Sitzungsgelder: Operiert die Stadt Bamberg mit falschen Zahlen?

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Die Folgekosten der neuen Sitzungsgelder wurden offenbar falsch eingeschätzt. Foto: Ronald Rinklef
Die Folgekosten der neuen Sitzungsgelder wurden offenbar falsch eingeschätzt.  Foto: Ronald Rinklef

Die Erhöhung der Stadtratsbezüge verbunden mit den Überlegungen der CSU, die Stelle des Sozialreferenten zu streichen, führt zu Protesten bei Bamberger Sozialverbänden. Der Familienbeirat setzt sich dafür ein, das Sozialreferat zu stärken statt zu schwächen.

Die Stadt Bamberg operiert bei der Berechnung der Folgekosten der Anfang Mai erhöhten Sitzungsgelder möglicherweise mit falschen Zahlen. Das behaupten zumindest die Bamberger Grünen. Die dem Sitzungsvortrag der Stadtverwaltung zu entnehmenden 15.000 Euro Mehrkosten für die 50-prozentige Anhebung der Sitzungsgelder sind demnach "deutlich zu niedrig angesetzt".

"Die Zahl sei laut GAL-Stadtrat Peter Gack auf die Schnelle und auf Basis des Rumpfjahres 2014 errechnet worden und spiegele nicht einmal die Hälfte der tatsächlich zu erwartendenden Folgekosten wider. Die Grünen kommen nach einer Berechnung, die alle Sitzungen eines Jahres berücksichtigt, auf jährliche Mehrkosten in Höhe von 35.000 bis 37.000 Euro alleine für die neuen Sitzungsgelder. Das Salär des neuen Dritten Bürgermeisters von 21500 Euro kommt da noch obendrauf. Die Stadt konnte die Zahlen der Grünen weder bestätigen noch widerlegen, betonte aber, dass es sich hier nur um eine Hochrechnung für 2014 handele. "Möglicherweise stellt sich die Situation 2015 wieder anders dar", sagte Ulrike Siebenhaar.

Grafik: Kein vierfacher Satz

Für Verwirrung hat offenbar die Zahl von 44 Stadträten in unserer am Mittwoch veröffentlichten Grafik zu den neuen Sitzungsgeldern gesorgt. Wer als Fraktionsvorsitzender den dreifachen Satz der Aufwandsentschädigung von 1344 Euro kassiert, kann nicht zusätzlich noch den normalen Satz von 448 Euro erhalten. Dasselbe gilt für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, die den doppelten Satz, derzeit 896 Euro, erhalten. Nur der neue Dritte Bürgermeister, Wolfgang Metzner, erhält nach den bisherigen Planungen den vierfachen Satz von 1792 Euro.

Die Sitzungsgelder, 30 oder 50 Euro, kommen zu den jeweiligen Aufwandsentschädigungen ebenso noch hinzu wie die Vergütungen für die Arbeit in Gremien privatwirtschaftlicher oder anderer Beteiligungen der Stadt. Es wird geschätzt, dass die best verdienenden Stadträte unterm Strich im Monat auf 2000 Euro kommen. Allerdings gibt es laut Gemeindeordnung eine Obergrenze von 6400 Euro, oberhalb der das Geld aus Aufsichtsräten und anderen Gremien wieder an die Gemeinde abgeführt werden muss. Dies gilt allerdings nicht für die Aufwandsentschädigungen und für die gewöhnlichen Sitzungsgelder.

Noch offen ist, ob es auch in Zukunft in Bamberg einen Sozialreferenten geben wird. Helmut Müller (CSU) verwahrte sich gegen den Eindruck, dass der Verzicht auf einen Sozialreferenten mit Einschnitten im sozialen Netz der Stadt gleichzusetzen sei. Offenbar besteht jedoch in Teilen der Öffentlichkeit genau diese Befürchtung, wie sogar Müller bestätigte.

Aufgeschreckt reagierten auf die Äußerungen der CSU die Bamberger Grünen, die eine Schwächung der sozialen Belange in der Stadt nicht ausschließen, wenn es dazu käme, dass die zahlreichen sozialen Einrichtungen in Bamberg keinen Ansprechpartner an der Spitze der Verwaltung mehr haben.

Peter Gack könnte sich grundsätzlich zwar vorstellen, selbst Sozialreferent zu werden - allerdings nur, wenn eine solche Rolle mit inhaltlichen Absprachen verknüpft wäre. "Einfach nur, damit man uns aus der Oppositionsrolle holen kann, wird es keinen grünen Sozialreferenten geben", sagte Gack.

Auf die Veröffentlichung reagierte der Familienbeirat der Stadt Bamberg mit einem offenen Brief. Der Familienbeirat setzt sich dafür ein, das Sozialreferat zu stärken, nicht es zu schwächen.

Das Ergebnis unserer nicht repräsentativen Umfrage zum Thema Sitzungsgelder und Einsparungen im Sozialreferat spiegelt ein klares Meinungsbild wider. 69 Prozent halten es für das falsche Signal, wenn der Stadtrast sich selbst mehr Geld gönnt und gleichzeitig den Rotstift im Sozial-Etat anzusetzt und fordern die CSU auf, sich ihrer sozialen Verantwortung zu besinnen. 21 Prozent vertreten die Meinung, dass man auch den Mut aufbringen müsse, unbequeme Entscheidungen zu fällen, wenn man bei den Personalkosten sparen wolle.



Der offene Brief des Familienbeirats und der Familienbeauftragten der Stadt:

"Dem Fränkischen Tag vom 21.5.2014 entnehmen wir, dass es in einzelnen Fraktionen Überlegungen gibt, die Stelle des Sozialreferenten komplett zu streichen.

Der Familienbeirat und die Familienbeauftragte halten das für das völlig falsche Signal, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass gerade für den Kultur- und Schulbereich ein eigener Referent installiert wurde und dass auch alle anderen wichtigen Bereiche der Verwaltung durch die starke Stimme eines eigenen Referenten vertreten werden.

Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass insbesondere der Sozialbereich offensiver gehandhabt werden sollte. Dieser Bereich, zu dem auch die Familienpolitik, Senioren- und Jugendhilfebereich gehören, ist unserer Ansicht nach ein heterogener und anforderungsreicher Bereich, der im Übrigen auch vielfältige Verknüpfungen insb. zum Schul- und Kulturbereich, zum Gesundheitssektor (Sozialstiftung) sowie zum Immobilienmanagement aufweist. Dieser Sektor ist für die Bevölkerung von großer Relevanz. Er kostet zwar Geld; aber wir sind davon überzeugt, dass bei einer problembezogenen und strategischen Gestaltung dieser Bereich mittelfristig Sozialrenditen erbringt.

Aber auch wir sind der Meinung, dass die bisherige Referatskonstruktion mit Sozial-, Umwelt- und Ordnungsbereich zu viele wichtige Verantwortungsbereiche und Arbeitsvollzüge umfasst und daher die Gestaltungsfunktion im Sozialbereich durch geeignete Maßnahmen unbedingt erhöht, statt geschwächt werden sollte. Nachdem die Schaffung eines weiteren Referats aus finanziellen Erwägungen eher unwahrscheinlich erscheint, regen wir aber an, einen eigenständigen Abteilungsbereich für Familie und Jugend innerhalb des Sozialreferates zu schaffen.

Mit familienfreundlichen Grüßen

Dr. Franz Merdian
Vorsitzender Familienbeirat”