Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb forderte am Dienstag, ein Video des Angeklagten zu zeigen. Darin spielt unter anderem ein "Analstöpsel" eine Rolle.
Dass ein Verhandlungstag direkt mit einem Antrag beginnt, ist im sogenannten Chefarzt-Prozess nach fast einem Jahr Verfahrensdauer keine Besonderheit mehr. Allerdings: Für gewöhnlich ergreift die Verteidigung von Heinz W. die Initiative. Doch am Dienstag trug Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb seine Forderung vor: Er stellte Beweisantrag auf "Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung vom Juni 2014, die der Angeklagte von sich zu Hause angefertigt hat".
Wie Lieb ausführte, zeige das Video das "anale Einführen eines Buttplug" (zu deutsch "Analstöpsel). Außerdem sei zu sehen, dass der Angeklagte anschließend "Manipulationen in seinem Geschlechtsbereich" vorgenommen hätte. Lieb sieht in der Aufnahme eindeutig eine "sexuelle Motivation". Die "audiovisuellen Eindrücke" könnten nach Ansicht des Oberstaatsanwalts durch das Abspielen des Videos verdeutlicht werden. Lieb schenkte der offenbar nicht öffentlich ausgesprochenen Argumentation des Gefäßchirurgen keinen Glauben: Demnach habe sich dieser als verantwortungsbewusster Mediziner versichern wollen, dass Buttplugs keinen Schmerz verursachen. Dabei sei es zu einer unbeabsichtigten Erregung gekommen, gab Lieb die Äußerungen wieder, die der Angeklagte anscheinend von sich gegeben hatte.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 50-jährigen Mediziner sexuell motivierte Straftaten in 13 Fällen vor. Bei zwei Frauen soll er Buttplugs vaginal und anal eingeführt haben - nach eigener Aussage, um neue Untersuchungsmethoden zu testen.
Oberstaatsanwalt Lieb betont in Bezug auf W.s Privataufnahme: "Es führt kein Weg dran vorbei, das Video in voller Länge anzuschauen."
Chefarzt-Verteidiger Klaus Bernsmann sieht das anders: Eine Vorführung verletze einen Kernbereich, die Privatsphäre des Angeklagten und dessen Würde. Bernsmann schickte hinterher: "Dieser Antrag wird dem Verfassungsgericht sehr viel weiter helfen..."
Antrag der Verteidigung
Und dann kam doch noch ein weiterer Antrag der Verteidigung, als Ergänzung zu einem vorhergehenden. Dieser bezieht sich auf die Aussage eines chirurgischen Sachverständigen. "Wenn ein schwereres Delikt ansteht als die angeklagten, ist die Hauptverhandlung auszusetzen", so Bernsmann. Er spielte wohl auf eine in nicht öffentlicher Sitzung gefallene Aussage des Gutachters an.
Doch vorerst geht es weiter. So sagte gestern unter anderem ein Oberarzt der Inneren Medizin/Gastroenterologie aus, der am Klinikum am Bruderwald beschäftigt ist. Der Fachmann beschreibt das Arbeiten mit Kontrastmittel-Ultraschall als sein "täglich Brot". Er erklärte vor dem Bamberger Landgericht, wie eine solche Untersuchung genau abläuft und dass währenddessen immer eine zweite Person mit anwesend sei.
Auch habe er regelmäßig mit "Midazolam" zu tun, welches ein gängiges Medikament zur Sedierung sei. "Das Gros der Patienten möchte von der Untersuchung nichts mitbekommen", merkte der Fachmann an, der sich besonders mit Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und verbundener Organe wie der Leber beschäftigt.
In jedem Fall müsse bei Patienten, die Midazolam erhalten haben, die Sauerstoffzufuhr und der Blutdruck überwacht werden. Und: Ein so behandelter Patient dürfe "am Straßenverkehr 24 Stunden nicht teilnehmen".
Die Anklage wirft Heinz W. vor, dass er zehn Patientinnen einen Kontrastmittel-Ultraschall angekündigt haben, ihnen tatsächlich jedoch Midazolam gespritzt haben soll - um sie in einen willenlosen Zustand zu versetzen.
Der Prozess geht am Mittwoch (23.03.16) um 9 Uhr weiter.
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im Zuge einer wissenschaftlichen Studie, als höchst verantwortungsvoller Chefarzt ausprobieren möchte, ob ein rektal eingeführter Analstöpsel Schmerzen bereitet ist das absolut anerkennenswert. Weshalb man dabei aber masturbieren muss und das ganze Spektakel auch noch filmisch festhält, wird wohl auch Herr W. nicht erklären können. Es ist schon verrückt, was für irrsinnige Geschichten sich Richter anhören müssen. Wenn hier keine sexuelle Motivation vorliegt, können Kühe ab sofort auch fliegen!
Der Angeklagte kommt aus der Rolle des hingebungsvollen Agitators, ganz im Dienste der Wissenschaft, nicht mehr raus.
Demnächst Verhandlungstag Nummer 100 in der zweiten Instanz, dann Nummer 200 in der dritten. Die Verteidigung hat Ihr Lebenswerk gefunden. Und der Spott wird immer grösser. Leid kann einem die Familie tun.
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an die Chefarztverteidiger:
Das Sprichwort "Geld stinkt nicht" hat hier seine Gültigkeit.