Doch so neu, wie es auf den ersten Blick scheint, ist der Trend zum Teilen gar nicht.
Tatsächlich ist das, was Städter neuerdings für sich entdeckt haben, auf dem Land schon seit Generationen Gang und Gäbe. Dort schlossen Bauern sich zu sogenannten Maschinenringen zusammen, um die hohen Kosten für Arbeitsmaschinen nicht allein tragen zu müssen.
Diesem klugen, kameradschaftlichen Beispiel folgen nun immer mehr Leute. Schließlich hat sich schon oft genug herausgestellt, dass Besitz kein Garant für Glück ist. Die kommunikativere, günstigere und Umwelt schonendere Alternative zu diesem veralteten Modell nennt sich Teilen. Und abgesehen von all den Sharing-Plattformen, die gerade aus jeder Ecke des Internets emporkommen, steht eines gewiss schon lange fest: Geteilte Freude ist doppelte Freude - eine simple Rechnung.
Neue Facebook-Gruppe zum Teilen in Franken Für alle Facebook-Nutzer haben wir eine eigene Gruppe gegründet, in der alle Menschen, die gerne teilen, ihre Erfahrungen austauschen können und natürlich weitere Tipps und Sharingangebote oder andere Sharing-Gruppen auf Facebook veröffentlichen können.
Die Gruppe Teilen in Franken finden Sie hier:
http://on.fb.me/1IMYerv